Hamburg. Täter erschoss auch sieben Monate altes Kind im Mutterleib. Amoklauf bei Zeugen Jehovas begann nach Gottesdienst.

Es ist das blutigste Verbrechen der vergangenen Jahrzehnte in Hamburg und eine unfassbare Tragödie: Im Königreichssaal der Zeugen Jehovas an der Deelböge sind am Donnerstagabend mehrere Menschen durch Schüsse getötet und weitere schwer verletzt worden. Bei dem mutmaßlichen Schützen, Philipp F. (35), handelt es sich um ein ehemaliges Mitglied der Gemeinde. Nach dem Blutbad richtete er sich selbst mit einem Bauchschuss.

>> Aktuelle Entwicklungen zum Amoklauf in Hamburg finden Sie hier <<

Die Hintergründe der Tat und das Motiv sind noch unklar. Die Polizei geht von einem Amoklauf aus. Politiker aus ganz Deutschland reagierten mit Trauer und Bestürzung auf das Verbrechen. Derweil werden immer mehr Details zum Ablauf der Tat bekannt.

Die aktuellen Entwicklungen von Freitag, dem 10. März, lesen Sie hier im Blog:

Faeser will Entwurf zum Waffenrecht noch einmal auf Lücken prüfen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will nach der Amoktat von Hamburg den Entwurf zur Änderung des Waffengesetzes noch einmal prüfen. Man müsse sicherlich noch mal „an das Gesetz gehen und schauen“, ob es noch Lücken gebe, sagte sie am Freitag den ARD-„Tagesthemen“.

Im Waffengesetz solle beim Antrag auf eine Waffenbesitzkarte künftig überprüft werden, „ob jemand psychologisch geeignet ist“. Dazu brauche man mit den Gesundheitsbehörden eine Überprüfung, so Faeser. „Wir wollen vor allen Dingen eine bessere Vernetzung zwischen den Behörden.“ Das sei zum Beispiel bei einem Wohnortwechsel wichtig.

Bei der ersten Erteilung einer solchen Karte solle es ein ärztliches Attest geben. Alle Sportschützen in Deutschland ohne Hinweise regelmäßig zu untersuchen, wäre aus Faesers Sicht aber sehr schwierig. „Es sollte natürlich in Maßnahmen auch verhältnismäßig sein.“ Die furchtbare Tat in Hamburg zeige aber, wie notwendig Änderungen im Waffengesetz seien.

Tschentscher spricht von "größter Trauer und Entsetzen"

Nach der Amoktat mit Toten und Verletzten in einem Gebäude der Zeugen Jehovas hat Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) von „größter Trauer und Entsetzen“ gesprochen. Gemeinsam mit der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und Innensenator Andy Grote besuchte er am Freitagabend den Tatort und legte einen Kranz nieder. Sie verweilten still in einer Schweigeminute. „Persönlich, im Namen des Senats, im Namen der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, spreche ich den Angehörigen der Opfer unser tiefes Mitgefühl und unser Beileid aus“, sagte Tschentscher anschließend.

Auch Fegebank sprach den Angehörigen und Freunden der Opfer ihr Beileid aus. „Wir sind jetzt in Gedanken mit Ihnen, der Schock sitzt tief.“ Tschentscher und Fegebank dankten den Einsatzkräften für ihren schnellen und professionellen Einsatz. Sie hätten noch viel Schlimmeres verhindert, sagte Fegebank. Es sei selten, dass es der Polizei gelinge, den Täter während einer Amoktat zu stoppen, sagte Tschentscher. Die Behörden arbeiten nach seinen Angaben weiter mit Hochdruck an der Aufklärung der Hintergründe der Tat.

