Umsonst ist die Betreuung nur für Kinder, die im Jahr darauf eingeschult werden müssen. Eltern sogenannter “Kann-Kinder“ müssen zahlen.

Eigentlich schien alles klar und eindeutig: Das letzte Kita-Jahr und Vorschule werden ab September 2009 beitragsfrei. So hatte es Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) in der vergangenen Woche gemeinsam mit Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) verkündet. Jetzt stellt sich heraus, ganz so eindeutig, wie es bisher angeklungen war, ist die Regelung nicht. Denn: Ein Teil der Kinder, die sogenannten Kann-Kinder, die also nach dem 30. Juni des dann folgenden Jahres sechs Jahre alt werden, sind von der Beitragsbefreiung in der Kita ausgenommen. Das wurde bei der Sitzung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses der Bürgerschaft deutlich, wo die entsprechende Gesetzesvorlage debattiert wurde.

Diese "Ungleichbehandlung" der Kinder sorgt bei der Opposition für Entrüstung. Die Ausschussvorsitzende Carola Veit (SPD) spricht von einer "Täuschung der Öffentlichkeit", weil diese Einschränkung "so nicht öffentlich kommuniziert" worden sei. Auch in der SPD-Fraktion sei diese Tatsache bis zur Ausschusssitzung nicht bekannt gewesen. "Es trifft in erster Linie die Eltern von Sommerkindern, die im Juli, August und September geboren wurden. Die meisten dieser Kinder werden ja trotzdem im August eingeschult", so Veit. Eltern würden dafür bestraft, dass ihre Kinder nicht früher auf die Welt gekommen sind. "Das ist ungerecht, unsinnig und unnötig und eine große Enttäuschung für die Eltern, die sich auf die Ankündigungen des Senats verlassen haben", sagte Veit.

Die Sozialbehörde wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Es sei klar und üblich, dass es für ein solches Gesetz eine Stichtagsregelung gebe, sagte Behördensprecherin Jasmin Eisenhut. Diese Frage sei zudem öffentlich thematisiert worden. Hamburg orientiere sich bei der "Ausgestaltung der Beitragsfreiheit an der regulären Schulpflicht, um eine klare Abgrenzung und eine eindeutige Regelung", sagte Jasmin Eisenhut.

Auch Brigitte Köhnlein, Sprecherin der Schulbehörde, sagte: "Das Gesetz und die darin enthaltene Stichtagsregelung war der Schulbehörde wie dem gesamten Senat bekannt." Anders Kersten Artus (Die Linke) sagte dem Abendblatt deutlich: "Das haben wir nicht gewusst. Diese Einschränkung wäre mir auch aufgefallen, da ich selbst ein solches Kann-Kind habe." Für sie ist die Vorgehensweise unverständlich. "Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Außerdem ist den Menschen etwas vorgemacht worden."

Selbst Christiane Blömeke (GAL) nennt die Formulierung: "Letztes Kita-Jahr und Vorschule ab September beitragsfrei" aus der Pressemitteilung der Behörde unglücklich. "Ich hätte mir eine andere Formulierung gewünscht", so Blömeke. Die Regelung an sich hält sie hingegen für richtig. "Gesetze brauchen eine klare Stichtagsregelung", sagte Blömeke. Diese bringe immer Gewinner und Verlier mit sich.

Der Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung (LEA) hat noch ein weiteres Problem mit der Stichtagsregelung. Denn durch die Einschränkung der Beitragsbefreiung werden Kita-Kinder und Vorschul-Kinder ungleich behandelt. Während das Vorschuljahr für die Kann-Kinder kostenlos ist, muss das Kita-Jahr bezahlt werden. "LEA fordert, die zugesagte Gleichbehandlung von Kita- und Vorschulkindern beizubehalten und das Jahr vor der Einschulung beitragsfrei zu gestalten", sagte LEA-Vorstand Bodo Heuer.

Bei der Sitzung des Schulausschusses der Bürgerschaft in zwei Wochen werden die Fraktionen und der Senat erneut über den Gesetzentwurf diskutieren.