“Eine Schule für alle“ steht auf dem Schild, das Wiebke Nowack (17) jetzt schon seit Stunden vor sich herträgt. “Es ist doch klar, dass die Schule, so wie sie jetzt ist, nicht richtig sein kann“, schreit sie gegen die Lautsprecher an.

"Schon Realschüler haben kaum Chancen auf einen vernünftigen Job und viele Schüler mit Migrationshintergrund machen gar keinen Abschluss." Deshalb war es für die Elfklässlerin vom Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Poppenbüttel von Anfang an klar, dass sie bei der Bildungsdemo dabei sein wollte. "Es ist toll, dass wir so viele sind. Das hat Signalwirkung."

Pünktlich um acht Uhr hatte sich die Schülervertreterin am Morgen mit den anderen in der Schule getroffen. Sie hatten Plakate gemalt, waren dann gemeinsam mit 80 Schülern aufgebrochen. "Viele Lehrer akzeptieren das und rechnen keine Fehlstunden an", sagt sie. "Aber nicht alle können es sich leisten, Unterricht zu versäumen. Der Leistungsdruck ist schon ziemlich heftig", sagt Wiebke, die zum ersten Jahrgang mit zwölfjährigem Abitur gehört. Auch sie hat 32 Wochenstunden. "An drei Tagen bin ich erst um vier Uhr nachmittags zu Hause." Trotzdem ist sie, anders als andere Demonstranten, für das verkürzte Abitur. "Aber ich bin auch sehr gut in der Schule", sagt sie und erzählt fast entschuldigend von Hobbys und dem Bäckerei-Job.

Auch wenn es bei ihr gut läuft, hat sie jede Menge Kritikpunkte am Bildungssystem. "Wir haben ganz konkrete Forderungen, wie mehr Mitbestimmung für Schüler oder auch jahrgangs- und fächerübergreifendes Lernen", sagt Wiebke, die Englisch und Kunst als Leistungskurse belegt hat und zum Doppelabi-Jahrgang gehört. "Die Kurse sind teilweise total überfüllt", klagt sie und erzählt von der Angst, nach dem Abitur vielleicht keinen Studienplatz zu bekommen.

Inzwischen ist der Protestmarsch in die Mönckebergstraße eingebogen. Wiebke guckt suchend über die bunte Menschenmenge und die vielen Protestbanner. Gerade skandieren sie: "Bildung für alle, und zwar umsonst." Ein Lächeln gleitet über ihr Gesicht, fast ein bisschen stolz: "Es stimmt schon, dass die Forderungen sehr allgemein sind", sagt sie. "Aber die Idee der Demo war, dass alle Gruppen ihre Vorstellungen unter dem großen Dach formulieren." Und letztlich gehe es doch immer um die gleiche Kritik. "Geld für Projekte wie die Elbphilharmonie ist da, aber für Bildung nicht."