Pädagogen lehnen das Töten von Kaninchen ab. Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich jetzt mit dem Vorfall an der Schule in Ratekau.

Hamburg/Lübeck. Die Kaninchen-Schlachtaktion an einer Gemeinschaftsschule in Ratekau bei Lübeck beschäftigt nun auch die Staatsanwaltschaft. Nach der Anzeige eines Arztes leitete die Staatsanwaltschaft Lübeck Ermittlungen ein, da sie verpflichtet ist, jeder Anzeige nachzugehen. Die Vorwürfe richteten sich gegen den Schulleiter und den Mann, der das Kaninchen bei einer Projektwoche zur Steinzeit Ende März getötet habe. Den Schülern sollte verdeutlicht werden, dass man Tiere töten muss, um Fleisch zu essen.

Norbert Rosenboom, Leiter des Amts für Bildung in Hamburg, hält es für ausgeschlossen, dass es einen solchen Vorfall an einer Hamburger Schule geben könnte. "Das Schlachten von Tieren, die vorher von den Kindern gestreichelt wurden, ist Kindern schlicht nicht zuzumuten. Das pädagogische Ziel, Kindern Wertschätzung gegenüber Tieren und Nahrungsmitteln zu vermitteln, lässt sich auch auf deutlich kindgerechterem Wege vermitteln."

Das sieht Peter Albrecht, Vorsitzender der Elternkammer Hamburg, genauso: "Um den Schülern etwas zu verdeutlichen, sind so drastische Maßnahmen nicht notwendig. Um eine Steinigung zu erklären, muss ich ja auch keine Steine werfen."

Der Schulleiter der Gesamtschule Ratekau, Georg Krauß, sagte dagegen dem Abendblatt: "Ich habe ein reines Gewissen." Er habe von der Schlachtung erst im Nachhinein erfahren, im Gespräch mit den Projektlehrern klargestellt, dass sich so etwas nicht wiederhole. Von Eltern der Fünftklässler habe es sowohl Lob als auch Kritik gegeben. "Wir werden über die Aktion auf einem Elternabend am Mittwoch diskutieren." Dem Medienecho gewann Krauß auch eine gute Seite ab. "Jetzt wird bundesweit darüber diskutiert, wie Kinder lernen können, dass für den Fleischkonsum Tiere getötet werden müssen."

Nach Ansicht von Thomas Trautmann, Professor an der Fakultät für Erziehungswissenschaften der Uni Hamburg, haben es die Lehrer an Sensibilität fehlen lassen. "Wir lieben Tiere, wir beschauen ihr Fell, wir bauen eine Beziehung auf." Sie dann zu töten, sei hochgradig unsensibel. "Ich bilde Lehrer hier aus, dass sie ein Gefühl dafür kriegen, wie Kinder ticken und reagieren. Mich erstaunt, wie wenig diese Lehrer ihre Schüler kennen." Ein großes Lob spricht er den Schülern aus, die mit einem Protestbrief die Tötung verhindern wollten. "Das war ein demokratischer Willenbildungsprozess, den die Lehrer nicht hätten ignorieren dürfen."

In Hamburg sezieren Schüler im Biounterricht tote Fische oder Schweineaugen, "aber wer das nicht möchte, muss nicht", sagt die Biolehrerin Ellen Körner vom Luruper Goethe-Gymnasium. "Häufig gibt es Kinder, die sich erst ekeln, dann aber doch fasziniert sind, wie schön und durchdacht die Natur ist", so Adrian Berthold, Biolehrer am Gymnasium Grootmoor in Bramfeld.