Hamburg. Hinunter in den Keller schafft man es bestimmt noch gut zu Fuß. Ob aber der Rückweg die Stufen hoch später reibungslos klappt? Ein Besuch in einem Irish Pub ist schließlich nahezu zwingend mit dem Genuss diverser Alkoholika verbunden. Und besonders, wenn es sich um so ein gemütliches Gewölbe wie im Irish Pub in the Fleetenkieker handelt.
Unter dem Alten Rathaus am Nikolaifleet befindet sich dieses Lokal, das sich der Gastlichkeit von der Grünen Insel verschrieben hat. Vor dem Eingang weht die irische Fahne, unten an der Treppe schmückt ein Mosaik mit Hamburger Wappen den Boden. Und im Gewölbe hängt ein Kaffeesack mit der Aufschrift „Fleetenkieker von 1765“. Fleetenkieker war ab dem 16. Jahrhundert die amtliche Bezeichnung für die Männer, die im Auftrag der Hamburger Ratsherren für die Schiffbarkeit und Reinhaltung der Fleete zu sorgen hatten.
Spiegel, alte Fotos, eine irische Fahne an den Wänden
Schummrig ist das Licht im fensterlosen Gewölbe mit seinen bis zu 100 Plätzen. Holztische und -bänke sowie Hocker sind die Einrichtung. An der langen Theke stehen genügend Barhocker. Spiegel, alte Fotos, eine irische Fahne schmücken die Wände. Und natürlich findet sich auch das eine oder andere dreiblättrige Kleeblatt (Shamrock), das inoffizielle Nationalsymbol Irlands.
Seit 2012 gibt es den Irish Pub an der Trostbrücke, und Audrey Leeves ist seine Chefin. Sie lebt seit 26 Jahren in Hamburg und kam damals mit ihren Eltern John und Katie Kerr aus Cork nach Hamburg. „Sie haben den Pub Finnegan’s Wake an der Börsenbrücke eröffnet“, sagt die heute 45-Jährige. Als das Gebäude abgerissen wurde, zog das Lokal ins Gewölbe um, wo vorher das Restaurant Fleetenkieker deutsche Küche angeboten hatte.
Der Brexit ist ständig Thema in der Familie
Audreys Eltern gingen irgendwann nach Irland zurück, die Tochter blieb. „Ich bringe ein Stück Irland nach Deutschland und verstehe mich als kulturelle Brückenbauerin.“ Viele Stammgäste hat der Pub, die nach der Arbeit auf einen Drink vorbeikommen, Englisch sprechen möchten und auch schon die Grüne Insel bereist haben. „Sie mögen Irland, machen dort Urlaub und fühlen sich deswegen bei uns wohl“, sagt die Chefin. Und Briten sowie Iren kommen sowieso, um ein bisschen Heimatgefühl zu pflegen.
Im Hintergrund wirkt Matthew Leeves. Der 51 Jahre alte Brite aus der Nähe von Brighton arbeitet hauptberuflich in der Schifffahrtsbranche und lebt seit 1996 in Hamburg. „Ich war Gast im Finnegan’s Wake und habe Audrey dort kennengelernt.“ Seit 18 Jahren sind sie verheiratet und haben zwei Kinder. Und natürlich sind der Brexit und die Nordirland-Frage ständig Thema in der Familie. „Wir haben noch starke Bindungen an unsere Heimatländer“, sagt Matthew.
Die Speisen aus der Gewölbe-Küche sind eher herzhaft
15 dienstbare Geister sind in Küche und Service beschäftigt. Alle tragen schwarze Guinness-Shirts als Dienstkleidung. Dieses dunkle Bier mit dem cremigen Schaum ist der Bestseller im Fleetenkieker. Überdies gibt es 14-mal gezapften Gerstensaft, zum Beispiel aus Belgien, Irland, Schottland und Deutschland. Dazu 30 bis 35 Flaschenbiere von Kalifornien bis Australien.
Weitere Schwerpunkte sind etwa 20 verschiedene Gins sowie rund 50 Whiskey-Sorten vornehmlich aus Irland. Dazu passt der Spruch auf der Tafel am Eingang: „On the eighth day God created Whiskey to keep the Irish from taking over the world“ (Am achten Tag hat Gott den Whiskey erschaffen, damit die Iren nicht die Weltherrschaft übernehmen).
Ein Abend im Pub braucht eine gute Grundlage. Und deshalb sind die Speisen aus der Gewölbe-Küche eher herzhaft. Fish and Chips, Sandwiches, Rippchen, Backkartoffel, Steaks und natürlich das Irish Breakfast mit Würstchen, Speck, Eiern und Bohnen in Tomatensauce. Und weil das Lokal zur Frühstückszeit geschlossen hat, wird die deftige Mahlzeit, die sich so gar nicht für Cholesterin-Bewusste eignet, am Abend serviert.
Sechs Flachbildschirme in den Räumen
Gesellig geht es im Fleetenkieker oft zu. Einmal im Monat, meist an einem Montag, kann man beim Pubquiz sein Wissen testen. Freitags und sonnabends gibt es ab 21.30 Uhr Livemusik. Geige, Klavier, Gitarre, irische Folksongs, Mitsingen erwünscht. Und Reservierungen für diese Abende auch.
Kein Pub ohne Sportübertragungen. Im Fleetenkieker hängen sechs Flachbildschirme in den Räumen verteilt. Gezeigt werden Fußball aus verschiedenen Ländern und Rugby, American Football, Formel 1, Golf, Tennis und wofür die Fans sich sonst noch interessieren. „Es gibt keinen Sport, den wir nicht zeigen“, sagt der Wirt, der natürlich ein Anhänger der englischen Nationalmannschaft Three Lions ist. „Der Hamburger Fanclub vom FC Arsenal London hat hier seine Stammkneipe.“ Und die Bundesliga und die englische Premier League seien ohnehin Selbstläufer.
Audrey Leeves und ihr Team führen den Pub mit viel Engagement. Schon mehrfach ist das Lokal als einer der besten irischen Pubs im Ausland prämiert worden, die nächste Auszeichnung wird im Oktober erwartet. „Ein irischer Pub ist viel mehr als ein Ort, um ein paar Bier zu trinken. In Irland treffen sich dort Freunde und Nachbarn“, sagt die Chefin. „Und bei uns in Hamburg auch.“ Sláinte, Cheers und Prost!
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