Rund 40 Euro mehr im Jahr muss eine Familie in Hamburg im Basistarif nun überweisen. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Hamburg/Berlin. Die Nachricht kam am Mittwochvormittag via Mail. Nachdem bereits zum Jahresanfang viele Stromversorger ihre Preise erhöht hatten, zieht Deutschlands viertgrößter Energiekonzern nun auch nach. Vattenfall gab bekannt, dass die Preise vom 1. April an in Hamburg um 3,93 Prozent und in Berlin um 2,36 Prozent steigen. Begründet wird die Entscheidung mit höheren Ausgaben für die Energiewende. Kostete bislang die Kilowattstunde (kWh) Strom im Basis-Tarif in Hamburg 27,39 Cent, werden es in Zukunft 28,58 Cent sein.

Wie hoch sind die Mehrkosten ?

Bei einem Jahresverbrauch von insgesamt 2500 kWh, etwa für einen Zwei-Personen-Haushalt, müssen die Kunden 2,48 Euro im Monat mehr bezahlen. Das ist eine Erhöhung um 29,76 Euro pro Jahr. Der Grundpreis (6,10 Euro im Monat) wurde nicht angehoben. Bei einem Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 kWh überweisen die Verbraucher 41,65 Euro mehr.

Muss man die Erhöhung hinnehmen?

Preiserhöhungen muss man als Verbraucher nicht tatenlos hinnehmen. Gesetzlich vorgeschrieben ist das „Sonderkündigungsrecht“ des Verbrauchers, falls der Vertragspartner – in diesem Falle ein Energieversorger – seinen Preis anhebt. Dieses Sonderkündigungsrecht heißt so, weil sich der Verbraucher hierbei nicht an die sonst üblichen Kündigungsfristen des Vertrages halten muss. Doch auch diese Regelung ist begrenzt: Das Sonderkündigungsrecht ist an Fristen gekoppelt, normalerweise sind es vier Wochen.

Was können Kunden nun tun ?

„Man kann sehr einfach den Anbieter wechseln“, sagt Andrea Grimm, Expertin der Hamburger Verbraucherzentrale. „Wenn die Kunden zum Beispiel zu einem der zahlreichen Stadtwerke wechseln, entsteht mehr Konkurrenz auf dem Markt“, so Grimm. In Internetportalen wie verivox.de oder toptarif.de sind alle in der Stadt tätigen Anbieter inklusive ihrer Jahreskosten aufgelistet. Der Interessent muss nur seine Postleitzahl und vermutlichen Jahresverbrauch an Strom angeben. Dann kann er unter allen Anbietern auswählen. „Am besten wählt man einen Versorger mit zwölf Monaten Preisgarantie“, sagt Grimm. Hamburg Energie gibt gegen einen Aufschlag von 0,9 Cent je kWh (Grundpreis sechs Euro im Monat und 26,9 Cent je kWh) eine Preisgarantie bis Ende 2015. Bei Vattenfall kann man sich über den Internet-Tarif Easy 12 zumindest eine einjährige eingeschränkte Preisgarantie sichern. Dieser Tarif bleibt laut einer Sprecherin zunächst bei 26,20 Cent pro kWh. Der monatliche Grundpreis beträgt 6,50 Euro.

Wie kann man den Anbieter wechseln?

Das geht ganz einfach. Man nimmt Kontakt zum neuen Lieferanten auf. Dieser erledigt den Wechselprozess. Voraussetzung ist jedoch, dass man mit dem bisherigen Lieferanten keine Verträge über eine bestimmte Laufzeit abgeschlossen hat, die noch nicht beendet ist. Billig allein ist zudem nicht immer gut. Falls man einen Anbieter aussucht, sollte man ihn und seine Konditionen zuvor genau prüfen. Verlangt er zum Beispiel Vorkasse? Hat er genug materielle Substanz, um seine Verpflichtungen (Stromlieferung) letztlich auch zu erfüllen? So waren von der Insolvenz des Stromanbieters Teldafax 2011 mehr als 700.000 Kunden betroffen. Die Kunden, die Vorkasse leisteten, hatten wenig Chance, ihr Geld wieder zurückzubekommen. Fällt ein Stromlieferant aus, gehen die Kunden automatisch zum jeweiligen Grundversorger zurück – dessen Tarife sind aber teuer.

Warum steigt der Preis unterschiedlich?

In den vergangenen Jahren hat Vattenfall meist in Hamburg und Berlin die Preise um die gleiche Prozentzahl angehoben. Doch dieses Mal, so Vattenfall-Sprecherin Sandra Kühberger, sind die Netznutzungsentgelte, also das Geld, das Vattenfall dem Betreiber der Höchstspannungsnetze bezahlen muss, wegen des Ausbaus der Stromnetze in Hamburg stärker gestiegen als in Berlin. Grund ist die geplante Energiewende. In Norddeutschland werden Höchstspannungsnetze gebaut, um den Windstrom aus Schleswig-Holstein schnell in den Süden zu transportieren.

Wird Strom künftig noch teurer?

Davon muss man leider ausgehen. Ende März 2000 hat die damalige Bundesregierung das Erneuerbare–Energien-Gesetz (EEG) beschlossen mit dem Ziel, die Erzeugung von Ökostrom deutlich zu fördern. Die Idee wurde in der damaligen Zeit umgesetzt, weil man bereits über einen Ausstieg aus der Kernkraft diskutierte. Inzwischen treibt diese Umlage, die auf den Strompreis aufgeschlagen wird, die Kosten für die Kunden nach oben. Da die Vergütungen nach dem EEG für eine Dauer 20 Jahre vereinbart worden sind, ist klar: Strom wird noch teurer. Die Regierung kann den Anstieg nur bremsen, indem sie die bisherigen EEG-Entgelte für neue Anlagen – etwa Windrotoren oder neue Solaranlagen – kürzt. Das wird auch getan, in der Hoffnung, dass Verbraucher in Zukunft mit geringeren Belastungen beim Strombezug rechnen können.