Bergedorf. Bis zum Beginn der Bauarbeiten für Bergedorfs Neue Mitte passierten tagtäglich mehr etwa 10 000 Kfz den Weidenbaumsweg zwischen B 5 und Alter Holstenstraße. Zudem waren auf dem alten ZOB wie auch zwischen den Bussen dort und den Bahnsteigen gut 30 000 Fußgänger unterwegs.

Die Idee, den künftigen Weidenbaumsweg über einen neu gestalteten Bahnhofsvorplatz zu führen, dort eine Fahrbahn nur anzudeuten und überdies keine Fußgängerbrücken zu planen, hatte seinerzeit Kritiker auf den Plan gerufen. Sie warnten vor einem Verkehrschaos. Im CCB können sich jetzt Bürger über weiterführende Überlegungen informieren: Zwischen künftigem Bahnhofsvorplatz und der Alten Holstenstraße soll Bergedorf erster Shared Space entstehen, soll jegliche Trennung zwischen motorisiertem und nicht motorisierten Verkehr entfallen.

In jedem der sieben Hamburger Bezirke soll eine solche Gemeinschaftsstraße nach niederländischem Vorbild entstehen. Nachdem sich Hamburgs schwarz-grüner Senat auf dieses Projekt verständigt hatte, stimmte auch die CDU-Bezirksfraktion dem Vorstoß zu, knapp 200 Meter Weidenbaumsweg als Bergedorfer Projekt anzumelden.

Im CCB präsentiert die GAL ein Modell, das eine Ahnung bietet, wie eine Gemeinschaftsstraße funktionieren kann. Die Bordsteine sind verschwunden, mit ihnen auch Parkplätze, Verkehrszeichen und Ampeln. Fußgänger, Radler und Autofahrer nutzen den gesamten Verkehrsraum zwischen den Häusern entlang des Weidenbaumswegs gemeinsam. Als einzige Regeln bleiben die zur gegenseitigen Rücksichtnahme und Rechts vor Links.

"Das Modell soll zeigen, wie viel Platz alle gewinnen, wenn die Grenzen verschwinden, etwa das Gedrängel auf viel zu schmalen Gehwegen entfällt", sagt Annette Vollmer, Stadtplanungsexpertin der Bergedorfer GAL. Der geplante Wegfall von 13 Parkplätzen sei zu verschmerzen. "Derzeit sind die meist von Dauerparkern blockiert", der Shared Space werde dagegen Raum bieten, kurz zu halten. "Verunsicherung, was ist hier erlaubt, was verboten, wird Dauerparker ebenso fernhalten wie sozialer Druck auf sie", meint Vollmer. Ansonsten bleibe nur, über das Aufstellen von Bänken und Ähnlichem steuernd einzugreifen: Parkverbotsschilder sind entlang der Gemeinschaftsstraße ebenso wenig gewünscht wie andere.

"Wir haben Erfahrungen aus anderen Städten, in denen Gemeinschaftsstraßen existieren, auf Bergedorf heruntergebrochen", erläutert Hubertus Mertens die Herangehensweise. Im niedersächsischen Bohmte (13 600 Einwohner) funktioniere ein Shared Space auf einer Bundesstraße. Der Architekt hat das Modell für den Weidenbaumsweg zwischen Bahnhofsvorplatz und Alter Holstenstraße gebaut, dabei den Kreuzungsbereich mit der Ernst-Mantius-Straße berücksichtigt: Anstelle von Verkehrsampeln soll hier künftig ein Kreisel Konflikte vermeiden helfen.

"Wir denken an einen überfahrbaren Kreisel, sodass Lkw und Busse ihn passieren können, Pkw sollen außen herum fahren", erläutert GAL-Verkehrsexperte Norbert Fleige. Angst vor vielen Anliegerbeschwerden, weil Autofahrer mit hohem Tempo übers Kreiselpflaster donnern, hat Fleige nicht, die Zahl der Anwohner ist gering.

Er setzt eher auf Verkehrsberuhigung: "Das soll wie in Freiburg funktionieren, da wirkt ein solcher Shared Space wie eine Fußgängerzone, in der auch Autos fahren." Ob ein solcher Eindruck auch mit vielen Tausend Autos am Tag erreicht wird, bleibt abzuwarten.