So selbstzufrieden sah man Hamburgs Senatoren selten. Als sie am 5. Mai die Ausweitung der Betreuung für Schulkinder und das kostenfreie Kindergartenjahr feierten, mussten Superlative her.

Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) rühmte den "historischen Durchbruch", Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL) lobte die "historische Chance". Nicht einmal zwei Wochen später deutet sich an: Historisch ist nur die Verwirrung. Nun kommt heraus, dass längst nicht alle Familien in den Genuss der mutigen Reform kommen. Die sogenannten rund 1000 "Kann-Kinder" eines jeden Jahrgangs, also Kinder, die nach dem 30. Juni eines Jahres geboren werden und schon mit fünf Jahren eingeschult werden sollen, bleiben außen vor. Deren Eltern müssen weiter bis zu 2300 Euro für das letzte Kindergartenjahr bezahlen.

Offiziell rechtfertigt sich die verantwortliche Sozialbehörde damit, man wolle aufwendige Rückforderungen verhindern, sollten Kinder das "letzte" Kindergartenjahr wiederholen. Doch es wird nicht lange dauern, bis andere Theorien die Runde machen. Geht es vielleicht darum, bei dem 10-Millionen-Euro-Programm bis zu 400 000 Euro einzusparen? Sollen mit dem finanziellen Anreiz Eltern von Kann-Kindern geködert werden, von beitragspflichtigen (privaten) Kindergärten in die meist staatlichen Vorschulen zu wechseln? Oder soll gar der Anteil der Fünfjährigen in den Schulen durch die skurrile Strafgebühr reduziert werden?

Christa Goetsch betont immer wieder zu Recht, dass sie starre Stichtage für überkommen hält und eine frühe Förderung den Grundstein für eine erfolgreiche Schullaufbahn legt. Nun liegt es am schwarz-grünen Senat, die Ungleichbehandlung per Gesetz schnell auf dem Müllhaufen der Geschichte zu entsorgen - damit das kostenfreie Kindergartenjahr wirklich den Titel "historisch" verdient.