Eine Internetbörse will freie Betreuungsangebote in Kindergärten und bei Tagesmüttern auflisten. Träger sind allerdings noch skeptisch.

Hamburg. Manchmal haben Eltern Glück und sehen einen dieser Zettel an einem Ampelmast. An der Holstenstraße, Ecke Max-Brauer-Allee, bietet beispielsweise eine deutsch-englische Kita freie Plätze an. In einem Schuhladen an der Bismarckstraße hängt ein Zettel an der Tür, mit dem eine Tagesmutter um ihre Dienste wirbt. Die erfolgreiche Suche nach einer Betreuung soll aber nicht länger von Zufall und Glück abhängen. Der ehemalige Tagesvater Ulli Offel aus Ottensen hat eine Betreuungsbörse erarbeitet, die auf einer Internetseite erstmals hamburgweit eine Übersicht der freien Plätze in Kitas und bei Tagesmüttern und -vätern anbieten soll.

Bis vor einem halben Jahr hat Ulli Offel selbst noch als Tagesvater gearbeitet. Dann hat er aufgehört und wurde Hausmann, weil seine eigenen Kinder Pelle, 5, und Lotta, 3, zu kurz gekommen waren. In den vergangenen zweieinhalb Jahren fiel ihm auf, dass die Betreuungsplatzvergabe und die Informationen dazu völlig unzureichend sind. "Das ist doch hinterwäldlerisch, mit Zetteln an einem Laternenpfahl von freien Plätzen zu erfahren", sagt der 53-Jährige. Es gebe zwar viele Informationen zum Thema, aber im Internet stellen die einzelnen Kitas eher ihr pädagogisches Konzept vor und informieren nur vereinzelt über freie Plätze. "Was komplett fehlt, ist eine Übersicht mit freien Plätzen für ganz Hamburg", sagt Offel. Wie dringend Eltern eine Orientierung bei der Suche nach einem Platz für ihr Kind in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter benötigen, zeigt der Andrang auf seine Seite, die schon aktiv ist, aber erst Anfang November offiziell an den Start geht. 1700 Besucher hat Offel bereits registrieren können, und schon jetzt haben sich 50 Eltern bei der Elternpost mit ihren Betreuungswünschen (Stundenzahl, Bezirk, Stadtteil) angemeldet. Diese erhalten dann jede Woche Informationen über freie Plätze.

Als Ulli Offel und seine Frau aus Bielefeld nach Hamburg kamen, wussten sie gar nicht, dass es überhaupt Tagespflege gibt. Das Besondere an der Seite ist, dass Kindertagesstätten und Tagespflege gleichwertig nebeneinanderlaufen. Offel bietet nicht nur eine Online-Börse für freie Plätze an, sondern hilft den Eltern mit einer Checkliste auch bei der Entscheidung zwischen Kita oder Tagesmutter. "Wir bieten keine direkte Platzvergabe, sondern stellen ausschließlich den Kontakt zwischen suchenden Eltern und Anbietern her", heißt es auf der Internetseite. Bis zum kommenden Frühjahr, schätzt er, wird es dauern, bis die ersten 1000 Betreuungsplätze auf seiner Seite veröffentlicht sind, also genügend Einrichtungen und Eltern seine Börse unter der Seite www.suche-kita.de kennen und nutzen. "Wenn von 4200 potenziellen Kitas und Tagesmüttern 70 Prozent mitmachen, hat die Seite eine entsprechende Aussagekraft."

Gespräche mit Kita-Trägern, Tagesmüttern und den Behörden laufen bereits. Für Eltern ist die Börse kostenlos, Kitas und Tagespflege zahlen im Jahr 49 Euro für eine Anzeige auf der Seite. Eines ist dem gelernten Kaufmann wichtig: "Das ist nichts, mit dem ich reich werden will." Das Kommerzielle stehe bei ihm nicht im Vordergrund. Aber kostenlos gehe es eben nicht. Schon jetzt arbeitet ein Team mit ihm an der Internetpräsenz und der Datenaktualisierung.

Offel setzt auch auf den Ausbau der Betreuungsplätze: "Es wird für die Kitas nicht immer einfach, ihre Plätze hauptsächlich mit Acht-Stunden-Gutscheinen zu füllen." Wie berichtet, gilt in Hamburg seit August ein Rechtsanspruch für Zweijährige auf eine fünfstündige Betreuung.

Bedenken bei den Kita-Trägern bleiben allerdings: "Generell macht so ein Angebot Sinn, wenn alle Kita-Träger mitmachen und das Angebot kostenlos ist", sagt Christian Böhme vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Gewerbliche Angebote lehne der Paritätische ab. "Nicht zuletzt haben die Kitas ihre eigenen Wartelisten, die sie durch solche Angebote zerschießen würden." Karin Geyer von der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten ist ebenfalls skeptisch: "In anderen Bundesländern sind ähnliche Projekte gescheitert, weil die Datenbank nicht gepflegt wurde." Die Vereinigung will mit einem neuen Internetauftritt auch eine verbesserte Suchmaschine nach freien Plätzen anbieten. "Schon jetzt haben wir tagesaktuelle Meldungen über freie Plätze." Auch die zuständige Sozialbehörde ist kritisch: "Wir sehen grundsätzlich keinen Bedarf für ein solches Internetangebot, da wir sowohl für die Kitas als auch für die Kindertagespflege auf die spezielle Situation im nachfrageorientierten Kita-Gutscheinsystem bereits optimierte Unterstützungsangebote und Suchmaschinen für die Familien haben", sagt Behördensprecherin Nicole Serocka. Unter www.hamburg.de/kita-finden/ sind Kitas in den Stadtteilen genannt. Eine Übersicht über freie Plätze gibt es dort aber nicht.