Die Entertainerin Ina Müller im Interview mit dem Abendblatt über ihre Liebe zum Ohnsorg-Theater und eine Zukunft als Volksschauspielerin.

Hamburg. Gerade wieder wurde "Inas Nacht" für den Deutschen Comedypreis nominiert. Am 17. September läuft die turbulente Sendung der quirligen Hamburgerin aus dem "Schellfischposten" erstmals an einem Sonnabend um 23 Uhr in der ARD. Und zwar direkt nach Papst Benedikt XVI., der unmittelbar vor seiner Deutschland-Reise "Das Wort zum Sonntag" sprechen wird. Am morgigen Sonntag werden Ina Müllers Worte ab 11 Uhr auf der Bühne vor dem neuen Ohnsorg-Theater im Bieberhaus dafür sorgen, dass der vielleicht größte Chor Hamburgs auch schön im Takt bleibt.

+++ Mein Hamburg, ich liebe dich (Hammonia) +++

Gemeinsam mit allen Besuchern wird die Sängerin nach der Enthüllung des Heidi Kabel-Denkmals und der Umbenennung des Platzes "Mein Hamburg, ich liebe dich" anstimmen (Text siehe unten). Das Lied hatte sich bei der Abstimmung der Abendblatt-Leser knapp gegen den "Jung mit'n Tüdelband" durchgesetzt. Zwischen den Vorbereitungen für ihre neuen Sendungen und ihre Tournee, die sie auch zweimal in die Hamburger O2 World führen wird (15. und 16. November), verriet Ina Müller, 46, dem Abendblatt, dass sie seit ihrer Kindheit auf dem Bauernhof ein großer Fan von Heidi Kabel und dem Ohnsorg ist - und noch viel vorhat.

Hamburger Abendblatt:

Haben Sie als Kind immer die Stücke des Ohnsorg-Theaters im Fernsehen gesehen?

Ina Müller:

Ich war wirklich Ohnsorg-süchtig, während meine Mitschülerinnen damals schon Boygroups toll fanden.

Was war der Grund für diese Theatersucht?

Müller:

Ich fand die Stücke einfach richtig gut. Ich konnte über Henry Vahl lachen und fand es total romantisch, wenn Heidi Mahler und Jürgen Pooch das verliebte Pärchen spielten, die ja auch im wirklichen Leben einige Jahre lang verheiratet waren. Und dann natürlich die Kombination Heidi Kabel und Henry Vahl. Wenn die Leute heute von Loriot erzählen, denke ich, so etwas Ähnliches war damals für mich das Ohnsorg-Theater. Genau mein Humor.

Diese Eindrücke haben Sie entscheidend geprägt?

Müller:

Ja, das kann man sagen. Ich weiß noch, dass das einzige Mal im Jahr bei uns auf dem Bauernhof der große Esstisch vor den Fernseher ins Wohnzimmer geschoben wurde, weil am Neujahrstag um 12 Uhr das Ohnsorg-Theater im Fernsehen lief. Das war immer ein richtiges Fest. Die intensivste Erinnerung an meine Kindheit sind diese Theaterstücke. Und sehr zum Leidwesen meiner späteren Mitbewohner gucke ich diese Stücke alle heute noch gerne.

Das verstehen die Mitbewohner nicht?

Müller:

Nein. Und ich verstehe es ja manchmal selber nicht, denn ich kenne die Stücke ja schon. Aber ich kann nichts dafür, ich mag das.

Gibt es ein Lieblingsstück?

Müller:

Also "Tratsch im Treppenhaus" könnte ich in Dauerschleife gucken. Das ist schönstes Boulevardtheater mit Türenknallen und Happy End.

Wie ist Ihre Erinnerung an Heidi Kabel?

Müller:

Man konnte immer viel über Heidi Kabel lachen, aber vor allem war sie eine extrem gute Schauspielerin. Ihre Blicke, ihre Gesten, ihr Timing - da passte alles. Für mich eine ganz große Volksschauspielerin und einmalig in ihrer Art. Und es ist toll, dass sie jetzt ein Denkmal bekommt, damit sie nicht in Vergessenheit gerät.

Warum ist Heidi Kabel generationenübergreifend so beliebt?

