Hamburger Kinder schneiden bei Bundesstudie schlecht ab. Häufig liegt es am gesellschaftlichen Status oder an einem Migrationshintergrund.

Hamburg. Die Herkunft von Kindern spielt eine erhebliche Rolle bei ihren schulischen Fähigkeiten. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse des Bundesländervergleichs für Grundschulen, den der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD) als Vorsitzender der Kultusministerkonferenz vorgestellt hat. "Je niedriger der soziale Status, desto geringer sind die Fähigkeiten." So fassen es die Autoren der Studie zusammen. Auswirkungen hat ebenso der Migrationshintergrund der Kinder.

"Im Bereich Lesen lässt sich gerade bei Großstadtkindern ein Fünftel der Unterschiede in den erreichten Kompetenzen durch Unterschiede im sozialen Status der Eltern erklären", heißt es in der Studie. Kinder aus Hamburg, Bremen und Berlin liegen demnach in punkto Hörverständnis unter dem Bundesdurchschnitt. Laut der Studie sind die erreichten Fähigkeiten in "relativ starkem Maße an die soziale Herkunft der Schüler geknüpft". Gleiches gilt für Mathematik. Schulsenator Rabe zeigte sich mit dem Abschneiden Hamburgs unzufrieden. "Die bestehende Förderung muss optimiert werden. Obwohl Hamburg beispielsweise in der Sprachförderung oder im Ganztag deutlich mehr Ressourcen als andere Bundesländer einsetzt, wirkt sich dieser Einsatz noch zu wenig auf bessere Ergebnisse aus."

"Das Ergebnis zeigt, dass wir uns nicht ausruhen dürfen. Es gibt einen erheblichen Nachholbedarf, leistungsschwache Schüler zu fördern", sagte Lars Holster, schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Als stellvertretender Schulleiter an der Stadtteilschule Süderelbe überrasche ihn das Abschneiden Hamburgs nicht. Dass Hamburg im Vergleich zu den Flächenländern abfalle, liege daran, dass Kinder mit Migrationshintergrund häufiger in sozial schwachen Stadtteilen lebten. "Im nächsten Schritt müssen wir herausfinden, wo Jungen und Mädchen eine spezielle Förderung jeweils beim Lesen und in der Mathematik brauchen."

"Das Ergebnis der Grundschulstudie hat die GEW nicht wirklich überrascht", sagte Klaus Bullan, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. "Die Erkenntnisse entsprechen im Wesentlichen dem, was bereits in vorherigen Untersuchungen deutlich geworden ist. Insbesondere der hohe Anteil von Kindern aus Migrationsfamilien führt in Hamburg dazu, dass die Leistungen in Lesen, Zuhören und Rechnen in Hamburg unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Betrachtet man die Gruppen getrennt, so würde Hamburg einen guten Mittelplatz erreichen." Insgesamt habe die Untersuchung gezeigt, dass Grundschulen gute Ergebnisse erreichten. Bullan forderte, die Frühförderung in Kitas und Ganztagsangebote auszubauen sowie individuelle Förderung. "Diese Maßnahmen kosten Geld, sollen sie erfolgreich sein."

Ähnlich sieht es Dora Heyenn, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. "Die Defizite beim Einstieg in die Schullaufbahn müssen reduziert werden und vor allen Dingen müssen die Kinder wieder Spaß am Lernen haben", sagt die ausgebildete Lehrerin. "Das funktioniert aber nur durch individualisiertes Lernen. Da muss den Lehrern unter die Arme gegriffen werden, um das zu leisten."

Anna von Treuenfels, bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, forderte, dass "klare Lernziele und klassische Kulturtechniken" wieder in den Mittelpunkt von Bildung rücken müssten. Sie kommt zu dem Ergebnis: "Die angedachten oder in Umsetzung befindlichen Veränderungen der Schulstruktur haben auch der Grundschule offenbar nicht gut getan." Die Einführung von Ganztagsangeboten und Inklusion sei zwar grundsätzlich richtig, werde aber von Rabe schlecht geplant und überhastet organisiert. "Das raubt den Lehrern wieder einmal Zeit und Arbeitskraft, die sie dringend brauchen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Verbesserung der Bildungsqualität."

Die grüne Bildungsexpertin Stefanie von Berg sieht die eigene Politik zur Zeit der Regierungsverantwortung bestätigt. "Der Ländervergleich zeigt uns, dass die unter Schwarz-Grün begonnenen Reformen erste Früchte tragen, denn Hamburg liegt immerhin bei den Stadtstaaten vorn." Dennoch reichten die Anstrengungen noch nicht, obwohl der jetzige Schulsenator an vielen Stellen den richtigen Weg fortsetzte. "Es kann nicht sein, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien oder Kinder mit Migrationshintergrund auf der Strecke bleiben. Daher fordern wir den Senator auf, die Stadtteilschulen noch stärker als bisher zu unterstützen."