Renditen von bis zu zehn Prozent im Jahr sind möglich. Berenberg Bank in Hamburg hat eine eigene Abteilung für Sammler. Interesse steigt.

Hamburg. Warum sich länger über die Schuldenkrise und die Kapriolen des Finanzmarktes ärgern, wenn man mit seiner Geldanlage auch noch Spaß haben kann? Zu dieser Überzeugung kommen immer mehr Anleger, die ein paar Tausend Euro übrig haben. Sie leisten sich einen Oldtimer, einen alten Mercedes oder Porsche, deren Anblick den meist männlichen Fans ein Lächeln auf das Gesicht zaubert wie es sonst nur Fußballerfolge oder Bikinischönheiten vermögen. Und die Begeisterung über glänzende Chromleisten und schöne Kurven ist ja längst nicht die einzige Freude, die ein Oldtimer in der Garage bieten kann: Neben der Ästhetik vergangener Zeiten boten automobile Schmuckstücke in den vergangenen Jahren eine ansehnliche Rendite. Der sogenannte Deutsche Oldtimer Index (DOX) hat sich in den Jahren seit 1999 stetig nach oben entwickelt. Dagegen mussten die deutschen Aktien, gemessen am DAX, in den Jahren 2000 bis 2002 nach dem Platzen der Internetblase und dann noch einmal 2007 während der Finanzkrise, herbe Rückschläge erleiden.

Dass die Anzahl der auf der Welt verfügbaren Oldtimer begrenzt ist, erhöht die Begehrlichkeit und die damit verbundene Wertstabilität und -steigerung. "Früher haben die Käufer die Anschaffung eines Oldtimers eher als Hobby gesehen, heute wird es mehr und mehr zum Investment", sagt Florian Zimmermann, Direktor der Classic Car GmbH bei der Berenberg Bank. Zimmermann ist ausgewiesener Experte in Sachen klassische Automobile, und die Hamburger Privatbank hat mit dem Aufbau einer solchen Abteilung auf das steigende Interesse ihrer Kunden an einer Geldanlage in betagte Fahrzeuge reagiert. Zwar müssen sich die Interessenten unter anderem auf Kosten für die Restaurierung, für teure Ersatzteile und eine sichere Abstellmöglichkeit einstellen. Eine Garage koste so schnell 150 Euro im Monat, dazu kämen Aufwendungen für einen Gutachter von bis zu 1500 Euro, sagt Zimmermann. Dennoch sei die Nachfrage groß.

Der Trend zum Classic Car ist europaweit vor allem bei der zahlungskräftigen Klientel spürbar. Der Markt hat inklusive Dienstleistungen wie Versicherungen und Reparaturen in Europa ein Volumen von schätzungsweise mehr als 20 Milliarden Euro erreicht. Über Ebay Motors wird alle fünf Minuten ein Oldtimer verkauft.

Insgesamt sind 1,5 Millionen historische Fahrzeuge auf den Straßen der europäischen Länder unterwegs. Sie bleiben dennoch eine viel bestaunte Rarität, weil etliche Eigentümer ihren Wagen überwiegend in der Garage lassen. Über 70 Prozent der Oldtimer erreichen noch nicht einmal eine jährliche Fahrleistung von 1500 Kilometern. Den Luxus, sich einen Wagen nur zum Anschauen zu leisten, gönnen sich dabei allerdings nicht nur Vielverdiener: Knapp ein Drittel der Oldtimer-Besitzer haben ein Jahreshaushaltseinkommen von unter 30 000 Euro. Dazu passt, dass 1,17 Millionen der Fahrzeuge weniger als 15 000 Euro kosten.