Müller:

Ich kann nur sagen, dass ich mit ihr aufgewachsen bin und sie als Kleinkind, als größeres Kind und als Heranwachsende gut fand, obwohl das zu der Zeit vielleicht schon uncool gewesen ist. Sie ist ein Klassiker und war Kult für mich. Das Wort "Kult" wird ja heute inflationär gebraucht, aber bei Heidi Kabel passt es. Ich weiß nicht, warum wir uns auf dem Weg nicht verloren haben. Ich fand sie mein Leben lang toll.

Aber Sie sind ihr nie persönlich begegnet.

Müller:

Es sollte vor einigen Jahren eine Begegnung im Ohnsorg-Theater geben, als ich für die Sendung "Hör mal'n beten to" auf der Bühne stand. Sie war dann aber nicht da, weil es ihr nicht gut ging. Ich fand das unheimlich schade, weil ich mich so sehr auf dieses Treffen gefreut hatte. Ich kannte sie ja nur als Zuschauerin im Theater und hatte jahrelang ein Autogramm von ihr mit den Worten "Für meine liebe Ina - Deine Heidi" auf meinem Schreibtisch stehen.

Was hätten Sie Heidi Kabel gefragt?

Müller:

Meine Frage wäre gewesen, ob ihr das Schauspielern am Ohnsorg-Theater wirklich bis zur letzten Minute Spaß gemacht hat. Ich finde es so bemerkenswert, dass man über all die Jahre immer mit der gleichen Lust Texte lernt und sich jeden Abend auf der Bühne dem erwartungsfrohen Publikum stellt. Aber sie hat ja auch andere Dinge gemacht, war zum Beispiel ständiger Gast in der Haifischbar. Und aus dieser Sendung aus den 70er-Jahren ist im Grunde "Inas Nacht" im Schellfischposten entstanden, weil ich mir gesagt habe, es muss doch möglich sein, die Haifischbar von damals in die heutige Zeit umzusetzen.

War auch die plattdeutsche Sprache ein Grund für Ihre Liebe zum Ohnsorg-Theater?

Müller:

Auf jeden Fall. Ich bin plattdeutsch geboren und aufgewachsen. Das ist meine Muttersprache, und Kultur auf Plattdeutsch gab es ja kaum.

Das Abendblatt hat jetzt einen plattdeutschen Schimpfkalender herausgebracht. Hat Plattdeutsch doch eine Zukunft?

Müller:

Ich habe den Kalender schon gesehen, der ist wirklich toll. Sehr witzig und mit ganz wunderbaren Fotos. Ich merke schon seit einigen Jahren, dass sich die Menschen wieder mehr für diese Sprache interessieren. Da ist einiges zusammengekommen, musikalisch und medial. Plötzlich fülle ich große Hallen mit plattdeutscher Musik und plattdeutschen Lesungen. Es kommen Leute aus Stuttgart, die wollen Plattdeutsch lernen. Es ist auf einmal schick, und es hat vor allem die Akzeptanz der Jugend. Das ist das Wichtigste. Die Frage ist, ob die Menschen die Sprache brauchen. Eine Sprache, die nicht mehr gebraucht wird, schafft es nicht, künstlich am Leben gehalten zu werden. Ich finde aber alle Maßnahmen toll, sie immer wieder zu reanimieren.

Wissen Sie, was auf dem Grabstein von Heidi Kabel steht?

Müller:

Nein.

To't leben hört de dood. "Zum Leben gehört der Tod" - können Sie mit dem Satz etwas anfangen?

Müller:

Ja, das kann ich nur unterstreichen. Ich habe ein extrem entspanntes Verhältnis zum Tod. Ich überlege auch immer, was auf meinem Grabstein stehen könnte.

Sind Sie schon zu einem Ergebnis gekommen?

Müller:

Ich schwanke noch zwischen "Mir ist langweilig" und "Endlich Ruhe".

Heidi Kabel war eine singende Schauspielerin, könnte Ina Müller eine schauspielernde Sängerin am Ohnsorg-Theater werden?

Müller:

Ich kann mir immer ganz viel vorstellen. Ich höre ja mit Dingen nicht auf, weil sie erfolglos geworden sind, sondern weil ich etwas anderes machen will. Ich bin da sehr offen und hätte große Lust dazu. Wenn es für mich am Theater etwas gäbe, muss das schon sehr norddeutsch sein, sonst macht es keinen Sinn. Ich wäre da schon in Richtung Volksschauspielerin unterwegs.

Und das Stück müsste immer ein Happy End haben?

Müller:

Jo. Das wär' ja sonst blöd, so viel Arbeit für nix.

Mein Hamburg, ich liebe Dich