„Grauenvoll“: Faeser besucht Gebäude der Zeugen Jehovas nach Amoklauf

Nach der Amoktat in einem Gebäude der Zeugen Jehovas hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Tatort besucht und die besonderen Verdienste der Einsatzkräfte hervorgehoben. Am Freitagnachmittag traf sie im Norden der Hansestadt an dem Gebäude ein, in dem am Vorabend der 35 Jahre alte Täter Philipp F. sieben Menschen und sich selbst erschossen hat. „Es ist kaum in Worte zu fassen, was hier Furchtbares passiert ist“, sagte Faeser und bezeichnete die Tat als „grauenvoll“.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser besucht zusammen mit Hamburgs Innensenator Andy Grote den Tatort des Amoklaufs in Hamburg.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser besucht zusammen mit Hamburgs Innensenator Andy Grote den Tatort des Amoklaufs in Hamburg. © Funke Foto Services | Michael Rauhe

Die Ministerin sprach den Opfern sowie Angehörigen ihr Mitgefühl aus, dankte den Polizisten und Rettungskräften für ihren Einsatz und bezeichnete die Arbeit als „großartige Leistung der Hamburger Polizei“. Insbesondere lobte sie die für extreme Lagen geschulten USE-Einsatzkräfte, die zufällig in der Nähe des Geschehens waren und deshalb schnell eingreifen konnten.

Bereits zuvor hieß es aus ihrem Ministerium, dass die Ermittlungsbehörden mit Hochdruck an der Aufklärung des genauen Tathergangs arbeiteten.

Faeser und Grote wirkten sichtlich betroffen.
Faeser und Grote wirkten sichtlich betroffen. © Funke Foto Services | Michael Rauhe

Bei den Schüssen am Donnerstagabend hat es neben den Todesopfern auch acht Verletzte gegeben, vier von ihnen schwer. Den öffentlichen Gottesdienst am Abend hatten nach Angaben eines Vertreters der Zeugen Jehovas fast 40 Menschen besucht.

Amoklauf: Philipp F. war Sportschütze im Hanseatic Gun Club

Der Amokläufer von Alsterdorf Philipp F. war Sportschütze im noblen Hanseatic Gun Club in der Hamburger Innenstadt: Die Tatwaffe, eine P30 des Herstellers Heckler & Koch, war seit Dezember 2022 auf ihn registriert. Philipp F. trug bei der schrecklichen Tat im Königsreichssaal der Zeugen Jehovas eine große Menge Munition bei sich, sowohl bei ihm selbst als auch in einer Tasche vor dem Gebäude wurden diverse Magazine und Schachteln mit Patronen gefunden.

So erfuhr Tschentscher vom Amoklauf bei den Zeugen Jehovas

Um 21.04 Uhr gingen die ersten Notrufe noch während des Amoklaufs bei Polizei und Feuerwehr ein. Eine halbe Stunde später schickte der Lagedienst der Polizei Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) eine sogenannte “Erstinformation” über die schrecklichen Ereignisse an der Deelböge in Alsterdorf.

Tschentscher las die Nachricht an seinem Urlaubsort in den österreichischen Alpen. Laufend wurde der Bürgermeister in den folgenden Stunden über die Pressestellen der Polizei und des Senats über die jeweilige Lage und den Stand der Ermittlungen informiert. Sehr schnell meldete sich auch Innensenator Andy Grote (SPD) telefonisch bei Tschentscher.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher erfuhr in den Alpen von dem Amoklauf bei den Zeugen Jehovas.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher erfuhr in den Alpen von dem Amoklauf bei den Zeugen Jehovas. © Marcus Brandt/dpa/Archivbild

Um 23.31 Uhr setzte ein Mitarbeiter der Senatskanzlei einen Tweet ab, in dem Tschentscher seine Bestürzung über die Ereignisse und seine Anteilnahme ausdrückte. Wie immer hatte er die Sätze zuvor selbst formuliert. In der Nacht traf der Bürgermeister die Entscheidung, seinen Urlaub abzubrechen und nach Hamburg zurückzukehren.

Nach der üblichen “Morgenlage”, in dem er auf den aktuellen Stand gebracht wurde, ging es um die Frage, wie die Rückreise am schnellsten zu bewerkstelligen war. Es stellte sich heraus, dass es nur einen Flug nach Hamburg gab – um 16 Uhr. Er flog von Innsbruck aus nach Hamburg zurück.

