Rätselraten um Auslöser der Epidemie geht weiter. Auch Tiere und Menschen Überträger?

Hamburg. Die Suche nach dem Auslöser der EHEC-Epidemie beginnt wieder von vorn. An zwei aus Südspanien an den Hamburger Großmarkt gelieferten Gurken hat das Hamburger Hygiene-Institut den Durchfallerreger zwar entdeckt - doch nach weiteren Laboranalysen stellte sich jetzt heraus, dass es sich dabei nicht um den Untertyp O104 handelt, der für die aktuellen Krankheitsfälle verantwortlich ist. "Unsere Hoffnung, die Quelle der schweren Komplikationsfälle mit dem Hämolytisch-urämischen Syndrom zu entdecken, hat sich nicht erfüllt", sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD).

Sie verteidigte die Entscheidung, die Namen der spanischen Produzenten zu nennen: "Die spanischen Gurken trugen einen anderen EHEC-Keim und waren daher ebenfalls gefährlich." Der Schutz von Leben müsse wichtiger sein als wirtschaftliche Interessen.

In Spanien hatte die namentliche Nennung der Herkunftsfirmen scharfe Proteste ausgelöst. Agrarministerin Rosa Aguilar kündigte noch am Dienstag Konsequenzen an. Ihr Land werde auf EU-Ebene Entschädigungen für alle europäischen Landwirte verlangen, die wegen EHEC Verluste haben. Bei den Produzenten in Spanien hätten die Unterstellungen einen Schaden von wöchentlich 200 Millionen Euro angerichtet. "Wir sind enttäuscht von der Art, wie Deutschland mit dieser Krise umgegangen ist", sagte Aguilar.

Unterdessen steigt die Zahl der EHEC-Fälle in Deutschland unvermindert weiter. Mittlerweile sind mehr als 1500 Menschen infiziert oder stehen in Verdacht, sich mit dem Durchfallerreger angesteckt zu haben. 15 Patienten - davon 13 Frauen - kamen bislang ums Leben. Auch in Hamburg gibt es keine Entwarnung. Nachdem die Behörden am Montag noch von einer leichten Entspannung der EHEC-Krise ausgegangen waren, nahmen die Neuinfektionen wie auch die Zahl der Patienten mit dem lebensbedrohlichen Hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) am Dienstag wieder deutlich zu. 569 EHEC-Patienten sind mittlerweile in der Stadt registriert. "Ich bin besorgt, der ganze Senat ist besorgt", sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Nachdem spanische Gurken nicht mehr als Auslöser gelten, denken die Forscher auf der Suche nach der Quelle wieder in alle Richtungen. "Es könnten Tiere infiziert sein. Es können aber auch Menschen als Überträger in Betracht kommen", sagte Prof. Helge Karch vom Universitätsklinikum Münster, das jetzt einen EHEC-Schnelltest entwickelt hat. Dieser klärt binnen vier Stunden, ob es sich um den gefährlichen Erreger O104 handelt. "Der Test kann auch bei Lebensmitteln eingesetzt werden", sagte Karch. Er forderte rasche Sonderforschungsprogramme. Möglicherweise könnten Menschen den Keim in sich tragen, ohne dass es zum Ausbruch komme.

Auch bei der Abendblatt-Telefonaktion mit Ärzten des Universitätsklinikums Eppendorf stellten die meisten Anrufer Fragen nach Ansteckungswegen. Nierenspezialist Dr. Matthias Janneck beruhigte: "Das Risiko, sich über normale Alltagskontakte anzustecken, ist gering, geringer als bei Grippe." Die UKE-Experten warnten aber nochmals eindringlich vor dem Verzehr von rohem Obst und Gemüse. "Auch ich verzichte auf alles, was nicht gekocht ist", sagte Nierenspezialist Dr. Christof Iking-Konert.