Ein Kommentar von Peter Ulrich Meyer

Man darf sich schon etwas verwundert die Augen reiben: Da schafft die Volksinitiative zur Wiedereinführung von G9 an Gymnasien im Laufe eines halben Jahres gerade einmal rund 17.000 Unterschriften für ihr Anliegen zu sammeln. Das spricht nicht eben für eine Welle der Empörung gegen den um ein Jahr verkürzten Weg zum Abitur – G8. Und doch haben es die Aktivisten von „G9-Jetzt-HH“ nach wenigen Monaten geschafft, die Phalanx der repräsentativen Demokratie aufzubrechen. Die allein regierende SPD verhandelt schon mit der Initiative. Die CDU, unter deren Führung G8 im Jahr 2002 eingeführt wurde, legt jetzt einen ersten konkreten Kompromissvorschlag vor. Die Grünen sind auch einigungsbereit.

Es gehört nicht viel Fantasie dazu vorherzusagen, dass G9 am Gymnasium Einzug halten wird. Sicher: Es gibt eine bundesweite Bewegung zurück zum alten Abitur. Es ist auch richtig, dass 70 Prozent Zustimmung zu G9 in der Abendblatt-Umfrage einen starken Eindruck bei den Politikern hinterlassen haben. Und doch: Was das Volk, was die Hamburger wirklich wollen, wenn sie vor die konkrete Alternative gestellt werden, wissen wir nicht. Eins ist jedenfalls klar: Wenn nicht in einem Jahr Bürgerschaftswahl wäre und die Sorge bestünde, das Schulthema könnte zum Wahlkampfrenner werden, wären die Parteien nicht so nachgiebig.

Die Entscheidung zurück zu G9 wäre falsch: Es würde die Stadtteilschulen, die G9 bereits anbieten, schwer schwächen, weil noch mehr Eltern ihr Kind aufs Gymnasium schicken würden. So gerät das Zwei-Säulen-System aus dem Lot.