Trotz Medienkrise und Abwanderung hat sich die Stimmung in der Hamburger Medienbranche aufgehellt. Unternehmen bestens gerüstet.

Hamburg. Zugegeben, die Zeiten waren schon mal besser, die Auflagen und Werbeumsätze höher, Spesen sowie Honorare üppiger. Und dennoch: Die Hamburger Journalisten lassen sich trotz Medienkrise das Feiern nicht vermiesen. Heute feiern sie beispielsweise zum neunten Mal auf dem Süllberg die Nacht der Medien, nachdem sie sich bereits Ende Januar im Hotel Atlantic auf dem Presseball vergnügten.

Nun sagt die Feierfreude einer Branche nur bedingt etwas über ihren Zustand aus. Aber wenn nicht alles täuscht, hat sich die Stimmung am Publizistik-Standort Hamburg in den letzten Monaten deutlich aufgehellt.

Das hat vor allem zwei Gründe: Der "Spiegel" hat mit der Fertigstellung seines neuen repräsentativen Verlagshauses auf der Ericusspitze ein Bekenntnis zur Medienstadt Hamburg abgelegt, das nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig lässt. Und mit Olaf Scholz hat die Stadt nun einen Bürgermeister, der die Belange der Medienbranche zur Chefsache gemacht hat. Auch dank seines Engagements wurde aus dem daniederliegenden Mediendialog ein kleiner, aber feiner Branchentreff. Der renommierte Zeitschriftenpreis Lead Awards, der bereits nach Berlin abzuwandern drohte, konnte gehalten werden. Und das ADC-Festival, die größte deutsche Werbe-Gala, findet in den nächsten drei Jahren an der Elbe statt.

Die Rahmenbedingungen stimmen. Und schaut man sich das Herzstück der Hamburger Medienbranche an, und das ist immer noch der Journalismus, steht die Stadt im bundesweiten Vergleich hervorragend da: Mit dem Verlag Gruner+Jahr, der womöglich kurz vor der Komplettübernahme durch den Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann steht, und Bauer Media haben zwei der drei größten deutschen Zeitschriftenhäuser ihren Sitz in Hamburg. Der Verlag Axel Springer ist mit zahlreichen Magazinen, dem Abendblatt sowie den Hamburg-Ausgaben von "Welt" und "Bild" nach wie vor prominent in der Stadt vertreten. Mit dem "Spiegel" hat das größte deutsche Nachrichtenmagazin ebenso seinen Sitz in Hamburg wie die größte deutsche Abo-Wochenzeitung ("Die Zeit") und die größte deutsche Illustrierte ("Stern"). Und mit der "Tagesschau" wird die wohl wichtigste journalistische deutsche TV-Sendung des Landes in Hamburg produziert.

+++ Bertelsmann will Gruner+Jahr komplett +++

Natürlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Stadt in den vergangenen Jahren einen kräftigen Aderlass verkraften musste. Die Abwanderungen der "Welt am Sonntag" (2001), der "Bild"-Zeitung und der "Bild am Sonntag (beide 2008) sowie zuletzt der Redaktion der Deutschen Presse-Agentur dpa (2010), die allesamt nach Berlin gingen, waren ein herber Verlust. Historisch betrachtet, haben sich aber durch die Umzüge in die Hauptstadt nur die Gewichte zurechtgerückt. Denn erst durch die deutsche Teilung wurde Hamburg zur führenden Medienstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten hier Männer wie Rudolf Augstein, Gerd Bucerius, Henri Nannen, John Jahr und Axel Springer die deutsche Presselandschaft neu auf. Und am Rothenbaum legte ein britischer Journalist namens Hugh Greene, Bruder des berühmten Romanciers Graham Greene, nach dem Vorbild der BBC das Fundament für den NWDR, den späteren NDR, der zur Blaupause für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland wurde.

Dass nach der Wiedervereinigung Berlin wieder aufholen würde, lag auf der Hand. Doch überholt hat die Hauptstadt Hamburg nur auf zwei Feldern: bei den Tageszeitungen und bei den Nachrichtenagenturen. In puncto Zeitschriften spielt Berlin nach wie vor nur die zweite Geige. Und der vergleichsweise kleine Berliner Sender RBB ist, was seine publizistischen Möglichkeiten angeht, dem großen NDR deutlich unterlegen. Etwas Vergleichbares zu der beim NDR angesiedelten Abteilung ARD aktuell, die für "Tagesschau" und "Tagesthemen" verantwortlich ist, hat er nicht zu bieten.

Wichtiger als jede Momentaufnahme ist aber die Zukunftsfähigkeit eines Medienstandorts. Zeitungen und Zeitschriften, aber auch Sender müssen künftig auf allen Medienkanälen präsent sein. Von den drei überregionalen Medienmarken, die schon heute den Anforderungen der neuen Medienwelt besonders gut gerecht werden, kommt nur "Bild" aus Berlin. Das Boulevardblatt ist mit Bild.de, wo ab 2013 auch bewegte Bilder von der Fußball-Bundesliga zu sehen sind, bestens aufgestellt.

Der "Spiegel" hingegen, der mit seinem gedruckten Nachrichtenmagazin, mit Spiegel Online und mit Spiegel TV hervorragend für die Zukunft gerüstet ist, ist ebenso ein Kind Hamburgs wie die "Tagesschau". Sie hat mit Tagesschau24 mittlerweile ihren eigenen Digitalkanal und ist online und mobil - dank ihrer nicht unumstrittenen, weil kostenlosen App - eine Macht.

Der Medienstandort Hamburg ist eben immer noch ein ganz besonderer. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.