Stiftung Warentest: Hansestadt belegt bei Pünktlichkeit drittletzten Platz in Deutschland. Nur in Erfurt und Leipzig Züge noch unpünktlicher.

Hamburg. Die Deutsche Bahn hat vor allem im Fernverkehr ein großes Problem mit der Pünktlichkeit. Laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest hatte zwischen vergangenem Juli und Ende Februar jeder dritte Fernzug mindestens sechs Minuten Verspätung. Mehr Verlass ist auf die Regionalzüge, die im Schnitt nur halb so oft unpünktlich ankamen.

Hamburg schnitt besonders schlecht in dem Test ab, für den die Stiftung mehr als 1,3 Millionen Ankunftszeiten über die Internetseite der Bahn auswertete. So kamen in der Hansestadt 38 Prozent aller Fernzüge verspätet an, nur in Erfurt und Leipzig waren die Züge noch unpünktlicher. Aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn ist dieses Ergebnis keine Überraschung. "Insbesondere auf der Strecke zwischen Hamburg und Köln setzt die Bahn viele veraltete Intercityzüge ein, die sehr störanfällig sind", sagte der Verbandsvorsitzende Karl-Peter Naumann dem Abendblatt. Zudem erweise sich der Verkehrsknotenpunkt Harburg immer wieder als Nadelöhr. Generell gebe es zu wenige Überholmöglichkeiten im Streckennetz der Bahn.

Allerdings ist das schlechte Abschneiden der Hansestadt auch dadurch zu erklären, dass Hamburg am Ende vieler Fernstrecken liegt. "Da addieren sich die Verspätungen besonders stark", sagte Naumann.

Generell ist das Verspätungsrisiko laut Stiftung Warentest umso größer, je weiter die Züge fahren. So seien 42 Prozent der über lange Strecken rollenden Nachtzüge unpünktlich gewesen, ICE und Eurocitys zu 34 Prozent und Intercitys zu 29 Prozent. Betrachtet man die Fernzüge insgesamt, so waren 33 Prozent unpünktlich: Zwölf Prozent kamen sechs bis zehn Minuten zu spät ans Ziel, zehn Prozent elf bis 20 Minuten, vier Prozent 21 bis 30 Minuten und sieben Prozent mehr als 30 Minuten.

Die bundeseigene Deutsche Bahn widersprach den Ergebnissen der Untersuchung nicht, beklagte aber, dass sie einen falschen Eindruck vermittelten. In der achtmonatigen Erhebungsphase lägen mehrere Streiktage und der besonders harte Winter, erklärte ein Bahnsprecher. "Damit verkennt die Studie, dass an den meisten Tagen die Pünktlichkeit wesentlich besser ist, als jetzt ermittelt wurde."

Im Jahresdurchschnitt liege die Pünktlichkeitsquote seit Jahren konstant bei mehr als 90 Prozent. Anschlusszüge würden zu über 93 Prozent erreicht. Diese Werte seien "für eines der weltweit komplexesten Bahnsysteme gut". Wie bisher nannte die Bahn aber auch gestern keine nach Zug-Arten oder Zeiträumen gegliederten Zahlen zu den Verspätungen.

Der Fahrgastverband Pro Bahn verlangte höhere Investitionen in das Schienennetz und in den Fuhrpark der Bahn. Jedes Jahr würden eine Milliarde Euro zu wenig in Züge und Infrastruktur gesteckt, sagte Verbandschef Naumann. Zwar habe der Konzern bereits neue Fahrzeuge bestellt, doch dies reiche bei Weitem nicht aus.

Die Bahn will für rund sechs Milliarden Euro zunächst 220 Fernzüge bei Siemens kaufen und hat Doppelstock-Fernzüge bei Bombardier bestellt, die von Ende 2013 an eingesetzt werden sollen. Bereits ab Dezember 2011 sollen 16 neue ICE 3 eingesetzt werden. Um mehr Züge zur Verfügung zu haben, werden außerdem Intercitys und ältere ICE derzeit technisch überholt und modernisiert.