Das bedeutete, dass sich Tschentscher nicht gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Tatort in Alsterdorf ein Bild von der Lage machen können würde, deren Besuch in Hamburg für 16.30 Uhr vorgesehen und nicht verschiebbar war.

Tschentscher ließ sich direkt, so war es vorgesehen, vom Flughafen nach Alsterdorf fahren, und wollte um 18.30 Uhr gemeinsam mit Grote und der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) der Opfer vor der Kirche der Zeugen Jehovas gedenken.

Wie Zeugen Jehovas im Krankenhaus behandelt werden

Sieben Zeugen Jehovas und sich selbst tötete Philipp F. bei seinem Amoklauf im Königreichssaaal der Glaubensgemeinschaft an der Deelböge in Hamburg. Acht weitere Menschen wurden teilweise schwer verletzt und werden in Krankenhäusern behandelt.

Doch die Ärzte könnte das vor ein Dilemma stellen: Denn Zeugen Jehovas lehnen Bluttransfusionen prinzipiell ab, was für ihre medizinische Behandlung kritisch sein kann. Mehr zum Vorgehen der Asklepios-Kliniken in solch einem Fall lesen Sie hier.

Zeugen Jehovas: Amoklauf begann nach Gottesdienst

Der Amoklauf in einem Versammlungsgebäude der Zeugen Jehovas an der Deelböge in Hamburg begann nach Angaben eines Sprechers der Glaubensgemeinschaft nach dem regulären Gottesdienst am Donnerstag. Dieser habe um 19 Uhr angefangen und sei digital übertragen worden.

Der Tatort an der Deelböge am Tag nach dem Amoklauf, für den Philipp F. verantwortlich gemacht wird.
Der Tatort an der Deelböge am Tag nach dem Amoklauf, für den Philipp F. verantwortlich gemacht wird. © HA | Michael Rauhe

36 Menschen seien vor Ort gewesen, weitere 25 hätten sich digital zugeschaltet, sagte Michael Tsifidaris, Sprecher der Zeugen Jehovas in Norddeutschland, am Freitag. Um 20.45 Uhr sei die Veranstaltung beendet worden, vermutlich auch der Live-Stream. „Man befand sich in den Gesprächen nach dem Gottesdienst.“ Dann habe der Anschlag begonnen.

Satan, Engel, Gott: die kruden Thesen des Philipp F.

Der Mann, der im Verdacht steht, für den Amoklauf in Alsterdorf verantwortlich gewesen zu sein, hat offenbar ein Buch über „Gott und den Teufel“ geschrieben. Darin soll das „Geheimnis des 1000-Jährigen Reiches Christi“ gelüftet werden, der Autor will damit aufräumen, so heißt es, dass Gott, Jesus Christus und der Teufel nur abstrakte Wesen seien. Sie seien in Wahrheit mächtige Wesen, die wie Menschen handeln würden, manchmal auch impulsiv und aus ihren Gefühlen heraus. Das Buch wird als Standardwerk und Pflichtlektüre für quasi alle und jeden angepriesen.

Augenzeuge filmt Amoktat mit dem Smartphone

Während der Amoktat hat ein Hamburger Augenzeuge Aufnahmen mit seiner Smartphonekamera gemacht. Er habe laute Schüsse gehört und sei dann ans Fenster gegangen, sagte der junge Mann. Er habe beobachten können, wie von einem Mann auf ein Fenster im Gebäude der Zeugen Jehovas geschossen worden sei. Er selbst habe zunächst gar nicht realisiert, was passiert sei.

Augenzeuge filmt Schusswaffenangriff mit acht Toten in Hamburg

weitere Videos

    Wo Opfer des Amoklaufs in Hamburg Hilfe bekommen

    Die Opfer des schrecklichen Amoklaufs und ihre Angehörigen können sich für eine weiterführende Betreuung an den Hamburgischen Opferbeauftragten Arne Dornquast und sein Team wenden. Dieses sei laut Mitteilung der Sozialbehörde ab sofort unter der Rufnummer 0800-000-7558 oder per E-Mail über opferbeauftragter@soziales.hamburg.de erreichbar.

