Der Flugzeugbauer erwartet 2010 rund 300 Neubestellungen, darunter allein 20 Riesenjets A380. Interview mit Airbus-Chef Thomas Enders.

Hamburg. Großer Tag für Airbus. Mit der Lufthansa hat gestern die zweite europäische Fluggesellschaft nach Air France einen Riesen-Airbus A380 übernommen. Das Abendblatt sprach mit Airbus-Chef Thomas Enders über die Chancen des Jets, neue Jobs beim Flugzeughersteller und über seine Einschätzung der Aschewolke.

Hamburger Abendblatt:

Herr Enders, sind Sie als Airbus-Chef vor einer Flugzeugauslieferung noch aufgeregt?

Thomas Enders:

Jedes Mal. Jede Auslieferung, jeder Kunde, jede Zeremonie ist anders. Und es besteht jedes Mal die Gelegenheit zu sehen, wie viele Mitarbeiter und Partner an einem Projekt mitwirken und wie viel Herzblut sie hineinstecken. Bei der A380 ist für mich deutlich: Nach schwierigen Jahren wird die Stimmung bei Airbus wieder klar besser. Nichts ist wichtiger als die Motivation unserer Mitarbeiter.

Die Lufthansa-Maschine ist der 28. Airbus A380, der ausgeliefert wird. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz bei den verkauften Maschinen aus?

Klar positiv. Denn entscheidend ist, wie sich die Flugzeuge im Einsatz bewähren, ob die Passagiere sie akzeptieren, und ob unsere technischen und wirtschaftlichen Zusagen erfüllt werden. Und das fällt alles sehr positiv aus. Vor allem beim Kerosinverbrauch übertrifft die A380 unsere Angaben noch und ist dazu extrem leise - ein Quantensprung. Die Passagiere drängeln sich, um mit der A380 zu fliegen. Wichtig ist auch: Die Fluggesellschaften verdienen gutes Geld mit der A380.

Sind die Probleme wie anfangs bei der Kabelverlegung endgültig Geschichte?

Wir sind eindeutig auf dem Aufstieg aus dem Tal der Tränen. Nur zwei Beispiele: Für Nacharbeiten an der A380 waren 2009 rund 75 Prozent weniger Stunden nötig als 2008, und statt der mehr als 2000 deutschen Mitarbeiter, die zusätzlich in Toulouse notwendig waren, sind jetzt noch 700 dort. Wir kommen immer mehr in Schwung. Vor drei Jahren gab es im Unternehmen noch den bösen Spruch: Willst Du Karriere machen oder bei der A380 mitarbeiten? Über dieses Stadium sind wir weit hinaus.

Ist für ein Flugzeug wie die A380 überhaupt eine Serienfertigung möglich und wann könnte sie realisiert werden?

Bei der Fülle der individuellen Ausstattungswünsche unserer Kunden ist eine echte Serienfertigung nicht zu erwarten. Aber in diesem Jahr sollen auf jeden Fall 20 A380 fertig werden und 2011 noch einige mehr. Ziel ist es, vom Sommer an zwei Maschinen pro Monat fertigzustellen. Damit sind dann 20 Maschinen für 2010 möglich.

Verkauft sind bisher 202 Riesen-Airbus-Jets. Erst mit 420 Maschinen soll, alle Kosten eingerechnet, die Gewinnschwelle erreicht werden. Wie schnell wird der Riesenjet schwarze Zahlen einfliegen?

Entscheidend ist, dass wir bald mit jedem neuen Flugzeug einen operativen Ertrag erzielen. Bis dahin werden zwar noch einige Jahre vergehen. Aber der Bau der A380 ist auf 40 bis 50 Jahre angelegt. Ich zweifle nicht an der Ertragsfähigkeit des Jets, es braucht aber seine Zeit.

Ist derzeit schon ein Ende der Luftfahrtkrise absehbar?

Zum einen erleben wir gerade dramatische Tage im Euro-Raum, zum anderen stehen die Signale im Luftverkehr auf Grün. Es gibt wieder mehr Passagiere, und es wird mehr Fracht verladen. Das sind gute Gründe, verhalten optimistisch zu sein, zumal die Krise in China kaum stattgefunden hat. Airbus hat zudem 2009 knapp 500 Flugzeuge ausgeliefert, mehr als 2008. Dieses Jahr wollen wir nochmals so viele Maschinen schaffen. Keiner der Experten hat das für möglich gehalten.

Wie sicher sind die Jobs?

Beim Bau der A380 wird jetzt die Zahl der Leiharbeiter reduziert. Das zeigt aber nur, dass die Fertigung effizienter wird. Zum Teil werden wir solche Mitarbeiter übernehmen. Insgesamt wollen wir in diesem Jahr 1700 neue Mitarbeiter einstellen, davon rund 800 in Deutschland. Die meisten davon dürften in Hamburg gebraucht werden.

Wie viele Bestellungen von Airbus-Jets sind 2010 möglich? Wie viele erwarten Sie für den Airbus A380?

2010 wird sicher noch einmal ein schwieriges Jahr. Wir rechnen aber dennoch mit rund 300 Bestellungen wie 2009. Mehr als 20 davon dürften A380 sein. Unser Auftragsbestand von über 3400 Flugzeugen reicht zudem für mehrere Jahre. Er hat es uns ermöglicht, gut durch die Krise zu kommen. Nach Auftragsverschiebungen konnten andere Kunden vorgezogen werden.

Bereitet Ihnen die Euro-Schwäche Sorgen, oder profitiert Airbus davon?

Ein stärkerer Dollar hilft sicher, weil beim Verkauf von Flugzeugen mehr Euro erlöst werden. Aber die Gewinnsituation ändert sich nicht von heute auf morgen, weil wir jedes Jahr die Einnahmen in Dollar auf einem bestimmten Kurs langfristig absichern. Das ist für 2010 und 2011 bereits fixiert. Danach könnte bei einem weiter starken Dollar die Absicherung Schritt für Schritt günstiger werden und damit unsere Erträge stärken. Als Faustregel gilt: Zehn Cent Kursveränderung zwischen Dollar und Euro machen eine Milliarde Dollar aus. Wenn der Dollar steigt ist das Gewinn, wenn der Euro steigt Verlust. Dagegen stehen aber immer die Kosten für sichere Wechselkurse.

War das Flugverbot infolge der Aschewolke des isländischen Vulkans überzogen? Ist für solche Fälle eine einheitliche europäische Regelung nötig?

Wir haben selbst eine Reihe von Testflügen gestartet und dabei nichts gesehen und auch an unseren Triebwerken nichts bemerken können. Die theoretischen Computermodelle, auf deren Daten die Sperrungen beruhten, werden der Realität jedenfalls nicht gerecht. Mir scheint, dass es an einem normalen Tag über Kairo mehr Staub und Sand in der Luft gibt als bei der Wolke über dem Vulkan. Wir brauchen also dringend eine pragmatische Lösung für den europäischen Luftraum.

Welche Neuheiten wird Airbus bei der ILA in Berlin präsentieren?

Erstmals wollen wir den Militärtransporter A400M öffentlich vorstellen und wir rechnen zudem damit, dass ein oder zwei Kunden mit ihren A380 zur Luftfahrtausstellung kommen. Bisher haben wir bei solchen Gelegenheiten immer nur Werksflieger zeigen können.