Studenten kritisieren das Kurs-Anmeldesystem STiNE als zu langsam und unausgereift. Hochschulleitung weist die Vorwürfe zurück.

Rotherbaum. Markus Pfosten studiert Jura an der Universität Hamburg - jedenfalls theoretisch. Denn bislang hat sich der 23-Jährige noch zu keinem Kurs für das kommende Semester anmelden können. Seit Montag läuft die Anmeldephase für das Wintersemester an der Universität Hamburg, und bereits am ersten Tag fiel das Studien-Informationsnetz STiNE aus. "Wegen Überlastung nicht verfügbar", sei auf den Seiten des Portals zu lesen gewesen, sagt Pfosten. Am Abend, als das System wieder funktionierte, habe der Ladevorgang jeder einzelnen Seite mehrere Minuten gedauert. Jedes halbe Jahr, pünktlich zum Semesterwechsel, sei das so, sagt der Jura-Student. Von der Uni habe er stets lediglich zu hören bekommen: "STiNE hat ein Problem", mit einem Verweis darauf, dass eine externe Firma mit der Entwicklung des Programms beauftragt wurde.

Auch Germanistik-Studentin Marie Coring kam jetzt nicht weiter als bis auf die Startseite des Portals. "Im vergangenen Semester konnte ich mich bis zum Ende der Anmeldephase gar nicht einloggen und musste dann in der zweiten Vergaberunde um einen Platz bangen", sagt die 19-Jährige. Sie macht sich vor allem Sorgen um die Sicherheit der Daten im System, die über Erfolg oder Misserfolg des Studiums entscheiden. "Wir vertrauen STiNE alle unsere studienbezogenen Daten an, da machen einen derartige Ausfälle schon nervös."

Im Wintersemester 2006/07 hat die Universität Hamburg mit STiNE als eine der ersten großen deutschen Hochschulen ein integratives Managementsystem eingeführt - die Startphase fiel in den laufenden Uni-Betrieb.

Mit dem onlinebasierten System verwaltet die Uni neben der Anmeldung zu Kursen viele weitere Aufgaben, von der Prüfungsanmeldung über die Raumkoordination bis hin zur Qualitätssicherung der Veranstaltungen. Seit der Einführung des Systems hatten die Studenten immer wieder von Problemen bei Anmeldungen bis hin zu Totalausfällen berichtet. Die Werbefigur des Portals, eine weibliche, blondhaarige Comicfigur, die mit dem Portal den Namen gemeinsam hat, wurde oft zur Zielscheibe des Spotts.

Die Leitung der Hochschule versteht die Aufregung der Studenten nicht. "Probleme im Zusammenhang mit der Anmeldung liegen nach derzeitiger Erkenntnis nicht vor", sagt Ulrike Prechtl-Fröhlich, Leiterin des Präsidialbereichs der Uni Hamburg. Zwar sei das System aufgrund der hohen Zugriffszahlen am ersten Tag der Anmeldephase spürbar langsamer gewesen, von Ausfällen wisse man jedoch nichts.

Auch in der Hamburger Softwarefirma Datenlotsen Informationssysteme, die das Programm CampusNet entwickelt hat, auf dem STiNE basiert, weiß man nichts von Systemausfällen. "Die Uni hat uns keine derartigen Vorfälle berichtet", sagt Sprecherin Jana Kruse.

Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die FAQ - die häufig gestellten Fragen zu STiNE. Dort heißt es zur Frage, ob automatisch diejenigen die Teilnahmeplätze erhalten, die sich zuerst anmelden: "Nein. Die Anmeldung kann während der gesamten Frist zu jedem beliebigen Zeitpunkt durchgeführt werden." Und weiter heißt es: "Die Teilnahmeplatzvergabe erfolgt nach nachvollziehbaren und vergleichbaren Kriterien. Bisherige Verfahren, wie etwa das First-come-first-serve-Prinzip, werden abgelöst."

Finn Holtz, der auf Sonderschullehramt studiert, hat sich mit dieser Situation arrangiert: "Ich warte lieber die Überlastung des Systems ab. Im Laufe der Woche probiere ich es dann noch einmal." Müssen es ihm die Studenten also gleichtun und sich lediglich in Geduld üben?

Nicht, wenn es nach dem Willen des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) geht: "Wir üben Kritik an den Kosten und der technischen Unzulänglichkeit. Immer wieder deckten vor allem Informatik-Studenten gravierende Sicherheitslücken auf. Gerade in der Anmeldephase, einem Hauptgrund für die Existenz einer solchen Software, gibt es jedes Mal Ausfälle und lange Ladezeiten. Nicht umsonst wird STiNE unter Informatikern auch als "Sieben Tage immer Network Error" bezeichnet, sagt AStA-Sprecher Moritz Krauß. Und AStA-Vorstandsmitglied Franziska Hildebrandt kritisiert, dass das System die Möglichkeiten bei der Kombination von Kursen einschränke: "STiNE darf nicht zu Gängelung und Unflexibilität führen."

Die Dauerprobleme mit STiNE sind nur ein Detail in der Reihe struktureller Probleme der Uni Hamburg. Uni-Präsident Dieter Lenzen sprach bereits Anfang des Jahres von einer "massiven Unterfinanzierung", mit der sich "keine Spitzenleistungen in der Forschung erzielen lässt". Auch STiNE wird ohne Investitionen in die Serverstruktur wohl weiterhin unter den Zugriffzahlen ächzen. In diesem Jahr haben sich 44 831 junge Menschen auf 5146 Plätze für Studienanfänger beworben - ein Rekord. Derzeit besuchen bereits rund 40 000 Studenten die Uni Hamburg.