    Dornquast hat in dieser Funktion die Aufgabe, den Opfern von Terror- und Großschadensereignissen und deren Angehörigen unterstützend zur Seite zu stehen. "Das Hilfeangebot richtet sich dabei ausdrücklich nicht nur an Betroffene, die eine körperliche Verletzung erfahren haben, sondern auch an Menschen mit seelischen Hilfebedarfen", betont die Sozialbehörde. Er berate insbesondere zu psychologischen und finanziellen Hilfen und vermittele bei Bedarf in entsprechende HHilfsangebote in der Stadt.

    Zeuginnen und Zeugen, die sachdienliche Hinweise zu den Ereignissen in Alsterdorf machen können, wenden sich bitte telefonisch an das Hinweistelefon der Polizei Hamburg unter der Rufnummer: 040 4286-56789 oder jede andere Polizeidienststelle

    Weitere Informationen stehen im Internet unter www.hamburg.de/opferbeauftragter zur Verfügung.

    Polizei informiert über Täter und Opfer des Amoklaufs

    In einer Pressekonferenz haben Staatsanwaltschaft, Polizei und der Hamburger Innensenator Andy Grote über die tödlichen Schüsse in der Kirche der Zeugen Jehovas informiert.

    „Es ist eine grauenvolle Tat – und es ist eine grausame Tat“, sagte Grote. „Eine Amoktat dieser Dimension gab es bislang bei uns nicht. Es ist das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unserer Stadt“, so Grote weiter.

    Zahlreiche Medienvertreter versammelten sich zur Pressekonferenz im Polizeipräsidium in Winterhude.
    Zahlreiche Medienvertreter versammelten sich zur Pressekonferenz im Polizeipräsidium in Winterhude. © Marcelo Hernandez/ Funke Foto Services

    Die ersten Notrufe waren laut Grote am Donnerstagabend gegen 21.04 Uhr bei der Polizei eingegangen. Spezialkräfte der Einheit USE verschafften sich schon wenige Minuten später Zugang zum Gebäude und hätten durch ihr schnelles Eingreifen ein noch größeres Blutbad verhindern können. Die Einheit war durch reinen Zufall in der unmittelbaren Nähe und wollte gerade Feierabend machen.

    Der Tatort an der Deelböge am Tag nach dem Amoklauf, für den Philipp F. verantwortlich gemacht wird.
    Der Tatort an der Deelböge am Tag nach dem Amoklauf, für den Philipp F. verantwortlich gemacht wird. © HA | Michael Rauhe

    Der Täter sei nach Eintreffen der Einsatzkräfte in das erste Obergeschoss geflüchtet und habe sich später dort selbst getötet, sagte der Innensenator. „Unter den Toten in der Kirche der Zeugen Jehovas befindet sich auch ein ungeborenes Kind, im Alter von sieben Monaten, das im Mutterleib getroffen wurde“, so der Innensenator sichtbar betroffen.

    Wie der Leiter der Schutzpolizei, Matthias Tresp, weiter ausführte, verschafften sich die Mitglieder der Spezialeinheit gewaltsam Zugang zum Gebäude. "Polizeibeamte konnten taktisch weitere Räume des Gebäudes betreten. Sie sahen erste Menschen am Boden liegend und eine Person in den ersten Stock laufen“, so Tresp. Diese Person habe eine Schusswaffe getragen.

    Bevor der Täter von der Nordseite aus das Gebäude betreten konnte, schoss er zehnmal auf das Auto einer Frau. Anschließend feuerte er von außen auf eine Fensterscheibe und verschaffte sich dann Zutritt zum Gemeindesaal, in dem eine Veranstaltung mit 50 Gästen stattfand.

