Der Bau ist ein Jahrhundertprojekt. Wo Streit um Lärm-, Naturschutz und Grundstücke den Bau der Gleise durch die Stadt aufhalten kann.

Hamburg. Der Spielraum für den Bau der neuen S 4 zwischen Hasselbrook und Ahrensburg ist äußerst gering. Die beiden neuen Gleise können nur entweder links oder rechts der schon bestehenden Fernbahngleise gelegt werden. Trotzdem ist der Bau der S 4 ein Jahrhundertprojekt.

Nicht nur, weil die Bahn schon Anfang des 20. Jahrhunderts erste Pläne für den Ausbau der Strecke nach Lübeck erwog. Nicht nur, weil das Projekt, grob geschätzt, 350 Millionen Euro teuer und Baurecht für Großprojekte schwer zu bekommen ist. Sondern vor allem, weil die bestehende Schneise durch die dicht besiedelte Stadt um bis zu 13 Meter breiter werden muss. Und weil diese 13 Meter, die die Bahn für die S 4 will, derzeit von anderen genutzt werden, die sie jetzt hergeben sollen.

Die daraus entstehenden Interessenkonflikte muss das Planfeststellungsverfahren abwägen und zur Entscheidung bringen, um Baurecht zu schaffen. Zwei Jahre, zwischen 2015 und 2017, sind dafür veranschlagt. Derzeit läuft die Vorplanung. Lärm-, Umweltschutz und private Grundstücksinteressen sind die Filter, durch die die verkehrlich ideale Trasse betrachtet und verändert wird. Unter Berücksichtigung finanzieller Fragen, versteht sich. So könnte zum Beispiel der neu zu bauende Bahnhof Claudiusstraße verkehrlich ungünstig gelegt werden, weil so teure Prozesse mit Anwohnern vermieden werden.

Die Bahn braucht die Ferngleise für den wachsenden Verkehr nach Skandinavien. Der Hauptbahnhof soll von Personennahverkehr entlastet werden und mit verbesserter Anbindung des Umlands Pendler für die Bahn gewinnen. Statt jetzt alle 30 Minuten würde dann alle zehn Minuten ein Zug fahren, an drei zusätzlichen Stationen halten und außerdem zwischen Hasselbrook und Hauptbahnhof noch die Haltestellen Berliner Tor und Landwehr bedienen. Die S-Bahn bräuchte 25 Minuten von Ahrensburg bis Hauptbahnhof, die Regionalbahn benötigt zurzeit nur 20. Das liegt an den vielen Haltestellen der neuen S 4. Die Planer erwarten täglich etwa 50 000 Fahrgäste. Derzeit sind es 30 000. Frühestens 2020 könnte die erste S 4 rollen. Sie ersetzt nur die Regionalbahn. Der Regionalexpress zwischen Hauptbahnhof und Bad Oldesloe mit Halt in Ahrensburg bleibt.

Privatgrundstücke braucht die Bahn im Bereich Wandsbek im Gleisdreieck Hasselbrook westlich der Brücke Hammer Straße sowie östlich an der Rantzauer Straße. In Tonndorf beginnt die Problemzone im Bereich Küperkoppel bzw. gegenüberliegend an der Stein-Hardenberg-Straße und reicht fast bis Höhe Wandseredder, beginnt wieder am Rahlstedter Bahnhof und reicht bis zum Delingsdorfer Weg.

Lärmschutzfragen sind problematisch östlich der Straßenbrücke Hammer Straße bis zum geplanten Bahnhof Bovestraße, zwischen Holstenhofweg und Eisenbahnbrücke über die Rahlau kurz hinter der Dammwiesenstraße, beginnend hinter dem Sonnenweg durchgehend bis zum Höltigbaum.

Naturschutzfragen sind problematisch zwischen der Höhe Pulverhofsteich und Wandseredder und, beginnend kurz nach dem Güstrower Weg in Rahlstedt, praktisch bis zur Stadtgrenze. Nur am Übergang Dassauweg gibt es noch ein unter Naturschutzgesichtspunkten eher unproblematisches Teilstück.

Sämtliche Eisenbahnbrücken müssten ergänzt bzw. verbreitert werden. Die schon bestehenden Straßenbrücken hingegen sind bereits für vier Gleise ausgelegt.

Startpunkt der neuen S-4-Trasse wäre der Bahnhof Hasselbrook. Er wird ein Umsteigebahnhof wie Wandsbek Gartenstadt: Am der S 4 gegenüberliegenden Gleis soll die S 1/S11 warten und die Fahrt via Landwehr, Berliner Tor und Hauptbahnhof nach Altona fortsetzen bzw. in umgekehrter Richtung stadtauswärts die Weiterfahrt via Ohlsdorf zum Airport oder nach Poppenbüttel ermöglichen. Allerdings wird es nur einen Bahnsteig geben.

Der Bahnübergang Hammer Straße verschwindet. Er wird durch eine Unterführung ersetzt. Der Claudiusstieg mündet dann nicht mehr in die Hammer Straße, sondern wird parallel zur Brücke/Unterführung nach Süden Richtung Trauns Allee geführt. Die Rantzaustraße wird in die dann abgesenkte Hammer Straße eingefädelt. Dafür gibt es schon einen Planfeststellungsbeschluss.

Der Bahnübergang Claudiusstraße verschwindet und wird durch eine Fußgängerunterführung ersetzt. Südlich der Bahntrasse entsteht ein befahrbarer Weg zur Straße Schlossgarten. Nördlich der Bahntrasse wird ein Wendehammer gebaut, der allerdings nur kleinen Lkw genug Platz böte. Fußgänger und Radler werden ebenfalls entlang der Bahntrasse zur Straße Schlossgarten geführt.

