Hamburg. Unzureichender Service zu höheren Preisen, heißt es von Kritikern. Chef des HVV rechtfertigt Preiserhöhung mit Mehrkosten.

Der Hamburger Verkehrsverbund plant ab den 15. Dezember eine Fahrpreiserhöhung von durchschnittlich 2,2 Prozent. Einen entsprechenden Antrag werde der HVV stellen, sagte HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner. Anschließend müssen die politischen Gremien über die geplante Ticketpreis-Erhöhung abstimmen. Von dort kommt jedoch Kritik an den Plänen.

Insbesondere Kunden, die ein HVV-Abonnement nutzen, sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Die Jahreskarte für die Ringe A und B (früher Großbereich) soll pro Monat statt 89,50 Euro künftig 91,40 Euro kosten. Wer das Profi-Ticket derzeit noch für 68,20 Euro nutzt, soll monatlich 1,60 mehr zahlen.

Ganztageskarte soll acht Euro kosten

Auch die Einzelfahrkarte (Ringe A und B) soll nach den Plänen der HVV um zehn Cent teurer werden und ab Mitte Dezember 3,40 Euro kosten. Eine Ganztageskarte für den selben Bereich soll sogar um 20 Cent teurer werden und acht Euro kosten.

"Die hohen Ticketpreise für den HVV sind kontraproduktiv für den Umstieg auf Busse und Bahnen, gleichzeitig versinkt die Hansestadt im Stau", sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft, Dennis Thering. "Laut ADAC Preisvergleich 2019 sind die Preise für Monatskarten in Hamburg im deutschen Städtevergleich ohnehin schon am höchsten. Da braucht sich dann auch niemand wundern, dass die Fahrgastzahlen nicht die gewünschte Entwicklung nehmen", so der CDU-Politiker. Der ADAC hat vor wenigen Wochen Zahlen veröffentlicht. Demnach weiter der sich auf eine jüngste Erhebung des ADAC bezieht. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass eine Abo-Jahreskarte für die gesamte Stadt in Berlin 761 Euro kostet, in München 750 Euro und in Hamburg 1074 Euro, also jährlich rund 300 Euro mehr als in vergleichbaren Städten.

Kritik kommt auch aus den Reihen von FDP, Linke und AfD. Der FDP-Verkehrspolitiker Ewald Auke sagt: "Jedes Jahr erhöht der HVV seine Preise weiter kräftig, meist sogar über dem Inflationssatz. Gleichzeitig kann das Angebot mit den wachsenden Anforderungen an Kapazität oder Minutentakt kaum mithalten". Die Preisspirale müsse endlich durchbrochen werden. Auch der AfD-Abgeordnete Detlef Ehlebracht sprach von einem "falschen Signal an die Bürger Hamburgs" -- dies bekämen insbesondere Geringverdiener wie Schüler und Azubis zu spüren. Der HVV verliere zunehmend an Attraktivität.

SPD: moderat und gut vertretbar

Auch Heike Sudmann von der Linken-Fraktion kririsiert: Während überall daran gearbeitet wird, mehr Menschen für Busse und Bahnen zu gewinnen, will der HVV die Preise wieder erhöhen – das ist definitiv kein Lockmittel." Dabei zeigt sich die verkehrspolitische Sprecherin der Linken erstaunt über die geplanten Preiserhöhungen. Denn Bürgermeister Peter Tschentscher habe vor wenigen Wochen eine geringere Erhöhung in Aussicht gestellt.

Die SPD verteidigt hingegen die Preiserhöhung. Finanzsenator Andreas Dressel spricht von einer "moderaten und gut vertretbaren" Anhebung. Schließlich bleibe man mit 2,2 Prozent unter der realen Kostenentwicklung von drei 3 Prozent. Zudem twittert der SPD-Politiker: "Auch wenn noch manches zu verbessern ist: Der Hamburger Nahverkehr ist von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen sein Geld wert!

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Dabei wird es nicht für alle teurer. Rainer Vohl, Sprecher des Hamburger Verkehrsverbund erklärt, dass die Kurzstrecke weiterhin 1,70 Euro kosten soll, wer den Nahbereich nutzt, soll unverändert 2,30 Euro zahlen. Auch an den Preisen für Kinderkarten soll sich nichts ändern.

Sparen können laut Vohl künftig die Senioren. Zwar soll auch die Seniorenkarte um 1,20 Euro teurer werden und monatlich 53,70 Euro kosten, allerdings gilt dieses Jahresabonnement künftig ganztägig. "Menschen ab 63 Jahren, die berufstätig sind, profitieren davon", sagt Vohl. HVV-Chef Lutz Aigner rechnet damit, dass diese Neuerung einen Einnahmeverlust von rund vier Millionen Euro.

HVV will Experten einstellen

Somit schraubt der HVV auch seine Gewinnerwartungen runter. Das Unternehmen rechnet mit einem Einnahmenzuwachs von 1,7 Prozent im Jahr 2020. "Wir rechnen mit Mehreinnahmen von 18 Millionen Euro durch die Tariferhöhungen", sagt Vohl. Damit wird jedoch nur ein kleiner Teil der geplanten Investitionskosten abgedeckt. 100 Millionen Euro sollen in den Ausbau 2020 fließen. "Geld, das vom Steuerzahler kommt", sagt Vohl.

Für Fahrgäste kommt die geplante Preiserhöhung vermutlich nicht überraschend. Alljährig wird es teurer. Zum 1. Januar 2019 steigen die Preise im Schnitt um 2,1 Prozent. Im Zehnjahresvergleich wurden die HVV-Preise sogar im Durchschnitt jedes Jahr um 2,5 Prozent erhöht.

Die Gründe für die die Anhebung der Preise ist in den vergangenen Jahren auch gleich. Der HVV bezieht sich dabei immer auf einen Index, in den die Kostenentwicklungen für Dieselkraftstoff, Strom und Personal sowie die Inflationsrate einfließen.

Zahl der Fahrgäste steigt um 0,5 Prozent

Die Kosten der 28 Verbundunternehmen seien nur zu 74 Prozent gedeckt, erläuterte Lutz Aigner. Eigentlich hätte die Index-Berechnung einen Preisanstieg von 3,0 Prozent ergeben, die Preisanhebung falle also geringer aus, als es die Kostenentwicklung eigentlich erfordern würde, erläuterte der HVV-Chef. Sprecher Rainer Vohl fügt hinzu, dass beispielsweise mit den Tariferhöhungen allein die Gehälter um drei Prozent gestiegen seien.

Die Zahl der Fahrgäste im Verbund der 28 Unternehmen - von der AKN Eisenbahn bis zur Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim und den Hadag-Fähren - ist 2018 um 0,5 Prozent auf 784,4 Millionen gestiegen. "Es sind nicht mehr die Zuwachsraten von zwei bis drei Prozent wie in den Vorjahren", sagte Aigner. 2018 habe der lange Sommer zum Fahrradfahren animiert. Vor allem aber seien Kapazitätsengpässe und Baustellen im Verbundsystem eine Bremse. "Die Busse und Bahnen sind voll", sagte Aigner. Das sei nicht attraktiv für potenzielle, neue Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs.

Darum begrüßt Aigner die geplanten Angebote auf dem Weg zum "Hamburg Takt". "Diese zweite Angebotsoffensive bedeutet: Zusätzlich werden dreistellige Millionenbeträge aus Steuermitteln investiert. Damit wird der Nahverkehr im HVV auf ein neues Niveau gebracht", sagte Aigner. Der HVV will außerdem zusätzliche Experten für die Koordination und Kommunikation von Baumaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) einstellen.

HVV-Tarif gilt bald auch in Teilen Niedersachsens

2018 beliefen sich die HVV-Einnahmen auf 861 Millionen Euro, eine Zunahme von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon werden 36 Millionen Euro durch Buchungen über die HVV-App erzielt, die Tendenz sei stark steigend. Sie sei von rund 500.000 Nutzern heruntergeladen worden. Alle 400.000 Abo-Karten seien mittlerweile auf die HVV-Card umgestellt, mit der bargeldlos Tickets erworben werden können. Auch wer noch mit Bargeld bezahlen wolle, "werde nicht zurückgelassen", versicherte der Chef des öffentlichen Nahverkehrsverbundes.

Ein vergünstigtes Jahresticket für Schüler und Azubis, wie derzeit diskutiert wird, könnte von 2020 an umgesetzt werden, sagte der HVV-Chef. Das Vorhaben müsse noch mit den Landkreisen und den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgestimmt werden. "Je größer der HVV wird, um so komplexer werden die Anforderungen an das System", ergänzte Aigner. Er erwartet, dass die HVV-Tarifstruktur vom nächsten Jahr intensiver auf den Prüfstand kommt. "Der HVV-Tarif ist ein Großstadttarif, aber wir sind ein Verbund geworden, der mehr in die Fläche geht. Wir müssen daher das System modernisieren."

Pendler aus dem nördlichen Niedersachsen können vom Fahrplanwechsel (15. Dezember) an mit HVV-Tarifangeboten in die Hansestadt fahren - und Hamburger können neue Ecken in Niedersachsen mit ihrem Fahrschein erkunden. Der HVV-Tarif für Zeitkarten gilt damit bis auf wenige Ausnahmen in den Landkreisen Uelzen, Heidekreis, Rotenburg und Cuxhaven im regionalen Bahnverkehr. Die Länder und Landkreise ermöglichen die günstigeren Fahrkarten mit einer jährlichen Millionenförderung.

Konkret sollen drei weitere Ringe (F,G und H) hinzukommen. Im Abo sollen Jahreskarten für alle Ringe monatlich 225,50 Euro kosten. "Der HVV-Tarif soll als nächstes in den Kreis Steinburg ausgeweitet werden, daran arbeiten wir", berichtete Aigner.