Hamburger Schul- und Sozialbehörde diskutiert mit Trägerorganisationen intensiv über Nachbesserungen und Kompromisse.

Hamburg. Nach der massiven Kritik an der angeblich überstürzten Einführung der ganztägigen Bildung und Betreuung an Grundschulen (GBS) haben Schul- und Sozialbehörde gestern bis in den späten Abend mit den Trägerorganisationen über Nachbesserungen und Kompromisse verhandelt. Wie berichtet, monieren Landeselternausschuss (LEA), die Elternkammer und der Alternative Wohlfahrtsverband SOAL, dass Räume und Rahmenkonzepte zur Umsetzung der Reform fehlen und die Abholzeiten zu starr seien. Auf Kritik stießen auch die geplanten Gruppengrößen der Nachmittagsbetreuung.

Doch hier beginnen schon die Differenzen: Während die Kritiker von einem Betreuungsschlüssel von 1:23 in der GBS sprechen, macht die Schulbehörde eine andere Rechnung auf. Danach sei mit den Trägern bereits die Einführung eines pädagogischen Budgets vereinbart worden, das zu einem Plus von 23 Prozent bei den Betreuungszeiten führe. Außerdem hätten Untersuchungen gezeigt, dass von fünf Tagen rechnerisch nur vier voll genutzt wurden. Beide Faktoren führten dazu, dass die tatsächliche Gruppengröße nur bei rund 15 Kindern läge.

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Die GAL-Abgeordneten Christiane Blömeke und Stefanie von Berg forderten den Senat auf, seine Pläne nachzubessern. So müssten unter anderem behinderte Kinder nach ihrem individuellen Bedarf finanziell gefördert werden. Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte bislang eine Pauschale vorgesehen.

GAL und die Linke fordern den Senat auch auf, die Träger der offenen Jugendhilfe in die GBS-Reform einzubeziehen. In den Bauspielplätzen besteht die Sorge, dass künftig kaum mehr Kinder kommen werden, weil sie ganztags in der Grundschule betreut werden. Möglich wären Kooperationen der Ganztagsschulen mit Bauspielplätzen.

Kritik kam auch von der FDP. "Senator Rabe kann nicht sicherstellen, dass Personal sowie Räume ausreichen", sagte die FDP-Schulpolitikerin Anna von Treuenfels.

Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe dauerten die Gespräche zwischen den Fachbeamten der Schul- und Sozialbehörde sowie den Wohlfahrtsverbänden noch an. "Ich bin aber optimistisch, dass wir den Landesrahmenvertrag zügig unterschreiben können", sagte Rabe dem Abendblatt.

In einer bundesweiten Vergleichsstudie der Bertelsmann-Stiftung liegt Hamburg im Vorderfeld der Bundesländer. Danach nutzten 48 Prozent der Hamburger Grundschüler 2010 ein Ganztagsangebot, während Schleswig-Holstein nur auf 24 Prozent und Niedersachsen auf 15 Prozent kamen. Spitzenreiter sind Sachsen und Thüringen mit 78 Prozent.