Gegen den Willen der Bürger wollen der Kreis Segeberg und das Land Schleswig-Holstein keine neuen Windkraftanlagen durchsetzen.

Kreis Segeberg. Wer mit dem Auto durch die Kreise Dithmarschen und Steinburg fährt, hat Mühe, Durchblick in die freie Landschaft zu bekommen: Überall stehen Windkraftanlagen. Im Kreis Segeberg sind hingegen nur vereinzelte Windkrafträder zu sehen - und daran ändert sich in absehbarer Zeit nur wenig. Das Land Schleswig-Holstein hält sich zurück, wenn es um die Ausweisung von Eignungsflächen geht. Die Hälfte aller Flächenvorschläge aus dem Kreis Segeberg wurde abgelehnt. Trotzdem verdreifacht sich die Anzahl der Eignungsflächen und erreicht damit 0,8 Prozent der Gesamtfläche des Kreisgebietes.

Windkraftanlagen bleiben ein beliebtes Diskussionsthema. Vor allem für diejenigen, in deren Nähe es diese Windmühlen noch nicht gibt, wohl aber eines Tages geben könnte. So hatte es zu Beginn des Jahres in einigen Gemeinden des Kreises Segeberg Bürgerentscheide gegeben, die eindeutige Ergebnisse brachten: Die Bewohner der Orte sprachen sich mehrheitlich gegen Anlagen in der Umgebung aus, weil sie Lärm und optische Störungen befürchteten. Gegen den Willen der Bürger aber wollen der Kreis Segeberg und das Land Schleswig-Holstein keine Windkraftanlagen durchsetzen.

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Von den zehn verbleibenden Flächenvorschlägen des Kreises Segeberg hat die Landesplanung schließlich fünf Vorschläge als zusätzliche Eignungsflächen übernommen. Das sind Flächen in Wiemersdorf/Großenaspe, in Mönkloh, Alveslohe, im Bereich Damsdorf/Schmalensee/Stocksee und in Groß Niendorf. Andere Vorschläge wurden aus Gründen abgelehnt, die von der Planungsbehörde des Kreises nachvollzogen werden können. In Hartenholm, Todesfelde, Borstel, Hitzhusen und Armstedt/Fuhlendorf wird es die angestrebten Anlagen nicht geben, weil ökologische Gründe dagegen sprechen oder die Flächengröße nicht ausreicht.

"Die Begründungen der Nichtübernahme der vorgenannten Flächen sind fachlich nachvollziehbar", heißt es in einer Stellungnahme der Kreisverwaltung, die derzeit den Kreispolitikern als Diskussionspapier und Entscheidungsvorlage dient. Gestern hat sich der Kreishauptausschuss mit dem Thema beschäftigt. Egal, was die Politiker von der Vorgabe der schleswig-holsteinischen Landesplanung halten - ändern können sie daran nichts mehr. Ihnen bleibt nur die zähneknirschende Kenntnisnahme.

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Der Regionalplan hat allerdings keinen Bestand für die Ewigkeit. Vieles kann sich ändern. Der Plan gilt zwar für die nächsten zehn bis 15 Jahre, aber er wird nach einer gewissen Frist fortgeschrieben. Um nach etwa fünf bis acht Jahren eine erneute Ausweisung von Eignungsflächen auf ihren jeweiligen Gemeindegebieten zu verhindern, müssten neue Bürgerentscheide angestrebt werden. Bindend sind die aktuellen Bürgerentscheide zunächst für zwei Jahre. Da es überall handfeste wirtschaftlich Interessen für den Bau von Windrädern gibt, dürfte auch künftig hart diskutiert werden.

Im Kreis Segeberg gibt es jetzt elf Eignungsflächen mit einer Gesamtfläche von rund 1100 Hektar. Bestehende Windkraftanlagen gibt es auf einer Gesamtfläche von 331 Hektar. Die Kreisplanung und die Kreispolitiker hatten eigentlich ganz andere Zahlen im Kopf: Auf rund 2400 Hektar landwirtschaftlicher Fläche sollten Windräder aufgestellt werden.

Bisher gibt es fünf Windparks im Kreisgebiet. Mit den Windparks dithmarscher Ausmaße sind sie allerdings nicht zu vergleichen. Die fünf Parks haben insgesamt 34 Anlagen; außerdem gibt es eine Einzelanlage.

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In Norderstedt gibt es keine Anlage: Die Siedlungsdichte ist in der fünftgrößten Stadt des Landes zu groß, außerdem ist der Flughafen ein Ausschlusskriterium. In Henstedt-Ulzburg gibt es auch keine Windkrafträder - und es wird sie auch in absehbarer Zukunft nicht geben. Nach Ansicht der Landesplanung bläst der Wind im und außerhalb des Ortes nicht heftig genug.

Die größte zusammenhängende Fläche sollte übrigens in Todesfelde ausgewiesen werden: 224 Hektar hatte der Kreis Segeberg bei der Landesplanung als Eignungsfläche eingereicht, genehmigt hat das Land Schleswig-Holstein keinen einzigen davon. Die Begründung: Die vorgesehenen Wiesen sind als artenschutzrechtliche Ausgleichsflächen für die in diesem Bereich noch zu bauende Autobahn 20 vorgesehen. Windkraftanlagen würden stören.

Dieser Ablehnungsgrund gilt auch für Eignungsflächen in Hartenholm/Hasenmoor und Borstel.