Die Frankfurter Buchmesse ist dennoch verliebt in die Technik.

Wer braucht ein E-Book? Eigentlich niemand. Lesen kann man schließlich auf Papier. Doch da nichts so bleibt, wie es ist, erfinden Firmen Produkte und reden den Menschen ein, nur mit diesen Dingen würde man glücklich, sei nicht hoffnungslos von gestern und sehe gut aus, wie jetzt wieder auf der Frankfurter Buchmesse.

Sie kenne niemanden, der ein elektronisches Buch lesen würde, außer ihrem Mann, sagt die Sprecherin eines der größten deutschen Verlagshäuser. Aber der arbeite auch in der IT-Branche. Dennoch publizieren die Verlage, die derzeit auf der Buchmesse ausstellen - dem weltweit größten Literaturtreffen - 70 bis 80 Prozent ihrer Programme auch als E-Books. Schließlich will keiner den Trend verschlafen.

Dabei ist gar nicht sicher, ob und wann es ein Trend wird. Dennoch bestimmt die Digitalisierung von Büchern den Diskurs im Literaturbetrieb. Und noch nie haben so viele Aussteller keine Bücher, sondern Plattformen für digitale Anwendungen, Geräte und Zubehör vorgestellt.

Was für ein Unsinn. Beim Lesen kommt es auf Inhalte an, nicht auf die Form. Erst wenn es irgendjemanden gibt, der erklären kann, dass man Proust, Tolstoi, Philip Roth oder auch Harry Potter besser auf einem elektronischen Lesegerät versteht, dass man sich nur per Elektronik besser in deren Helden hineinversetzen kann, dann hätten die E-Books eine Daseinsberechtigung. So sind sie bislang nur Spielerei.

Was in der Musik gilt, dass nämlich ein iPod das Hören erleichtert, gilt nicht für die Literatur. Mehr als ein Buch kann man unterwegs sowieso nicht lesen. Mehr als ein Lied hören schon. Seine gesamte CD-Sammlung dabei zu haben, ergibt Sinn. Aber wer muss seine Bibliothek bei sich führen? Praktischer als ein Buch ist ein E-Book jedenfalls nicht.

Das wissen auch die Leser. Denn verkauft wird immer noch fast ausschließlich das klassische Buch. Ein Beispiel nur: Thilo Sarrazins Bestseller "Deutschland schafft sich ab", ein Buch, über das wie kein anderes Politik, Gesellschaft und beinahe jede Party seit einem Monat diskutieren, verkaufte in der ersten Woche nach Erscheinen 400 000 Exemplare. Als E-Book wurde es nur 300-mal gekauft.

Und der Buchmarkt verzeichnet Umsatzsteigerungen, im Fach- und Sachbuch, in der Belletristik und ganz besonders im Kinder- und Jugendbuch. Mit Harry Potter fing es an, es folgten die Vampirromane von Stephenie Meyer, die junge Leser massenhaft fesseln. Es wird mehr gelesen als je zuvor und fast ausschließlich auf Papier. Aber wenn demnächst Grimms Märchen als E-Book erscheinen, können die Kleinsten es auch als Hörbuch konsumieren, mit Zeichnungen, Spielen oder Sachtexten angereichert. Warum nicht?