Die Branche der erneuerbaren Energien im Norden fürchtet einen Fachkräftemangel. Mehr Aus- und Fortbildung soll dem Trend entgegenwirken.

Hamburg. Die Metropolregion Hamburg hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Zentrum der erneuerbaren Energien in Deutschland entwickelt. Vor allem Unternehmen aus der Windkraftindustrie bauten in und um die Hansestadt ihr Geschäft auf und aus, aber auch Anbieter von Fotovoltaik- und Biomassekraftwerken. Angesichts des starken Wachstums droht nun offenbar ein Mangel an Fachkräften. "Unsere aktuelle Studie macht deutlich, dass die Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien händeringend nach Fachkräften suchen", sagte gestern in der Wirtschaftsbehörde Jan Rispens, Geschäftsführer des Netzwerks (Cluster) Erneuerbare Energien Hamburg (EEHH).

Die Organisation hatte bei zwei Fachinstituten eine Analyse über den Arbeitsmarkt für erneuerbare Energien in Auftrag gegeben. "Viele der von uns befragten Unternehmen befürchten, dass die bislang gute Situation bei der Anwerbung von Personal so nicht bleiben wird", sagte Ernst Andreas Hartmann vom Institut VDI/VDE Innovation + Technik. "Engpässe bei Fachkräften dürften in der Metropolregion vor allem durch den Aufbau von Offshore-Windparks entstehen."

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Deutschlandweit werden dem Wirtschaftszweig der erneuerbaren Energien aktuell rund 372 000 Arbeitsplätze zugerechnet, bis zum Jahr 2030 könnten es bis zu 600 000 werden. Nach einer Erhebung im Frühjahr nannte das Netzwerk EEHH für die Metropolregion Hamburg die Zahl von rund 25 000 Arbeitsplätzen in der Branche, davon rund 10 000 in Hamburg. Bis zum Jahr 2015 könne diese Zahl um rund 40 Prozent ansteigen, sagte Rispens: "Und das ist noch eine eher konservative Schätzung. Denn die Zeit drängt: Wenn Deutschland, wie von der Bundesregierung geplant, bis zum Jahr 2020 rund 35 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen soll, wächst auch der Bedarf an Fachkräften deutlich." Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland rund 20 Prozent.

Die Autoren der Studie schlagen vor, die Aus- und Fortbildung für die berufliche Qualifikation in der Branche der erneuerbaren Energien deutlich auszuweiten und zu verbessern. "Eine duale Ausbildung aus Lehre und Berufsschule etwa gibt es für diesen Wirtschaftszweig bislang nicht", sagte Hartmann. Auch könne es Sinn machen, den Hochschulabschluss des Bachelors speziell für die Windkraftbranche einzuführen, wenn der Bedarf an Technikern im Norden weiter steige, etwa nach dem Aufbau von Offshore-Windparks. "In der Metropolregion werden vor allem Techniker und Servicepersonal gesucht", so Hartmann. "Bei den Unternehmen in Hamburg, bei denen es vorrangig um die Projektierung und Entwicklung von Geschäften und Technologien geht, sind eher Studenten mit Masterabschlüssen gefragt."

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Die Stadt wolle noch intensiver mit den Stärken und der Attraktivität des Standorts werben, sagte Bernd Egert, Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde. Ein Vorbild dafür sei die Vernetzung von Instituten und Unternehmen in der Luftfahrtbranche, die Hamburg in den vergangenen Jahren gezielt vorangetrieben habe: "Wir wollen personelle Engpässe am regionalen Markt für erneuerbare Energien erst gar nicht entstehen lassen", sagte Egert. "Bei jungen Menschen ist diese Branche sehr beliebt. Jetzt geht es darum, bedarfsgerechte Angebote für die Ausbildung und Fortbildung zu schaffen. Gerade bei der beruflichen Fortbildung wäre das auch eine Chance für die Hochschulen in Hamburg, sich eine zusätzliche Einkommensquelle zu erschließen."

Hamburg ist mittlerweile einer der wichtigsten Standorte für die Windkraftindustrie in Deutschland und ganz Europa. Der Siemens-Konzern verlegte seine Zentrale für das weltweite Windkraftgeschäft in die Hansestadt, auch den Bau komplexer Umspannwerke für Windparks auf See lässt Siemens von Hamburg aus steuern. Die Windturbinenhersteller Repower Systems und Nordex haben ihren Hauptsitz in der Stadt. Andere Unternehmen wie der weltweit führende Offshore-Windparkentwickler Dong aus Dänemark oder Vestas, weltgrößter Hersteller von Windturbinen, unterhalten in Hamburg Repräsentanzen. Der US-Konzern General Electric ist mit einem Forschungszentrum vertreten.

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Die Stadt wiederum unterstützt das Wachstum der Branche unter anderem mit akademischen Angeboten, etwa dem Aufbau des Technologiezentrums Energie-Campus Hamburg unter Federführung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW).