Hightech-Etiketten finden sich auf immer mehr Produkten des Klebebandherstellers. Anbieter teurer Weine zählen auch zu den Kunden.

Hamburg. Der Hamburger Klebebandhersteller Tesa bremst kriminelle Banden aus, die Produkte fälschen. Die Unternehmenstochter Tesa Scribos hat ein Etikett samt darauf gedrucktem Code entwickelt, mit dem auch Laien erkennen können, ob zum Beispiel die Hautcreme, die sie kaufen wollen, echt ist. Mit der weltweiten Zunahme von Produktfälschungen nehmen inzwischen Unternehmen aus der ganzen Welt das Know-how der Tochter des Hamburger Nivea-Herstellers Beiersdorf in Anspruch.

+++Tesa produziert jetzt auch Medizinpflaster+++

Zu den jüngsten Kunden zählt der größte Exporteur von Bordeaux-Weinen nach China sowie die französische Winzervereinigung Cercle Rive Droite de Grands Vins de Bordeaux. Dieser Verband schützt vor allem seine gehobenen Weine mit den Etiketten. Besonders auf dem asiatischen Markt ist dies offenbar wichtig. "Weltweit sind rund fünf Prozent aller Weine gefälscht", sagt Volker Hahn, Marketingchef von Tesa Scribos. "Aber in China liegt die Quote laut Expertenschätzungen bei mehr als 50 Prozent, bei wenigen Sorten sogar bei mehr als 90 Prozent." Möglicherweise ist auch der gute Tropfen Chateau Lafite Rothschild betroffen. Das Weingut produzierte 2011 nur 200 000 Flaschen seines Rebensaftes, der mit Preisen von mehr als 1000 Euro pro Flasche als Luxusprodukt unter allen Lafite-Raritäten gilt. Laut Medienberichten wurden 2011 allerdings 600 000 Flaschen des Weins allein in China gehandelt. Der Imageschaden, wenn Liebhaber nicht den echten Rebensaft erwerben, sondern eine minderwertige Kopie, ist für den Produzenten immens.

Künftig können vor allem in Asien mit seiner im Jahr 2011 um 21,5 Prozent gewachsenen Nachfrage nach Wein die Kunden sofort im Laden überprüfen, ob sie eine Originalflasche kaufen oder eine Kopie. Die echte Flasche ist mit dem selbstklebenden und fälschungssicheren Polymer-Etikett Priospot versehen. Darauf ist ein Code gedruckt, den der Kunde mit seinem Smartphone über eine App an das Servicecenter von Tesa Connect&check senden kann. Das Etikett wird dort überprüft. Der Kunde weiß somit noch im Laden, ob es sich um Original oder Fälschung handelt. "Das Problem mit den Fälschungen ist uns bekannt", sagt auch Ernst Büscher, Sprecher vom deutschen Weininstitut. Allerdings seien inländische Tropfen kaum betroffen, da die deutschen Weine nicht so hochpreisig sind.

Während schlechter Wein höchstens den Geschmack beleidigt oder für Magenverstimmungen sorgt, können nachgemachte Ersatzteile sogar zu tödlichen Unfällen führen. Der europäische Dachverband der Automobil-Zuliefere CLEPA schätzt, dass gefälschte Autoteile die Zulieferer jedes Jahr zwischen fünf und zehn Milliarden Euro kosten. Zwar bedeuten Kopien für die Automobilzulieferer einen hohen Umsatzverlust, für die Autofahrer aber entsteht durch unsichere Produkte ein erhebliches Sicherheitsrisiko.

Mit der Zunahme von Fälschungen ihrer Produkte sind Autozulieferer neben der Elektronikindustrie inzwischen zu den größten Kunden der Tesa-Tochter geworden. Insgesamt nutzen weltweit laut Hahn bereits mehr als 500 Unternehmen die Sicherheitstechnik der Firma mit Sitz in Hamburg und Heidelberg. Darunter befinden sich namhafte Unternehmen wie der Reifenhersteller Continental und auch die Autozulieferer Kolbenschmidt, Pierburg und der Hersteller TRW Engine Components mit seinem Brems- und Lenkungssystemen sowie der dänische Technikkonzern Danfoss.

Aber auch Modeproduzenten wie etwa der Handtaschenhersteller George Gina & Lucy und die hochpreisige Marke Hine Whiskey setzen inzwischen auf die Priospots. Der Kopfhörerproduzent Sennheiser wie auch Pharmafirmen, die Logistikindustrie sowie Agrar- und Lebensmittelkonzerne gehören ebenfalls zu den Kunden. "Wir kennzeichnen zum Beispiel Dünger, der nach Russland exportiert wird, aber auch türkischen Honig", beschreibt Hahn das breite Kundenportfolio.

Tesa Scribos wurde vor zehn Jahren in Heidelberg gegründet, um die Etiketten, die auf einem Patent basieren, marktreif zu machen. "Damals hatten wir mit der Tesa-Mutter Beiersdorf nur einen Kunden", sagt Hahn. Der Nivea-Hersteller nutzte die neue Technik in Russland, um seine Produkte von den damals zahlreichen Fälschungen abzugrenzen. Bald traten weitere Kunden an das inzwischen rund 100 Mitarbeiter starke Unternehmen heran. Auch sie hatten massive Probleme mit Fälschern. "Wir sind die ganzen Jahre immer im zweistelligen Prozentbereich gewachsen", sagt Hahn, der allerdings keine konkreten Umsatzzahlen nennen will. Das widerspreche der Firmenpolitik, sagt der Manager. Nur eines verrät Hahn dann doch: "Selbst die weltweite Finanzmarktkrise in den vergangenen Jahren konnte unser Wachstumstempo nicht stoppen."