Die Bundesländer kauften wegen der Krankheit einen zu großen Vorrat ein. Insgesamt werden jetzt Mittel im Wert von 130 Millionen Euro verbrannt.

Magdeburg/Hamburg. Zwei Jahre nach dem Ausbruch der Schweinegrippe werden seit gestern in einem Müllkraftwerk bei Magdeburg 16 Millionen Impfdosen des damals gekauften Schweinegrippeimpfstoffs verbrannt. Sie haben einen Gesamtwert von 130 Millionen Euro. Die Schweinegrippe hatte sich 2009 zunächst in Mexiko und in den USA ausgebreitet. Weltweit starben mehr als 18.400 Menschen. In Deutschland erkrankten mehr als 226.000 Menschen, 258 starben.

Zum Schutz vor der Infektion kauften die Bundesländer beim Konzern GlaxoSmithKline für 283 Millionen Euro 34 Millionen Impfdosen. 28,7 Millionen Dosen blieben übrig, weil die Infektionen milder verliefen als befürchtet und viele Menschen Angst vor Nebenwirkungen des Impfstoffs hatten, besonders vor den darin enthaltenen Impfverstärkern. "Aber die Verwendung eines Impfverstärkers war nötig, um mit wenig Impfstoff eine möglichst große Wirkung zu erzielen. Ernsthafte Nebenwirkungen blieben aus", sagt Prof. Frank Riedel, Ärztlicher Direktor des Altonaer Kinderkrankenhauses.

+++ "Es war richtig, die Impfung zu empfehlen" +++

+++ Impfstoffe im Müll - richtig so +++

Hamburg bestellte 720.000 Impfdosen und gab dafür 6,5 Millionen Euro aus - impfen ließen sich aber nur rund 100.000 Menschen, manche zweimal. Die Stadt blieb auf 580.000 Impfrationen im Wert von 4,8 Millionen Euro sitzen, deren Verfallsdatum nun überschritten ist. 340.000 davon werden in Magdeburg verbrannt. Weitere 240.000 muss die Stadt selbst vernichten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte 2009 dazu aufgerufen, möglichst viele Menschen zu impfen.

Heute versichern Ärzte, niemand habe damals den Verlauf der Epidemie vorhersehen können. "Aus den jeweiligen aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft hat die Politik damals nichts anderes tun können, als diese Impfstoffe zu bestellen", sagt Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer. Dietrich Wersich (CDU), seinerzeit Gesundheitssenator und heute Fraktionschef in der Bürgerschaft, sagt: "Ich bin dankbar, dass es nicht so schlimm gekommen ist wie befürchtet." Hamburg habe weniger Impfdosen bestellt, als die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) plante, die für jeden Bürger zwei Impfdosen anschaffen wollte. "Das wären für Hamburg 3,4 Millionen Dosen gewesen. Da haben wir uns zum Glück gegen das Ministerium durchgesetzt."

Vorwürfe, die Weltgesundheitsorganisation sei bei ihren Warnungen von der Pharmaindustrie beeinflusst worden, werden von der WHO zurückgewiesen. Solche Verflechtungen gebe es nicht, sagte Sprecher Gregory Härtl dem Abendblatt. Und: "Wir glauben immer noch, dass es richtig war, die Impfung zu empfehlen."