Der Bahnhof Claudiusstraße soll aus verkehrlicher Sicht das Erreichen des Wandsbeker Markts so bequem wie möglich machen. Dennoch haben die Planer drei Varianten vorgestellt, wovon nur zwei aus verkehrlicher Sicht gut wären. Die Westlage des Bahnhofs liefe im Wesentlichen parallel zum Claudiusstieg und würde den Bahnhof über die Unterführung Claudiusstraße erschließen. Die "H-Lage" (siehe Karte) würde den Bahnhof nach Osten verschieben. Die Fußgängerunterführung rückte dann 40 Meter nach Osten auf die Höhe der Garagen auf der südlichen Seite der Gleise. Die dritte Variante rückte den Bahnhof in Richtung Robert-Schuman-Brücke. Damit bliebe die Unterführung Claudiusstraße an der Stelle der heutigen Überführung, würde aber nicht bis zum Bahnhof führen. Wer in Bus oder U-Bahn umsteigen will, müsste dann von der Robert-Schuman-Brücke zum Wandsbeker Markt etwas weiter laufen. Diese Variante hätte aber den Vorteil, dass sie kaum in benachbarte Privatgrundstücke eingriffe.

Der Bahnübergang Schlossgarten verschwindet. Er ist mit seiner nur knapp einen Meter breiten Schranke allein für Fußgänger und Radler noch ein Kuriosum aus der Welt der Dampflokomotiven. Entsteht der Bahnhof in Westlage, wäre eine Fußgängerbrücke denkbar, für die es bereits einen Planfeststellungsbeschluss aus früheren Tagen gibt. Dieser alte Beschluss, der auch die Fußgänger-Unterführung Claudiusstraße umfasst, würde in die neue Planung integriert werden.

Der bisherige Bahnhof Wandsbek würde verschwinden, die vorhandene Unterführung für Fußgänger bliebe allerdings.

Der Bahnhof Bovestraße würde neu gebaut und über die neue Unterführung für Autos und Fußgänger an der Bovestraße erschlossen. Die Einmündung zur Straße Bahngärten müsste leicht abgesenkt werden. Eine Bushaltestelle vor und eine P+R-Anlage nördlich des Bahnhofs wären denkbar.

Die Straßenbrücke Holstenhofweg wird neu gebaut.

Der neue Bahnhof Holstenhofweg würde über die neue Straßenbrücke erschlossen. Auch für diesen Haltepunkt gibt es drei Varianten: die von der Holstenhofbrücke nach Osten zeigende Variante würde Stützwände zur Wohnbebauung nördlich der Gleise erfordern. Die Variante westlich der Holstenhofbrücke würde zwar die Wohnungen weniger beeinträchtigen, dafür aber in den Uglei-Teich eingreifen. Der Kompromiss wäre die Mittellösung, mit zwei Dritteln des Bahnsteigs östlich der Holstenhofbrücke und einem Drittel westlich von ihr.

Der Bahnübergang Jenfelder Straße verschwindet. Ein Tunnel soll ihn ersetzen. Die Planungen sind schon recht weit fortgeschritten, weil sie in anderem Zusammenhang vom Hamburger Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer vorgenommen wurden. Es gibt allerdings Überlegungen, den Bahnübergang aus Kostengründen ersatzlos zu schließen. Gründe sind die relativ geringe Frequentierung und der Motorsägenspezialist Dolmar, dessen Betriebsgelände nicht zerschnitten werden soll.

Am Bahnhof Tonndorf wird der Bahnsteig samt Dach angehoben. Denkbar wäre der Bau eines P+R-Parkhauses nordwestlich der Gleise an der Stein-Hardenberg-Straße. Südlich der Gleise rückte die Bahn der Häusergruppe an der Tonndorfer Hauptstraße sehr nahe. Im hinteren Teil der Grundstücke müssten eventuell Nebengebäude weichen.

Der Bahnübergang Am Pulverhof wird ersetzt. Drei Varianten werden erwogen: eine Unterführung mit gleichzeitiger Absenkung des Kreuzungsbereichs an der Bundesstraße 75, zweitens eine Unterführung ohne Absenkung der Bundesstraße 75, aber mit Anhebung der Bahntrasse, drittens eine Unterführung nur für Fußgänger und Radfahrer.

Der Bahnhof Pulverhof muss neu gebaut und über die neue Unterführung bzw. die neue Fußgängerbrücke angebunden werden. Eine P+R-Anlage an der B 75 wäre denkbar.

Der Bahnhof Rahlstedt wird umgebaut: Der bestehende Bahnsteig wird abgebrochen und durch einen neuen Mittelbahnsteig ersetzt. So wird der Gleiskörper schmaler. Dennoch müssen Rahlstedter Bahnhofstraße und Schrankenweg leicht Richtung Südosten verlegt werden. Die Personenunterführung samt Aufzügen am ZOB müsste verlängert, der ohnehin irreparabel durchfeuchtete Fußgängertunnel im Norden des Bahnhofs ersetzt werden.

Der Bahnübergang Nornenweg (kurz vor der Grenze zu Schleswig-Holstein, nordöstlich vom Dassauweg) weicht einer Anliegerbrücke oder verschwindet ersatzlos. Im letzteren Fall wären die beiden Häuser nordöstlich des Bahndamms über einen Feldweg anzubinden.