    „Bei den Todesopfern handelt es sich um vier Männer und zwei Frauen im Alter von 33 bis 60 Jahren, sowie einen weiblichen Fötus im Alter von sieben Monaten“, sagte Thomas Radszuweit, Leiter des Staatsschutzes. Alle Todesopfer sind deutsche Staatsbürger und starben durch Schusseinwirkung.

    Sechs Frauen und zwei Männer im Alter zwischen 23 und 46 Jahren wurden darüber hinaus verletzt. „Sechs von ihnen sind deutsche Staatsbürger, je eine Frau ist ugandischer und eine ukrainischer Staatsangehörigkeit“, sagte Radszuweit.

    Philipp F. trat aus Winterhuder Gemeinde der Zeugen Jehovas aus

    Zum Täter Philipp F. (35) ist laut Radszuweit bislang folgendes bekannt: "Es handelt sich um ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas, welches die Gemeinde vor etwa eineinhalb Jahren freiwillig, aber offenbar nicht im Guten verlassen hat." Er sei offenbar ledig gewesen und habe seit 2014 in Hamburg gelebt und gearbeitet.

    Michael Tsifidaris, Sprecher der Zeugen Jehovas Deutschland, bestätigte im Laufe der Pressekonferenz, dass Philipp F. den Austritt aus der Gemeinde erklärt habe. Das sei eine persönliche Entschdeidung. Wie sich das auf die persönliche Beziehung von Gemeindemitgliedern und Freunden auswirke, sei auch eine persönliche Entscheidung, die jeder mit sich selbst und im Umgang miteinander treffen müsse.

    „Unserem Wissensstand nach ist dieser mutmaßliche Täter, nach Rücksprache mit Gemeindevertretern der Ortsgemeinde Winterhude definitiv niemand, der ausgeschlossen wurde, sondern der sich aus welchen Gründen auch immer zurückgezogen hat und aus der Gemeinde ausgetreten ist.“

    Michael Tsifidaris äußerte sich über Tat und Täter Philipp F. : Dieser tötete im Gebäude der Zeugen Jehovas an der Deelböge sieben Menschen und anschließend sich selbst.
    Michael Tsifidaris äußerte sich über Tat und Täter Philipp F. : Dieser tötete im Gebäude der Zeugen Jehovas an der Deelböge sieben Menschen und anschließend sich selbst. © Marcelo Hernandez

    Philipp F. verfügte über eine waffenrechtliche Erlaubnis als Sportschütze und war daher im legalen Besitz einer Waffe des Typs Heckler und Koch P30. Diese wurde als Tatwaffe identifiziert. Neben der Waffe hatte er 20 gefüllte Magazine in einem Rucksack dabei. Zwei weitere führte er am Mann. Insgesamt soll der Täter neun Magazine mit jeweils 15 Schuss abgefeuert haben.

    Amoktat bei Zeugen Jehovas: Philipp F. war womöglich psychisch krank

    Obwohl der Täter über die Erlaubnis zum Tragen der Waffe verfügte, erreichte die Behörden im Januar 2023 ein anonymer Hinweis, mit der Aufforderung, das Verhalten und die waffenrechtlichen Vorschriften im Bezug auf Philipp F. zu überprüfen, so Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Er könnte an einer psychischen Erkrankung leiden – ohne, dass diese ärztlich diagnostiziert sei, hieß es darin. Philipp F. hege eine besondere Wut auf religiöse Anhänger, besonders gegenüber den Zeugen Jehovas und seinem ehemaligen Arbeitgeber.

    Am 7. Februar kam es zu einer unangekündigten Kontrolle der Waffenbehörde in der Altonaer Wohnung von Philipp F. Dabei soll sich der 35-Jährige kooperativ gezeigt haben. Beanstandungen gab es nicht – bis auf die Tatsache, dass ein Projektil nicht im für die Waffe vorgesehenen Tresor lag. Der spätere Täter erhielt eine mündliche Verwarnung.

    Was genau den Amoktäter zu den Schüssen in der Kirche animierte, dazu gibt es bislang nur Mutmaßungen. Verwandt ist Philipp F. nicht mit den Opfern. Es habe in den Polizeiakten keinen Hinweis darauf gegeben, dass sich die Gemeinde durch Philipp F. bedroht gefühlt habe, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer.

