Die Optikerkette will in Plön Hörgeräteakustiker selbst ausbilden. Sohn Marc soll nach Arbeit an der Basis in die Hamburger Zentrale kommen.

Hamburg. Und täglich grüßt das Murmeltier. Ein wenig fühlt man sich an den US-Kultfilm mit Bill Murray erinnert, wenn man regelmäßig als Journalist auf der Bilanzpressekonferenz der Hamburger Fielmann AG anwesend ist. Nicht täglich wie Bill Murray alias Phil Connors, der immer wieder dieselben 24 Stunden durchlebt, dafür aber jährlich erleben die Medienvertreter das Gleiche.

Der Chef persönlich, Günther Fielmann, liest schnell und sicher die Erfolge seines Konzerns vom Blatt ab. Und das Wort "Rekord" kommt beinahe minütlich aus seinem Mund. Der 71 Jahre alte Unternehmer lässt über einen Projektor Charts an die Wand werfen, auf denen Kurven und Säulen zu sehen sind, welche nur eine Richtung kennen: nach oben. Und Fielmann macht beim abschließenden Frage- Antwort-Spiel mit den Medien schnell deutlich, dass er auch im kommenden Jahr in der Weidestraße von Rekorden und Wachstum erzählen wird.

Die wichtigsten Kennziffern liegen wie gewohnt über dem Branchenschnitt. So steigerte die Optikerkette 2010 den Außenumsatz um 4,1 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro. Die Konkurrenz wuchs nur um 2,3 Prozent. Der Brillenabsatz legte um 0,5 Prozent auf fast 6,5 Millionen zu, die Wettbewerber mussten sich mit einem Minus von 1,7 Prozent abfinden. Und beim Gewinn nach Steuern verzeichnete Fielmann ein Plus von 4,8 Prozent auf 120,8 Millionen Euro. Zudem wuchs die Zahl der Mitarbeiter um fast 500 auf mehr als 13 700 (davon fast 2700 Auszubildende), das Filialnetz konnte um elf auf 655 ausgebaut werden. Und die Dividende soll um 20 Prozent auf 2,40 Euro je Aktie steigen. Ohnehin ist es den Fielmann-Aktionären in den vergangenen Jahren nicht schlecht ergangen. Das im Börsenindex MDAX gelistete Papier hat seit dem Jahr 2000 einen Anstieg um 350 Prozent verzeichnet.

Der Vorstandsvorsitzende gibt sich beim Blick auf das vergangene Jahr denn auch zufrieden, vermittelt aber keinesfalls den Eindruck, dass er seine Ziele schon erreicht hat. Fielmanns aktuelle Wachstumsstrategie ist viergeteilt. Zum einen erwartet er ein deutliches Absatzplus bei den aufwendig gefertigten Gleitsichtbrillen, geht von einem großen Wachstumspotenzial bei Kontaktlinsen in Deutschland aus und will sehr viel mehr Sonnenbrillen verkaufen. Darüber hinaus hat er die Ohren der Deutschen im Blick. 8,9 Millionen Bundesbürger benötigten eine Hörhilfe, zitiert Fielmann aus einer Studie. Diesen Menschen will er helfen und mit ihnen Geld verdienen. In jeder dritten Optikerfiliale plant Fielmann eine Hörgeräteabteilung, derzeit findet man sie erst in etwa zehn Prozent der Niederlassungen.

"Das Potenzial in diesem Bereich ist riesig", sagt er. Doch die Fachkräfte fehlten. Deshalb will das Unternehmen in seiner Akademie im Schloss Plön künftig nicht nur Optiker, sondern auch Hörgeräteakustiker ausbilden. Die Räume sind schon ausgesucht.

Ins neue Jahr ist Europas größte Optikerkette erneut mit Rekorden gestartet. In den ersten drei Monaten stieg der Umsatz um 7,7 Prozent auf knapp 303 Millionen Euro, der Quartalsüberschuss erhöhte sich um 18,6 Prozent auf 31,3 Millionen Euro. Und damit diese Entwicklung anhält, sollen bundesweit auf längere Sicht noch 140 Filialen dazukommen. Vor allem in Baden-Württemberg, Bayern und Berlin stimme ihn der Marktanteil mancherorts noch nicht zufrieden, erzählt der Chef. Während der Norden bereits Fielmann-Land sei. Neben Deutschland schaut sich die Optikerkette nun auch verstärkt in Polen um. In den kommenden Jahren soll dort die Zahl der Filialen von 17 auf 40 aufgestockt werden.

Am Ende der Bilanzvorlage darf - wie in den vergangenen Jahren - selbstverständlich die Frage nach seinem Nachfolger nicht fehlen. Fielmann lächelt, gibt sich aber überraschend plauderig. Sein Sohn Marc, 21, mache noch in diesem Jahr seinen Bachelor in Ökonomie an der London School of Economics. Danach solle er zunächst ein paar Praktika absolvieren. "Das Untenehmen von der Basis her kennenlernen", wie sich der Senior ausdrückt. Ein, zwei Jahre werde diese Lernphase wohl in Anspruch nehmen, bevor er in die Hamburger Zentrale komme. Und dann direkt auf den Chefsessel? "Im Moment fühle ich mich noch ganz wohl an der Spitze des Unternehmens - und gesund. Mein Vater ist auch über 90 Jahre alt geworden. Aber schauen wir mal", sagt Fielmann. Da ist er wieder, der Gedanke an den Murmeltier-Film.