Am ersten Tag der Frankfurter Buchmesse ist die Stimmung bestens. Und die Bücher-Branche sieht den digitalen Wandel als Chance.

Frankfurt/Main. Heute gegen Mittag wissen wir mehr. Gestern jedoch liefen auf der Frankfurter Buchmesse wieder die Wetten, wer denn in diesem Jahr den Literaturnobelpreis gewinnen würde. Als Favorit galt Ngugi wa Thiong'o, ein Autor aus Ghana oder dem Senegal - ganz sicher war man sich da nicht -, der auf Deutsch ein schmales Bändchen im AT-Verlag veröffentlicht hat. Ansonsten übersetzt der Autor aus Kenia (!) aus dem Isländischen in seine Muttersprache. Tja, so schätzt man also beim Branchentreff in Frankfurt die Kollegen aus Stockholm ein, wenn sie wieder einmal eine Entscheidung für den wichtigsten Literaturpreis der Welt zu treffen haben.

Ein bisschen was davon hatte es auch auf der Messe, wenn man sich durchs Gedränge am Stand der "Zeit" schob, wo Martin Mosebach gerade plauderte, der mit "Was davor geschah" sicher einen der wichtigsten Romane dieses Jahres geschrieben hat. Genau gegenüber hat der Verlag Jung und Jung seine Koje. Jener Verlag, dessen Autorin Melinda Nadj Abonji für ihren Roman "Tauben fliegen auf" soeben mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet worden war. Gähnende Leere hier. Immerhin soll es dem Kleinverlag auf die Schnelle gelungen sein, bis Freitag 30 000 Exemplare des Romans, der bisher vergriffen ist, drucken zu lassen.

Schön ist der Pavillon des Gastlandes Argentinien. Nicht nur, dass man hier wunderbare Autoren entdecken kann und sofort Lust bekommt, das Land zu bereisen. Hier treffen auch elegante Männer und selbstbewusste Frauen zu spannenden Gesprächen zusammen. 300 Veranstaltungen begleiten allein das Thema Argentinien in Frankfurt. Man kann Maria Kodama treffen, die Witwe von Jorge Luis Borges, und froh darüber sein, dass zum schlimmen Essen, das man gewöhnlich auf der Buchmesse zu sich nehmen muss, nun Steaks und Caesar Salad angeboten werden - der hier allerdings "Für Evita" heißt.

Buchmesse: Zwischen Ruhm und Bestsellerliste

Das Schönste an der Buchmesse, so sagte eine Frankfurterin, sei, dass man endlich mal Menschen (gemeint sind Männer) treffen kann, die keine akkurat sitzenden Frisuren haben und permanent über steigende und fallende Aktienkurse sprechen. Nein, so viel ist sicher, in den Tausenden von übereinandergestapelten Verlagskojen geht's um Profaneres: Wohin heute Abend? Auf die Rowohlt-Party? Sehen wir uns morgen bei Fischer? Gehst du heute Nacht noch in die Bar vom Frankfurter Hof?

Oder auch, um dem albtraumartigen Großraum zu entkommen: Wollen wir mal nach draußen in die Sonne?

Die Stimmung scheint gut in der Branche. Jedenfalls am ersten Tag, wo man die Hals-, Rücken- und Fußschmerzen, die jede Messe mit sich bringt, noch nicht spürt. Bücher werden mehr denn je gekauft und mit den e-books scheint man sich nicht die Konkurrenz ins Haus zu holen, sondern begeht neue Wege. 1700 der 7000 Aussteller haben diesmal digitale Angebote für Literatur dabei. Die Buchmesse entwickelt sich offenbar zu einem branchenübergreifenden Marktplatz für die Medien- und Entertainmentwelt. In vier Hallen präsentieren sich Firmen des mobilen Internets, Geräte- und Zubehörhersteller und Kreative, die Bücher etwa mit Filmen aufpeppen wollen. Oder sie in PC-Spiele umwandeln.

Was läuft nun bei den deutschen Verlagen? Bei Droemer/Knaur freut man sich auf John Katzenbachs "Der Professor", ein Psychothriller, der am 28. Oktober erscheint. Beim Diogenes-Verlag feiert man Ingrid Noll und ihre Kriminalkomödie "Ehrenwort". Beim Hanser-Verlag, der wie jedes Jahr, ein tolles Programm hat, setzt man jetzt auf Colm To'ib'in und seinen Roman "Brooklyn", der von Iren in New York erzählt. Es gibt viel zu entdecken. Zum Lesen allerdings kommt man während der Buchmesse bestimmt nicht.