    Mutmaßlicher Täter Philipp F. (35) soll sich selbst gerichtet haben

    Nach Abendblatt-Informationen hat sich der 35 Jahre alte Schütze Philipp F. nach seiner Bluttat in der Kirche der Zeugen Jehovas selbst gerichtet. Er soll sich unter den Toten befunden haben, die Beamte in dem Gebäude an der Deelböge entdeckten.

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    Als Extremist war der mutmaßliche Schütze nicht bekannt. Dass sein Name dennoch in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden auftauchte, hat dem Vernehmen nach auch keinen kriminellen Hintergrund, sondern damit zu tun, dass er eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt haben soll. Dafür ist immer auch eine Abfrage der Zuverlässigkeit nötig, bei der Bezüge zu Straftaten und Extremismus geprüft werden.

    Nach bisherigen Informationen war Philipp F. früher Mitglied bei den Zeugen Jehovas, hatte die Gemeinschaft aber verlassen oder war aus ihr ausgeschlossen worden.

    Das schnelle Eingreifen von Spezialkräften der Unterstützungseinheit USE hat vermutlich verhindert, dass noch mehr Menschen in der Kirche gestorben sind. Der mutmaßliche Täter soll wild um sich geschossen haben, bevor ihn die Polizei stoppen konnte. Auf dem Video eines Anwohners ist zu sehen, dass eine schwarz gekleidete Person durch eine kaputte Scheibe mehrfach von außen in das Gebäude schießt und schließlich in das Haus einsteigt und darin weiterschießt.

    Macron und Steinmeier tief betroffen von Bluttat in Hamburg

    Nach den tödlichen Schüssen in Hamburg bei den Zeugen Jehovas hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Betroffenheit geäußert. „Schreckliche Nachrichten aus Hamburg. Ich richte das Beileid Frankreichs an die Angehörigen der Opfer und an alle unsere deutschen Freunde. Unsere Gedanken sind bei ihnen“, schrieb der Staatschef am Freitag auf Twitter.

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    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach den Opfern ebenfalls seine „tiefe Anteilnahme an diesem Tag des Schmerzes“ aus. Er habe mit großem Entsetzen die Nachricht aus Hamburg erhalten, erklärte Steinmeier am Freitagmorgen in Berlin. Seine Gedanken seien bei den Toten und ihren Familien.

    Der Bundespräsident sagte weiter: „Ich bin sicher, viele Menschen in Deutschland empfinden in diesen Stunden aufrichtiges Mitgefühl.“ Er wünschte den Verletzten baldige Genesung und dankte den Einsatzkräften vor Ort.

    Polizei richtet Telefon für Betroffene ein

    Die Polizei hat auf ein Telefon für Angehörige und Betroffene der Bluttat hingewiesen. Die telefonische Anlaufstelle sei unter den Nummern +49 40 4286-24393, -24386 und -24323 erreichbar.

    Diese Nummern sollen nicht für Hinweise genutzt werden. Dafür hat die Polizei ein Hinweisportal eingerichtet, das der Webseite https://hh.hinweisportal.de/ erreichbar ist. Dort können Fotos und Videos zur Tat oder relevanten Ereignissen in diesem Zusammenhang hochgeladen werden.

    Acht Tote – war ein Opfer schwanger?

    Durch die tödlichen Schüsse bei den Zeugen Jehovas sind nach Polizeiangaben acht Menschen getötet worden. Darunter sei auch der mutmaßliche Schütze, teilte die Polizei mit. Ein ungeborenes Kind starb nach Abendblatt-Informationen wohl noch im Leib seiner Mutter. Die schwangere Frau soll von einem Bauchschuss getroffen worden sein.

