Vor dem Amtsgericht Harburg behauptet der Angeklagte, er sei nicht pädophil. “Die Kinder tun mir leid. Wirklich.“ Elf Monate auf Bewährung.

Hamburg. Nach der Arbeit saß Tobias K. am Computer. Am liebsten zockte er dabei am Flugsimulator, während seine zwei Rechner illegal Filme, Spiele und Programme aus dem Internet herunterluden. Tag und Nacht aktiviert: Die Tauschbörse "Emule", eine Art gigantischer digitaler Gemischtwarenladen. Auch Kinderpornos schwirren unkontrollierbar in solchen Tausch-Netzwerken umher. Fast 13.000 Kinderpornos - Bilder und Videos - hat Tobias K., angestellt in der Poststelle eines Hamburger Medienunternehmens, über "Emule" geladen.

Das perverse Material hortete der 45-Jährige aus Finkenwerder auf zwei Rechnern. 4,3 Prozent von rund 300.000 Dateien, so listet ein Gutachten auf, zeigen Minderjährige - noch nicht zehn Jahre alt - in sexuellen Posen, Mädchen und Jungen beim erzwungenen Oral- oder Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen.

Gestern stand Tobias K. vor dem Amtsgericht Harburg wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Schriften. Er ist einer von vielen: Allein in Hamburg erfasst die Kriminalstatistik für beide Straftaten 151 Fälle (2008). "Das Dunkelfeld ist vermutlich noch viel größer", sagt Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dem Angeklagten waren die Ermittler nur durch einen Zufall auf die Schliche gekommen: Bei einer Hausdurchsuchung wegen des Verdachts auf Hehlerei hatten Zollfahnder auch die Computer konfisziert.

Der geständige Angeklagte mit den schütteren Haaren wirkt peinlich berührt, spricht häufig von sich in der dritten Person, wenn es unangenehm wird. Aus reiner Neugier habe er sich "alles Mögliche" heruntergeladen, auch Daten-Pakete mit Pornos, die bis zu 5000 Dateien beinhalteten. Ungefiltert seien dabei auch Kinderpornos auf der Festplatte gelandet. "So hat man sich den Rechner vollgemüllt", sagt er. Strafrechtlich wiegt die Verbreitung schwerer als der Besitz von Kinderpornos. In zehn Fällen stellte Tobias K. die Schandbilder- und Videos anderen Netzwerknutzern zur Verfügung. Emule basiert auf dem Prinzip "Geben und nehmen": Wer Daten herunterlädt, bietet automatisch auch welche an. "Davon habe ich nichts gewusst", behauptet indes der Computer-Fan.

Unter Experten ist unstrittig, dass niemand zufällig beim Surfen im Internet auf Kinderpornos stößt. Tobias K., so das Gutachten, hatte einschlägig bekannte Schlüsselworte in der Emule-Suchmaske eingegeben und sich die Bilder angeschaut. "Wer sich Kinderpornografie ansieht, ist vermutlich pädophil. Menschen ohne diese Neigung finden es allenfalls eklig", sagt etwa der Sexualmediziner Professor Hartmut Bosinski (Uni Kiel). Tobias K. bestreitet nicht, dass sich die Dateien auf seinem Rechner befanden. Er verneint aber pädophile Neigungen - das Gericht kann ihm das Gegenteil nicht nachweisen. "Eigentlich interessiere ich mich mehr für Damen über 40", sagt er und spricht von einer "Riesendummheit". "Die Kinder tun mir sehr leid. Wirklich." Sein Verteidiger präsentiert ihn als "armen Kerl, der auch mal reingeguckt hat". Reue und Einsicht sprechen nach Überzeugung der Richterin für Tobias K. Sie verurteilt den nicht vorbestraften Täter zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Zudem muss er die Kosten für das Gutachten in Höhe von 13 000 Euro tragen. Auf die Rückgabe der beschlagnahmten Computer verzichtet Tobias K. Der "arme Kerl, der auch mal reinguckte", hätte gern nur einen einzigen Ordner mit Bildern zurück.