Hamburg. Fingerdick liegt der Schmutz auf dem kunstvollen Altar in St. Petri und Pauli. Um den zu entfernen, braucht es Fingerspitzengefühl.

Baustellenatmosphäre im Gotteshaus: Der Altar in der Bergedorfer Kirche St. Petri und Pauli ist derzeit von einem Gerüst verhüllt. Der Grund sind dringend notwendige Maßnahmen zur Erhaltung des Kunstwerks. Ausgerüstet mit einem Arsenal verschieden großer Pinsel und viel Fachwissen befreien die Restauratorinnen Martina Schrei und Maja Rinck seit Dienstag, 17. Oktober, den Altar vom Staub, der das Kunstwerk zuletzt fingerdick bedeckte.

Pinsel in verschiedenen Größen kommen zum Einsatz, um den Staub vorsichtig vom Altar zu befreien.
Pinsel in verschiedenen Größen kommen zum Einsatz, um den Staub vorsichtig vom Altar zu befreien. © Julian Willuhn | Julian Willuhn

Die Aktion ist mehr als eine bloße Reinigungsmaßnahme. „Der Staub sammelt sich in den Ritzen und zieht Luftfeuchtigkeit an“, sagt Charlotte Klack-Eitzen, Kunsthistorikerin und Restauratorin, die ehrenamtlich für die Gemeinde tätig ist. Ein Milieu in dem Schimmelsporen prächtig gedeihen können. Vor allem weil der beim Bau des Altars verwendete Leim aus tierischen Knochen gekocht wurde und für Mikroorganismen jeder Art ein gefundenes Fressen darstellt. Sich ausbreitender Schimmel könnte den Altar beschädigen.

Um den Altar von Staub zu befreien müssen Expertinnen ran

„Wir lösen den Staub mit einem Pinsel und saugen ihn direkt ab“, erklärt Restauratorin Rinck. Bevor es ans Reinemachen geht, müssen die Expertinnen den jeweiligen Abschnitt vorher unter die Lupe nehmen. Entdecken sie Stellen, an denen sich die Farbe vom Holz löst, muss dieser Schaden erst behoben werden, damit die historische Bemalung nicht abbröckelt und im Staubsauger verschwindet. Die Restauratorinnen kleben die abgelöste sogenannte „Farbscholle“ mit Methylzellulose behutsam wieder fest. Am Ende erfolgt die Feinarbeit mit einem Mikrofasertuch.

Im Laufe der Jahre hat sich eine dicke Staubschicht angesammelt - ein Nährboden für Schimmelsporen.
Im Laufe der Jahre hat sich eine dicke Staubschicht angesammelt - ein Nährboden für Schimmelsporen. © Julian Willuhn | Julian Willuhn

Fünf Tage sind die beiden Restauratorinnen mit ihrer Arbeit beschäftigt. Die Kosten betragen 7140 Euro. Zusätzlich zur Reinigung wird der Altar systematisch auf seinen Zustand untersucht, die Ergebnisse schriftlich und in Fotos festgehalten. Die Dokumentation ist wichtig, denn die Kirchengemeinde steht vor einer weiteren Herausforderung.

Klimaschutz: Kirche heizt weniger

„Wir wollen bis 2030 ernsthaft versuchen, klimaneutral zu werden“, betont Pastor Andreas Baldenius. Bereits im vergangenen Winter hatte die Gemeinde begonnen, weniger zu heizen. „Wir versuchen jetzt, die meiste Zeit eine Temperatur von zehn Grad zu halten. In der Adventszeit, wenn wir viele Veranstaltungen haben, gehen wir auf 16 Grad hoch“, so der Pastor. Doch Veränderungen an der Temperatur müssen behutsam erfolgen. Durch zu starke Schwankungen könnte das Holz des Altars, aber auch die Orgel oder die vielen Bilder im Kircheninneren Schaden nehmen.

Mehr zum Thema

„Früher wurde gar nicht geheizt, das war auch besser für die Kirche“, sagt Klack-Eitzen. In diesem Fall verändere sich die Temperatur im Gebäude langsam im Wechsel der Jahreszeiten. Doch damit die Besucher des Gottesdienstes im Winter nicht zu sehr bibbern müssen, geht die Gemeinde heute Kompromisse ein. Um die neue Strategie zu bewerten, werden Daten wie die Luftfeuchtigkeit im Raum stetig gemessen. Wenn in zirka fünf Jahren der Altar erneut entstaubt wird, können eventuelle Schäden mit der aktuellen Dokumentation der Restauratorinnen verglichen werden. Das vorläufige Fazit ist positiv. „Alles ist in einem sehr guten Zustand“, sagt Rinck.

Die Restauratorinnen Maja Rinck (v. l.), Charlotte Klack-Eitzen, Martina Schrei und Pastor Andreas Baldenius freuen sich über den guten Zustand des Altars.
Die Restauratorinnen Maja Rinck (v. l.), Charlotte Klack-Eitzen, Martina Schrei und Pastor Andreas Baldenius freuen sich über den guten Zustand des Altars. © Julian Willuhn | Julian Willuhn

Der Altar der Kirche St. Petri und Pauli wurde zuletzt 2016 restauriert, als die ganze Kirche auf Vordermann gebracht wurde. Das Kunstwerk stammt aus dem Jahr 1667. Damals stiftete der gebürtige Bergedorfer Joachim Petersen den Altar und außerdem 10.000 Lübische Mark, deren Zinsen an die Bedürftigen von Bergedorf gespendet werden sollten. Doch der in London lebende Petersen starb vorher und sein Bruder Klaus gab den Altar im Auftrag – nicht ohne sich und seine Frau in der gemalten Kreuzigungsszene als Zuschauer verewigen zu lassen.