Nächster Sicherheitsverwahrter kommt demnächst in Hamburg frei. SPD kritisiert Verzögerungen bei neuen Maßnahmen.

Hamburg. Spätestens in knapp zwei Wochen wird sich für den ersten Hamburger Sicherungsverwahrten das schwere stählerne Tor der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel öffnen. Am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, endet seine zehnjährige Sicherungsverwahrung. Wahrscheinlich aber wird er eher freikommen, da Entlassungen während der Feiertage im Vollzugsalltag unüblich sind.

Während Karsten D., ein 60-Jähriger, der Mitte und Ende der 80er-Jahre zwei Menschen tötete, über Vollzugslockerungen langsam auf seine Freiheit vorbereitet wird - ebenso wie zwei vor 15 und 16 Jahren verurteilte Triebtäter, deren Entlassungen für Mai geplant sind - gibt es in Hamburg noch immer kein schlüssiges Konzept, wie die ehemaligen Sicherungsverwahrten betreut werden sollen.

Zu befürchten steht, dass sie ein ähnliches Schicksal ereilt wie dem aus Freiburg stammenden verurteilten Sexualstraftäter Hans-Peter W., der mangels geeigneter Unterbringung lange unter menschenunwürdigen Umständen wohnte. Erst mit dem einsetzenden Winter durfte der 53-Jährige seine Herberge in Niendorf verlassen, die weder über fließend Wasser noch eine Heizung verfügte, und auf das Gelände einer Asklepios-Klinik ziehen.

+++Warndatei soll in Zukunft vor rückfälligen Sexualstraftätern schützen +++

Wie aus der Antwort auf eine Kleine Senatsanfrage des SPD-Innenexperten Andreas Dressel hervorgeht, konnten sich die zuständigen Behörden und Arbeitskreise bislang weder auf die Anschaffung elektronischer Fußfesseln noch auf gesicherte Unterbringungsplätze für psychisch gestörte Gewalttäter einigen. Doch die Zeit wird knapp.

Zudem wird der Bundesrat wohl noch in dieser Woche das Therapie- und Unterbringungsgesetz (ThUG) auf den Weg bringen. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Ende 2009 steht die Sicherungsverwahrung vor einem generellen Wandel. Während das Bundesverfassungsgericht wohl Anfang 2011 ein Grundsatzurteil zur Sicherungsverwahrung fällen wird, sollen den Bundesländern noch in diesem Jahr mit dem ThUG erste Handlungsanweisungen mitgegeben werden, wie sie mit ehemaligen Sicherungsverwahrten umzugehen haben.

Demnach soll die Sicherungsverwahrung auf schwerste Fälle wie Mord und Vergewaltigung beschränkt werden. Es soll eine "elektronische Aufenthaltsüberwachung" von rückfallgefährdeten Tätern geben, etwa in Form elektronischer Fußfesseln. Zudem soll das Gesetz Voraussetzungen dafür schaffen, psychisch gestörte Gewalttäter bei anhaltender Gefahr weiterhin in geeigneten Einrichtungen zur Therapie gesichert unterzubringen.

Drei Wochen vor Inkrafttreten des Gesetzes ist das alles noch Theorie: "Für die gesicherten Unterbringungsplätze und die elektronischen Fußfesseln befinden sich die Behörden offenbar immer noch in den Prüfungen", erklärte Dressel mit Bezug auf die Senatsanfrage. "Für weitere Verzögerungen haben die Menschen aber gerade bei diesem Thema überhaupt kein Verständnis." Es könne nicht angehen, "dass dann wieder zahllose Polizisten für eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung sorgen müssen". Senator Heino Vahldieck (CDU) sei jetzt in der Doppelfunktion für Inneres und Justiz zuständig. "Er ist in der Pflicht, das bisherige Schwarze-Peter-Spiel zwischen beiden Behörden zu beenden und in den nächsten Tagen ein überzeugendes Konzept zu präsentieren", forderte Dressel.

Die Justizbehörde bestätigte dem Abendblatt, dass es noch keine abschließenden Ergebnisse zu diesen Themen gebe. In Sachen "gesicherte Unterkünfte" werde es jedoch rechtzeitig zu einer Lösung kommen, sagte Sprecherin Karen Ullmann. Schwieriger sei die Beschaffung elektronischer Fußfesseln. So gebe es bislang keinen deutschen Anbieter solcher Überwachungssysteme. Ein weiteres Problem sei, dass alle Bundesländer die gleiche Software zur Kontrolle der Fußfesseln benutzen müssten. Die Abstimmungen zwischen den Ländern dauerten allerdings noch an.

Weiter ist die Behörde jedoch bereits bei der grundsätzlichen Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung in Hamburg, die künftig entsprechend dem EGMR-Urteil vom normalen Strafvollzug abgekoppelt werden muss. Im Januar wird in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel der neue Sicherungsverwahrungstrakt eröffnet.

Deren künftige Insassen erwarten größere Hafträume, "offenen" Wohngruppenvollzug und großzügigere Schließzeiten. Für die 31 neuen apartmentähnlichen und wohnlicher eingerichteten Räume seien jeweils zwei Zellen zusammengelegt worden, erklärte Justizbehörden-Sprecher Volker Bulla. Die Sicherungsverwahrten hätten jederzeit Zugang zu einer gesonderten Hoffläche und sollen sich in ihrem Trakt frei bewegen können.