Hamburger Abendblatt:

1. Der mutmaßliche Selbstmordattentäter von Stockholm soll in Islamisten-Zirkeln in Europa indoktriniert worden sein. Tut der Westen zu wenig, um sich gegen solche heimische Terroristen zu schützen, den sogenannten haus-gemachten Terrorismus ("Homegrown Terrorism")?

Dagobert Lindlau:

Was auch immer im Bereich des Möglichen ist, es ist leider zu wenig, um alle Anschläge zu verhindern. Das schaffen nicht einmal totalitäre Polizeistaaten. Die Verhinderung einer Reihe von Attentaten in der Vergangenheit war nicht nur Glück, sondern auch das Resultat guter Vorfeldermittlungen.

2. Sind Terroristen mit Wurzeln aus einem europäischen, nicht islamischen Land für uns gefährlicher als andere aus islamischen Ländern?

Lindlau:

Die Attentate von al-Qaida sind von den Opferzahlen her gefährlicher, aber wahrscheinlich durch ihre kompliziertere Organisation leichter vor der Ausführung zu entdecken. Trittbrett-Dschihadisten sind oft fanatische Einzelgänger, Soziopathen oder religiöse Spinner und sind daher verborgener. Man muss mit allen Mitteln verhindern, dass sie im Dunstkreis islamistischer Zirkel gezüchtet und gehätschelt werden.

3. Können schärfere Sicherheitsgesetze, wie sie jetzt gerade wieder Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus gefordert hat, also zum Beispiel die Vorratsdaten-speicherung, die Terrorgefahr besser eindämmen?

Lindlau:

Vermutlich nein. Infiltration der islamistischen Szene und Kooperation mit verfassungstreuen deutschen Moslems würden dagegen sehr helfen. Beides ist aber auch nicht leicht zu haben.

4. Seit dem 11. September 2001 wehrt sich der Westen gegen al-Qaida. Warum sind die Erfolge so bescheiden?

Lindlau:

Der Westen ist auf militärische Abwehr eingeschworen. Die ist sinnlos in einem asymmetrischen Krieg, in dem es keine Font gibt und keinen erkennbaren Gegner, keine Flugzeuge, die man abschießen, und keine Schiffe, die man versenken kann.

5. Hat ein Anschlag wie der am Wochenende in Schweden auch Auswirkungen auf den Umgang der Politik mit Flüchtlingen und Verfolgten aus islamisch geprägten Ländern?

Lindlau:

Ich hoffe nicht. Dann treibt man sie nur ins Lager des dschihadistischen Massenwahns.