Roter Filz? Auch das Alstervergnügen wird von Hamburger Sozialdemokraten betrieben. CDU und Grüne erheben jetzt schwere Vorwürfe.

Hamburg. Die Opposition spricht schon von rotem Filz: Einige der umsatzstärksten Weihnachtsmärkte in der Hamburger Innenstadt werden nach Abendblatt-Recherchen von Funktionären der regierenden SPD betrieben. Dazu zählen die Märkte am Jungfernstieg und auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz. Auch auf dem Gänsemarkt mischen Genossen mit. Dies gilt ebenso für das lukrative Alstervergnügen.

CDU und Grüne erheben jetzt schwere Vorwürfe. Offensichtlich habe sich unter dem Dach der SPD Hamburg ein Kreis zusammengefunden, der "gezielt offizielle Entscheidungsgremien kapert" und dies zum eigenen Vorteil nutze, sagt der Grünen-Wirtschaftsexperte Anjes Tjarks.

Alle Weihnachtsmarkt-Flächen liegen im SPD-regierten Bezirk Mitte, in dem der sogenannte City-Ausschuss über die Vergabe der Standplätze entscheidet. In diesem Ausschuss sind Abgeordnete der Bezirksversammlung und von den Parteien benannte Bürger vertreten. Wie in der Bezirksversammlung dominiert hier die SPD.

Ausschussvorsitzender ist der SPD-Bezirksabgeordnete Dirk Sielmann, zugleich auch Vorsitzender des SPD-Distrikts Heiligengeistfeld. Dieser Ortsverein wurde gegründet für die umherziehenden Schausteller, die sich zum Beispiel dreimal im Jahr zum Dom auf dem Heiligengeistfeld treffen. Führende Mitglieder des SPD-Distrikts veranstalten jetzt auch einige der größten Hamburger Weihnachtsmärkte.

Gut im Geschäft ist zum Beispiel die RSW Veranstaltungs GmbH. Auf dem Jungfernstieg richtet das Unternehmen den Weihnachtsmarkt und seit vergangenem Jahr auch, gemeinsam mit Uwe Bergmann von der Uba GmbH, das Alstervergnügen rund um die Binnenalster, aus. Geschäftsführer der RSW GmbH sind Helmuth Schultze, Vizevorsitzender des SPD-Distrikts Heiligengeistfeld, außerdem Hans-Werner Rüth, Beisitzer im Distriktsvorstand, sowie Thomas Wefer, ebenfalls SPD-Mitglied. Auf Abendblatt-Anfrage lehnten Schultze, Rüth und Wefer ein Gespräch ab. In einer Mail hieß es, man habe sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt. Die Vergabe sei durch Behörden und andere Gremien erfolgt.

Im Visier der Kritiker ist auch der Weihnachtsmarkt auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz. Er war im April öffentlich ausgeschrieben worden. Den Zuschlag für fünf Jahre gab der City-Ausschuss an die RK&BF Hanse Event Veranstaltungs GmbH, die Robert Kirchhecker und Benno Fabricius gehört. Fabricius ist ein wichtiger Mann im SPD-Distrikt Heiligengeistfeld: Er hat den Ortsverein vor 25 Jahren mitgegründet und ist heute der stellvertretende Vorsitzende.

"Roter Filz scheint hier noch eine verharmlosende Beschreibung zu sein", kritisiert der Grüne Tjarks. Der CDU-Fraktionschef Mitte, Jörn Frommann, spricht von "fadem Beigeschmack". Man frage sich, ob Schausteller ohne SPD-Parteibuch überhaupt eine Chance hätten. Nach der Vergabe des Markts auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz hatten die vier unterlegenen Mitbewerber in einem Schreiben sinngemäß behauptet, dass bei der Vergabe die persönlichen Beziehungen von Bewerbern und Ausschussmitgliedern eine Rolle gespielt hätten. Dabei wurde wahrscheinlich auf den City-Ausschuss-Vorsitzenden Dirk Sielmann angespielt. Dieser sieht jedoch keine Probleme mit seiner Doppelfunktion als Vorsitzender des SPD-Distrikts Heiligengeistfeld und als Chef des City-Ausschusses: "Ich habe weder wirtschaftliche noch persönliche Interessen."