Bürgermeister Scholz schickt allen eine Einladung. Thema wird Pflicht im Unterricht

Hamburg. Die Hansestadt startet die größte Einbürgerungsinitiative ihrer Geschichte: Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) will rund 137 000 ausländische Hamburger anschreiben und auffordern, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. "Nach einer Einbürgerung würden Sie nicht nur Steuern zahlen wie bisher. Sie könnten dann auch mitbestimmen, wie der Staat Ihr Geld ausgeben soll", steht in dem Brief, der ab dem 8. Dezember an die ersten 4000 Kandidaten geschickt wird.

Laut Scholz ist die Aktion in Deutschland "ohne Vorbild", weswegen man noch nicht sagen könne, wie viele das Angebot annehmen würden. "Mein Wunsch wäre, dass das etwa die Hälfte macht", sagt Scholz. "Aber auch zehn bis 15 Prozent wären schön." Die Stadt bereitet sich so oder so auf einen stärkeren Andrang vor. Im Einwohnerzentralamt kümmern sich fünf zusätzliche Mitarbeiter um die Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen. "Optimal wäre es, wenn die nur drei Monate dauern würden", sagt Innensenator Michael Neumann (SPD). Derzeit ist die Bearbeitungszeit doppelt so hoch.

Neben der Innen- beteiligt sich auch die Schulbehörde an der Kampagne. Das Thema "Einbürgerung" wird im Unterricht der Jahrgangsstufen 9, 10 und 11 bis 13 Pflicht. Die speziell dafür entwickelten Unterrichtsmaterialien verschickt Schulsenator Ties Rabe (SPD) in den kommenden Tagen an die Schulen. Ziel sei es, heißt es in dem 30 Seiten starken Heft, "betroffene Schülerinnen und Schüler zu ermuntern, die Einbürgerung zu beantragen". Unter anderem sollen sie lernen, wie sie ihre Entscheidung gegenüber Eltern, Verwandten oder Freunden begründen.

Hamburg verspricht sich von der Initiative einerseits eine verbesserte Integration, andererseits weniger Verwaltungsaufwand, etwa weil Fragen des Aufenthaltsrechts wegfallen. "Viele Menschen mit Migrationshintergrund haben mir gesagt, dass es für sie das Größte wäre, vom deutschen Staat zu einer Einbürgerung eingeladen zu werden. Das machen wir jetzt", sagt Scholz.

Das Potenzial in Hamburg ist groß: Von den etwa 1,8 Millionen Einwohnern haben mehr als 20 Prozent, rund 400 000 Menschen, ausländische Wurzeln, etwa 236 000 besitzen noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Aber nicht alle erfüllen die Voraussetzungen dafür: Wer eingebürgert werden will, muss sich nicht nur zum Grundgesetz bekennen, sondern eine bestimmte Zeit hier wohnen, seinen Lebensunterhalt allein bestreiten und ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen. Zudem darf der Bewerber "nicht wegen einer Straftat verurteilt" sein. Das ist einer der heiklen Punkte: Aus Datenschutzgründen kann die Stadt die Adressen der 137 000 potenziellen neuen Staatsbürger nicht mit den Polizeibehörden abgleichen. "Früher oder später wird deshalb auch leider jemand von mir die Einladung, Deutscher zu werden, erhalten, den wir wegen seiner kriminellen Vergangenheit nicht bei uns haben wollen", sagt Scholz. Sollte ein solcher Ausländer den Antrag stellen, würde der selbstverständlich abgelehnt.

Die Einbürgerungsinitiative zieht sich über drei Jahre. Jeden Monat werden 4000 Briefe verschickt. Mehr gehe nicht, wenn man eine vernünftige Bearbeitung der Anträge gewährleisten wolle, so Neumann. 2010 wurden in Hamburg 5295 Menschen eingebürgert.