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Bei der Berenberg Bank überwiegen allerdings die Kunden, die sich gleich ein ganze Reihe von Raritäten leistet. "Wir betreuen überwiegend Sammler", sagt Zimmermann. Andere Zielgruppen der Berenberg Bank sind Museen, Firmenkunden, Auktionshäuser und Händler. Die Werte, welche die vermögenden Liebhaber in Hallen stehen haben oder hin und wieder auf Ausfahrten präsentieren, erreichen dabei die Dimension von Luxusimmobilien: Ein Talbot Lago T 150 C, der von 1937 bis 1939 gebaut wurde, erzielte bei einer Auktion im Jahr 2005 einen Verkaufspreis von 3,7 Millionen Dollar. Nur fünf Jahre später wechselte das Auto mit der Stromlinienkarosserie für 4,6 Millionen Dollar erneut den Besitzer.

Stellt sich die Frage: Was müssen Käufer beachten, um nicht unnötige Risiken bei der Anschaffung einzugehen? Wichtig ist ein möglichst original erhaltenes Fahrzeug, sagt Zimmermann. Schon fehlendes Bordwerkzeug kann den Wert mindern, aber auch ein nachträglich eingebauter Motor, eine falsche Einspritzpumpe und sichtbare Merkmale wie später erneuerte Felgen. Der Wagen sollte zudem eine nachvollziehbare, geprüfte Historie besitzen.

Zusätzlich sollte ein Fachmann vor dem Kauf eine technische Bewertung und Zustandsaufnahme durchführen.

Die Classic-Car-Experten unterscheiden mehrere Fahrzeugkategorien. Im Wert bis rund 100 000 Euro finden sich historische Wagen mit vergleichsweise hohen Stückzahlen. Der Vorteil liegt in der guten Ersatzteilversorgung und relativ geringen Unterhaltungskosten. Hier sei die grundsätzlich niedrige Wertsteigerung eher an die Bewertung des gesamten Oldtimermarkts gekoppelt als an die des eigentlichen Fahrzeugs, sagt Zimmermann.

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Beispiel: ein Jaguar E-Type von 1961 aus der Serie 1, der rund 85 000 Euro kostet. Im Preissegment zwischen 100 000 Euro und 500 000 Euro, bei Fahrzeugen aus Baureihen mit vergleichsweise niedrigeren Stückzahlen müssten Investoren zwar mit höheren Unterhaltungskosten rechnen, dafür erhöhten sich aber auch die Chancen für gleichmäßig hohe Wertsteigerungsraten. Im Exklusivsegment ab einem Wert von 500 000 Euro finden Liebhaber Einzelstücke und Prototypen. "Bei den richtigen Fahrzeugen erreichen Sie eine Rendite von fünf bis zehn Prozent", sagt Zimmermann.

Ähnlich wie für Anleger, die in Kunst investiert haben und ihre Geldanlage stolz im Wohnzimmer präsentieren können, ist das Leben und Ausleben der fahrbaren Nostalgie für viele Oldtimer-Besitzer die schönste Nebensache ihrer Investition. Die Eigentümer der Traumautos genießen ihre Schätze, indem sie an Veranstaltungen wie dem AvD Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring oder der Mille Miglia Storica in Italien teilnehmen und knüpfen Kontakte auf Messen wie der Techno Classica in Essen.

Veranstaltungen wie der Pebble Beach Concours d'Elegance in Kalifornien oder der Villa d'Este Concorso d'Eleganza, die bereits seit mehreren Jahrzehnten stattfinden, belegen die Tradition der Leidenschaft für klassische Automobile: Es handelt sich nicht um einen Hype, sondern um einen etablierten Markt. Allerdings werde das international steigende Interesse an den Fahrzeugen bereits von immer mehr Fälschern ausgenutzt, warnt Zimmermann: Insbesondere in Argentinien säßen Bastler, die komplette Repliken bauten. "Die Anbieter nehmen eineinhalb Millionen Dollar für einen Vorkriegs-Mercedes, der als Original 15 Millionen kosten würde", sagt der Insider. Und die Kreativität ende nicht beim Nachbau: Händler statteten solche Wagen dann auch noch mit einer erfundenen Historie aus.