In Hamburg wird Mülltrennung Pflicht. Ab Januar muss jeder Haushalt Kompost, Papier und “normalen“ Müll separat entsorgen.

Hamburg. Ihren Biomüll schmeißt Christiana Samtleben auf einen der beiden Komposthaufen in ihrem Garten. Papier bringt sie zu einem Container um die Ecke. Nur für den Restmüll steht eine graue Tonne in der Einfahrt vor dem Einfamilienhaus in Stellingen. "Mehr Mülltonnen möchte ich auch nicht auf meinem Grundstück stehen haben", sagt die 48-jährige Hausfrau und Mutter. "Sie sehen hässlich aus und sind unnötig." Schließlich trenne sie den Müll ohnehin.

Zumindest gegen die zusätzliche Tonnen für Papier wird sich Familie Samtleben jedoch nicht wehren können. Passend zur Umwelthauptstadt müssen alle Hamburger ab 1. Januar 2011 ihren Müll trennen und in mindestens drei Tonnen entsorgen. "Mit der neuen Verordnung haben wir dann drei Regeltonnen: die graue Restmüll-, die grüne Biomüll- und die blaue Papiertonne", sagt Björn Marzahn, Sprecher der Umweltbehörde.

Von Zwang möchte die Behörde in diesem Zusammenhang aber nicht sprechen. "Eher von einem Anreiz", sagt Marzahn. Denn der Bürger, der seinen Müll ordentlich trennt , wird mit niedrigeren Gebühren belohnt und kann Geld sparen. So soll der Preis für die grüne Tonne, die jetzt 7,55 Euro im Monat kostet, um 60 Prozent gesenkt werden. "Da der Biomüll künftig nicht mehr in der grauen Tonne landet, kann man ein kleineres und kostengünstigeres Gefäß wählen." Die genauen Gebühren sein jedoch noch Verschlusssache. Sicher ist: In der Restmülltonne darf ab kommenden Jahr nur noch klar definierter Restmüll, wie etwa volle Staubsaugerbeutel, entsorgt werden. Zudem will die Stadtreinigung für den Biomüll kleinere Behälter "zum Selbstkostenpreis" anbieten, die man in der Küche unterbringen kann. Ein entsprechender Versuch läuft noch bis zum Ende des Monats. Der Vorteil besteht darin, nicht für jeden Kaffeefilter nach unten zur Biotonne laufen zu müssen.

Müll zu trennen ist für Christina Samtleben selbstverständlich. Für die neue Verordnung hat die Hausfrau allerdings kein Verständnis. "Mir wäre es am liebsten, wenn alles beim Alten bliebe", sagt sie. "Das funktioniert doch wunderbar." Wenn sie gezwungen werde, die unansehnlichen Behälter aufzustellen, werde sie diese hinters Haus verbannen. "Neben dem Anblick stört mich, dass wir künftig ständig daran denken müssen, irgendeine Tonne an den Straßenrand zu stellen." Nicholas Laudann ist dagegen begeistert, dass er seinen Abfall ab 2011 in drei Tonnen entsorgen kann.

"Ich finde es richtig, dass künftig alle Hamburger ihren Müll trennen müssen. Es darf nur nicht mehr kosten und zusätzlichen Krach durch die verschiedenen Müllabfuhren verursachen", sagt der 41-jährige Veranstaltungstechniker. Er wohnt in einem Mehrfamilienhaus in Altona. Vor dem Haus stehen den Bewohnern fünf graue Tonnen zur Verfügung. "Den anderen Müll wie Plastik und Papier bringe ich zu Containern hier in der Nähe", sagt Nicholas Laudann. Seinen Müll habe er schon immer penibel getrennt. "Schon als Kind. Der Umwelt zuliebe. Und weil ich Rohstoffverschwendung für unnötig halte." Jedoch sei er gespannt, wie das Platzproblem gelöst werde. "Bei uns ist es zum Beispiel schwierig, weitere Behälter aufzustellen."

Ibrahim Erbil will generell keine Mülltonnen vorm Haus haben. Der Inhaber einer Reinigungsfirma in Altona entsorgt seinen Unrat in rosa Säcken, die an den Straßenrand gestellt werden. "Das ist sehr praktisch", sagt der 35-Jährige. Vom Mülltrennen halte er nichts. "Der kommt hinterher doch eh auf einen großen Haufen." Außerdem habe er einfach keinen Platz für Mülltonnen. "Ich kann die Behälter ja schlecht auf dem Bürgersteig platzieren", sagt Erbil. Als Problem sehe er auch die zusätzlichen Müll-Lkw für die verschiedenen Tonnen. "Das ist nicht besonders umweltfreundlich, und die Wagen verstopfen die Straßen." Mit seiner Haltung zur Müllentsorgung steht Ibrahim Erbil nicht allein. Hamburg ist bundesweit Schlusslicht bei der Mülltrennung. In der grauen Restmülltonne landen bis zu drei Viertel Wertstoffe. Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung, sagt: "Von den 885.000 Hamburger Privathaushalten haben nur 101.000 die Papiertonne und nur 56.000 eine Biotonne." Es bestehe zwar seit Jahren "eine große Nachfrage" bei Mehrfamilienhäusern. "Aber bei vielen Vermietern fehlt noch das Bewusstsein für die Trennung." Torsten Flomm, Geschäftsführer des Grundeigentümerverbands Hamburg, gibt zu Bedenken, dass das neue Müllmodell nicht überall umsetzbar sei. "Die Idee ist nicht doof. Jedoch gibt es Wohngebiete, in denen es heute nicht möglich ist", sagt er.

Wichtig sei, dass dort auch gesagt werde, wie die neue Verordnung umgesetzt werden kann. "Dann muss man auch mal auf öffentlichen Flächen Sammelbehälter aufstellen", sagt Flomm. "Dabei sind die Bezirke gefragt, die sich bisher als Bremse erweisen." Michael Pistorius vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen sieht das ähnlich. Er hält den Zwang zu mehreren Tonnen besonders in Geschosswohnungen für "unpraktikabel".