Kontrollgremium verlängert mit Kay Hafner nur bis Mitte November. Im Hintergrund tobt ein Machtkampf um Sanierung der Baumarktkette.

Hamburg. Der Aufsichtsrat nahm sich viel Zeit. Bis in den späten Montagabend hinein ließen die Kontrolleure den Chef der angeschlagenen Baumarktkette Praktiker warten, bis sie sich doch noch zu einer Verlängerung des Vertrags von Kay Hafner durchrangen. Viel länger hätten die 16 Räte kaum tagen können, denn sonst hätte die hoch defizitäre Kette ohne einen Vorstandsvorsitzenden dagestanden.

Eine entschiedene Vertrauensbekundung sieht sicher anders aus. Gerade einmal für weitere drei Monate wird der 55 Jahre alte Interimschef zunächst die Geschicke des Unternehmens leiten, das im Rahmen der Sanierung derzeit vom saarländischen Kirkel nach Hamburg umzieht, wo auch die Tochter Max Bahr ihren Sitz hat.

Mit der Verlängerung sei gewährleistet, dass die "Weichenstellungen des Restrukturierungsprogramms in der derzeitigen Zusammensetzung des Vorstands vorangetrieben werden können", teilte der Aufsichtsratsvorsitzende Kersten von Schenck in einer dürren Verlautbarung mit. Es herrsche Einigkeit mit Vorstandschef Hafner, "dass über eine langfristige Besetzung der Position des Vorstandsvorsitzenden erst mit dem erfolgreichen Abschluss der laufenden Finanzierungsverhandlungen" entschieden werde.

Genau um diese Verhandlungen tobt unter den Anteilseignern aber ein erbitterter Streit. Kern der Auseinandersetzung ist ein Sanierungsdarlehen, das Hafner derzeit mit dem US-Investor Anchorage verhandelt. Damit soll Praktiker 85 Millionen Euro zu einem Zinssatz von rund 17 Prozent bekommen. Als Pfand sollen die Amerikaner die Tochter Max Bahr erhalten.

Dagegen hatte sich die österreichische Fondsmanagerin Isabella de Krassny am Wochenende öffentlich gewehrt. "Der Kredit wird unter Knebelbedingungen gewährt", sagte de Krassny, die für die österreichische Privatbank Semper Constantia und den zyprischen Fonds Maseltov insgesamt 15 Prozent der Praktiker-Anteile repräsentiert. "Damit versperrt sich Praktiker ohne Not den Zugang zu anderen Investoren." Die streitbare Österreicherin verlangt eine neue Hauptversammlung, auf der sie ein alternatives Finanzierungskonzept zur Abstimmung stellen möchte, das sie mit dem Investor Clemens Vedder erstellt hat.

Neben dem Streit um die richtige Finanzierung passt den Großaktionären aber auch die Person Hafners nicht. De Krassny hat bereits mehrfach den ehemaligen Obi-Manager Andreas Sandmann als seinen Nachfolger ins Gespräch gebracht. "Er hat Obi seinerzeit in nur einem Jahr saniert, und das traue ich ihm auch bei Praktiker zu", lobte sie Sandmann am Wochenende.

+++ Praktiker-Aktionärin warnt vor Ruin durch "Knebelbedingungen" +++

Dagegen traut de Krassny Hafner so gut wie gar nichts zu. Branchenkenner verweisen darauf, dass der jetzige Praktiker-Chef in der Vergangenheit nicht gerade erfolgreich agierte. Der Vater von drei Kindern arbeitete nach seinem BWL-Studium unter anderem für Melitta und Lekkerland, bevor er 2001 bei dem US-Konzern Wal-Mart als Deutschland-Chef anheuerte. Die weltgrößte Supermarktkette hatte sich vorgenommen, die Bundesrepublik zu erobern, kapitulierte aber vor der harten Konkurrenz von Aldi und Co. und zog sich 2006 zurück. Hafner wechselte als Chef zu den Hertie-Warenhäusern, die nur zwei Jahre später pleitegingen. Danach machte er sich als Berater mit den Schwerpunkten Sanierung und Interimsmanagement selbstständig.

Auch bei Praktiker ist Hafners Rolle umstritten. Als langjähriges Aufsichtsratsmitglied trug er zunächst die ruinöse Rabattstrategie des ehemaligen Vorstandschefs Wolfgang Werner mit. Die "20 Prozent auf alles"-Aktionen brachten zwar Umsätze, erzogen die Kunden aber auch dazu, nur noch reduzierte Ware einzukaufen. Im Mai dieses Jahres löste Hafner dann den Sanierungsexperten Thomas Fox an der Spitze der Kette ab, der die Praktiker-Märkte mit hohen Investitionen wieder auf Vordermann bringen wollte, aber nicht genügend Unterstützer für seine teure Strategie fand.

Hafner vertritt nun ein reduziertes, aber immer noch 235 Millionen Euro schweres Rettungsprogramm, das vor allem die Umstellung von rund 120 Praktiker-Märkten auf das Konzept der erfolgreichen Tochter Max Bahr vorsieht. Die jüngsten Umsatzzuwächse der Hamburger, die als einzige Gewinnbringer im Konzern gelten, sprechen zwar für diese Strategie, die aufwendige Umflaggung der Märkte hat aber gerade erst begonnen. Nur wenn sie möglichst bald greift, dürfte Hafner eine langfristige Zukunft als Vorstandschef von Praktiker haben.