Kritik an Hamburgs Schulsenator. Laut der aktuellen Leistungsvergleichsstudie KESS 13 haben Stadtteilschüler beim Abitur in Englisch und Mathematik einen Rückstand von drei Jahren im Vergleich zu den Abiturienten der Gymnasien.

Hamburg. Die großen Lernrückstände von Abiturienten an Stadtteilschulen gegenüber denen an Gymnasien, welche durch die jüngste KESS-Studie offenbart wurden, haben zu harscher Kritik an Schulsenator Ties Rabe (SPD) geführt. CDU-Bildungspolitikerin Karin Prien (CDU) verlangte, dass „der dramatische Niveauverlust des Hamburger Abiturs“ gestoppt werden müsse. Laut der aktuellen Leistungsvergleichsstudie KESS 13 (benannt nach dem Abschlussjahrgang 13) haben die Stadtteilschüler beim Abitur in Englisch und Mathematik einen Rückstand von drei Jahren im Vergleich zu den Abiturienten der Gymnasien. In den Naturwissenschaften sind es zwei Jahre. Schuld an der Misere ist laut Schulbehörde eine zu geringe Förderung in der Mittelstufe dieses Jahrgangs.

Prien forderte den SPD-Senat auf, sich einem Bündnis für mehr Schulqualität nicht mehr zu versperren. „Wir haben bereits 2012 vorgeschlagen, unter anderem mit Lehrkräften, Schulleitungen, Eltern- und Schülervertretern, in einem möglichst breiten Konsens Maßnahmen zur Steigerung der Schulqualität entwickeln“, sagte Prien. „Dieses Angebot hat die SPD jedoch abgelehnt.“

Deutliche Worte fand auch Walter Scheuerl, Sprecher des Vereins „Wir wollen lernen“ und parteiloses Mitglied der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Er sagte: „Wenn Schulsenator Ties Rabe nicht spätestens jetzt, mit der Kenntnis der desaströsen KESS-Ergebnisse handelt, muss er sich den Vorwurf der Verletzung seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Schülern der Stadtteilschulen gefallen lassen.“

Anna von Treuenfels (FDP) bezeichnete die wachsende Zahl von Abiturienten als problematisch. „Wir werden die öffentliche Debatte über die Frage aufnehmen, was wir dem Akademisierungswahn entgegensetzen. Abitur für alle kann keine Lösung sein, wenn dabei die echte Hochschulzugangsreife auf der Strecke bleibt.“ Spätestens bei Einführung eines Zentralabiturs würden Hamburgs Oberstufenschüler das Nachsehen haben. „Das darf Schulsenator Rabe nicht zulassen.“ Auch die Grünen reagierten heftig auf die Ergebnisse der KESS-Studie. „Es ist eine bildungspolitische Katastrophe, dass an den Stadtteilschulen so gut wie kein sozial unbelasteter Jugendlicher das Abitur ablegt und dass die Leistungen so deutlich hinter denen der Gleichaltrigen an Gymnasien liegen“, sagte Schulexpertin Stefanie von Berg. Gerade bei der Frage der Inklusion würden die Stadtteilschulen allein gelassen. Bildungsgerechtigkeit und Inklusion bei gleichzeitig hoher Leistungsfähigkeit seien eine bildungspolitische Herkulesaufgabe. „Helfen könnten hier Mittel des Bundes, aber der darf sich gegenwärtig nicht an der Finanzierung von Schulbildung beteiligen. Wir fordern daher, dass endlich das Kooperationsverbot aufgehoben wird.“

Die Reaktion der SPD-Fraktion fiel dagegen moderat aus. Lars Holster lobte, dass Chancengerechtigkeit möglich sei. Allerdings dürften die Fehler aus den Mittelstufen der vergangenen Schulformen nicht wiederholt werden. Die Stadtteilschule habe bereits nach drei Jahren bewiesen, dass sie Schüler auf ein deutlich höheres Leistungsniveau heben könne.