    Ermittler arbeiten vor einem Gebäude der Zeugen Jehovas.
    Ermittler arbeiten vor einem Gebäude der Zeugen Jehovas. © picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt

    Bei dem Täter soll es sich um einen Deutschen handeln. Er war selbst Zeuge Jehovas, wurde aber vor etwa eineinhalb Jahren aus der Gemeinde ausgeschlossen. Bei seiner Tat hatte der Mann eine Pistole und mehrere Magazine dabei. Ein Magazin soll er komplett entleert haben während der Tat. Laut "Spiegel" war er zwischen 30 und 40 Jahren alt.

    Bundeskanzler Scholz spricht von „brutaler Gewalttat“

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die tödlichen Schüsse in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg als brutale Gewalttat bezeichnet. „Schlimme Nachrichten aus #Hamburg. Mehrere Mitglieder einer Jehova-Gemeinde sind gestern Abend einer brutalen Gewalttat zum Opfer gefallen“, postete er am Freitagmorgen über den Regierungsaccount auf Twitter. „Meine Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen. Und bei den Sicherheitskräften, die einen schweren Einsatz hinter sich haben.“

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    Trauer und Bestürzung bei Nancy Faeser

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich „erschüttert“ über die Tat in Hamburg. „Meine Gedanken sind in dieser schweren Stunde bei den Opfern und ihren Angehörigen, bei den Gemeindemitgliedern und auch bei den Einsatzkräften“, sagte Faeser.

    Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zeigte sich ebenfalls bestürzt. „Die Meldungen aus Alsterdorf / Groß Borstel sind erschütternd“, schrieb Tschentscher bei Twitter. „Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl.“

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    Ermittler sichern Spuren am Tatort

    Nach den tödlichen Schüssen hat die Polizei ihre Ermittlungen am am Tatort fortgesetzt. „Im Moment laufen hier die Übergaben. Das ist alles im Fluss“, sagte ein Polizeisprecher dazu am Freitagmorgen in Hamburg. Details zu den Toten und Verletzten und zum Tathergang konnte er zunächst nicht nennen.

    Am frühen Freitagmorgen sicherte die Polizei vor, hinter und in dem dreigeschossigen Gebäude weiter Spuren.
    Am frühen Freitagmorgen sicherte die Polizei vor, hinter und in dem dreigeschossigen Gebäude weiter Spuren. © Jonas Walzberg/dpa

    Am frühen Morgen sicherte die Polizei vor, hinter und in den dreigeschossigen Gebäude weiter Spuren. Im Gebäude maßen die Ermittler den Tatort mit einem 3D-Scanner aus. Der Eingang war dabei mit einem Sichtschutz abgedeckt. Die weiträumigen Absperrungen waren am Morgen zunächst abgebaut und die Straße wieder freigegeben worden.

    Polizei Hamburg richtet Hinweisportal ein

    Die Polizei hat nach den tödlichen Schüssen in Hamburg ein Hinweisportal eingerichtet. Auf der Webseite https://hh.hinweisportal.de/ können „Fotos und Videos zur Tat oder relevanten Ereignissen in diesem Zusammenhang hochgeladen werden“, teilte die Polizei Hamburg am frühen Freitagmorgen auf Twitter mit.

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    Während der Veranstaltung am Donnerstagabend waren mehrere Menschen durch Schüsse getötet oder verletzt worden. Medienberichten zufolge starben sechs oder sieben Menschen, mindestens acht weitere seien verletzt worden. Der Täter ist möglicherweise tot, seine Tat stuft die Hamburger Polizei nach Informationen aus Sicherheitskreisen als Amoklauf ein.

    Innensenator Grote kündigt Pressekonferenz an

    Am Freitagmittag sollen auf einer Pressekonferenz Details zu der Tat und zum Stand der Ermittlungen bekanntgegeben werden. Dies kündigte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am frühen Freitagmorgen an. Zugleich dankte der SPD-Politiker den Einsatzkräften. „Mein ausdrücklicher Dank geht an die Polizei Hamburg, die sehr schnell vor Ort war und die diese extrem herausfordernde Lage hochprofessionell und umsichtig bewältigt hat“, sagte Grote. Ebenso danke er der Feuerwehr für deren schnellen und beherzten Einsatz.

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