Der deutsch-türkische Unternehmer Osman Kimil, seit 1978 in Deutschland, begrüßt die Einbürgerungsinitiative von Bürgermeister Olaf Scholz.

Hamburg. Bürgermeister Olaf Scholz will 137 000 Hamburger mit Migrationshintergrund anschreiben und auffordern, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Darüber sprach das Abendblatt mit dem Unternehmer Osman Kimil, 48, der seit 1978 in Deutschland lebt und beide Staatsbürgerschaften besitzt. Kimil leitet die Firma Unipack auf der Veddel, einen erfolgreichen Betrieb für Verpackungsfolien mit 18 Mitarbeitern. Seine Eltern kamen bereits 1966 nach Hamburg.

+++Hamburg will 137 000 Ausländer einbürgern+++

Hamburger Abendblatt: Herr Kimil, was halten Sie von der Einbürgerungsinitiative des Bürgermeisters?

Osman Kimil: Sehr viel. Es ist höchste Zeit für eine solche Aktion und fast schon ein Muss. Die Magnetpole zwischen Migranten und Deutschen ziehen sich oft nicht an, sondern stoßen sich ab. Leider. Dieses Problem muss angepackt werden.

Wie denn?

Kimil: In erster Linie durch einen verstärkten Dialog zwischen den Gesellschaftsschichten und durch eine intensivere Bildung der neuen Hamburger. Nur wer viel über das Land seines Wohnsitzes weiß, fühlt sich zu Hause. Außerdem müssen Partnerschaften ins Leben gerufen werden: in Schulen, Unternehmen, Vereinen sowie in der Nachbarschaft.

Klingt gut, aber wer soll das umsetzen?

Kimil: Die Medien können eine Führungsrolle übernehmen, positive Beispiele zeigen und Initiativen anregen. Und die Politik sollte dafür sorgen, dass Menschen mit mindestens fünf Jahren festem Wohnsitz in Hamburg an den Bürgerschaftswahlen teilnehmen dürfen. Das steigert die Verantwortung und das Dazugehörigkeitsgefühl.

Was bei einer ausländischen Staatsbürgerschaft schwerfällt ...

Kimil: Genau das ist der Punkt. Ich habe einen türkischen und einen deutschen Pass. Seit dem Jahr 2000 muss man sich für einen entscheiden. Warum? Der Integration sind solche Gesetze nicht förderlich. Wer hier regelmäßig Steuern zahlt, muss neben Pflichten auch Rechte haben. Ich plädiere für zwei oder drei mögliche Staatsbürgerschaften - auch für Nicht-EU-Bürger. Natürlich nur unter gewissen Bedingungen.

Welche sollten das sein?

Kimil: Man muss die deutschen Gesetze und die Verfassung achten. Natürlich sollte man auch die deutsche Sprache beherrschen. Noch wichtiger jedoch ist die Sprache des Herzens.

Fühlen Sie sich als Deutscher oder als Türke?

Kimil: Ich fühle mich als Mensch mit türkischen Wurzeln, der sehr gerne in Deutschland lebt. Vor allem fühle ich mich als sehr guter Hamburger. Dass ich gläubiger Moslem bin und fünfmal täglich bete, ist kein Hinderungsgrund. Ganz im Gegenteil.

Ihre vier Kinder sind hier geboren. Wie beurteilen diese das Problem?

Kimil: Meine Kinder sprechen besser Deutsch als Türkisch und fühlen sich in Hamburg wohl. Während die erste und zweite Generation der Türken nach 1961 meist als Arbeiter kamen und nie ein deutsches Theater oder eine Bibliothek von innen sahen, verändert sich dies zusehends. Ein Beispiel: Wir haben in Deutschland 80 000 türkischstämmige Unternehmer, die eine halbe Million Menschen beschäftigen. Da ist Integration selbstverständlich.

Wie sehen Sie die Zukunft?

Kimil: Vom Naturell her grundsätzlich positiv. In meinem Inneren jedoch spüre ich den Schrei: Wir müssen gemeinsam rasch etwas unternehmen! Nur schätzungsweise 30 Prozent der türkischstämmigen Hamburger besitzen einen deutschen Pass. Wie soll man da heimisch werden? Und noch eine Zahl, die nachdenklich stimmt: Im vergangenen Jahr sind 40 000 türkischstämmige Akademiker mit erstklassiger Ausbildung in das Land ihrer Eltern zurückgekehrt. Tendenz steigend. Es ist ein immenser Schatz, den Deutschland da verliert.