Umweltexperte Reinhard Fiedler von der Stadtreinigung verrät, wie Sie Wertstoffe kostengünstig trennen können

Wohin mit unserem täglichen Abfall, und was ist mit Problemstoffen wie Elektrogeräten? Ist eine strikte Wertstofftrennung tatsächlich sinnvoll? Experte Reinhard Fiedler von der Hamburger Stadtreinigung gibt im Abendblatt-Interview Auskunft.

Abendblatt: Herr Fiedler, weshalb soll ich meinen Müll trennen?

Reinhard Fiedler: Mülltrennung ist zum einen abfallwirtschaftlich geboten, zum anderen sorgt es für Klima- und Ressourcenschutz. Wenn Sie Ihren Müll getrennt entsorgen, helfen Sie, Rohstoffe und Energie zu sparen und die Umwelt spürbar zu entlasten. Außerdem ist es ökologisch und auch ökonomisch sinnvoll, Stoffe wieder zu verwerten. Das entlastet zudem den Geldbeutel der Verbraucher, denn viele Sammelsysteme sind kostenlos, wie die blaue Papiertonne in der Standardgröße von 240 Litern mit vierwöchentlicher Leerung und Eigentransport. Gelbe Säcke oder gelbe Tonnen sind ebenfalls grundsätzlich kostenlos, und auch die Biotonne ist deutlich preiswerter als die normale Hausmülltonne.

Blaue Papiertonne, gelber Sack, graue Tonne - was ist am wichtigsten?

Die fünf Klassiker sind Papier, Glas, Bio, gelber Sack und Hausmüll, also graue Tonne. Man kann aber noch viel mehr tun. Einige sammeln Korken, verschiedene Metalle, alte CDs oder Holz und bringen diese Rohstoffe auf die Recyclinghöfe. Aus der Wertstofftrennung lässt sich ein richtiger Sport mit Lerneffekt machen, gerade auch für die Kinder.

Was bleibt bei konsequenter Trennung noch für den Hausmüll übrig?

Wenig. So kann der Hauseigentümer aber auch Geld sparen. Die meisten Haushalte haben 120-Liter-Tonnen. Es gibt jedoch auch 60-Liter-Tonnen. Lässt man diese nur alle zwei Wochen leeren, kostet das 8,36 Euro im Monat zuzüglich Grundgebühr.

Was mache ich mit fünf Kubikmetern Ästen, Zweigen und Laub?

Die bringe ich zum Recyclinghof oder lasse sie je nach Gartengröße dort verrotten. Das ist gut für die Bodenflora und Kleintiere wie Igel.

Wohin mit Energiesparlampen?

Im Gegensatz zu Glühbirnen gehören Energiesparlampen wie Elektrogeräte auf den Recyclinghof und nicht in den Hausmüll. Das wird leider noch viel zu wenig beachtet. Idealerweise müsste es jedoch so sein wie bei Batterien, denn für diese besteht eine Verpflichtung der Geschäfte, diese zurückzunehmen.

Was wird überhaupt recycelt?

Alles was getrennt erfasst wird. Altglas ist der Wertstoff, der praktisch unbegrenzt häufig wiederverwertet werden kann. Für das Recycling ist jedoch wichtig, das Glas immer streng getrennt in die Weiß-, Grün- und Braunglascontainer zu werfen. Fremdkörper wie Keramik, Porzellan oder Spiegel können eine ganze Ladung zunichte machen. Um 500 Blatt Papier herzustellen, benötigt man entweder 7,5 Kilogramm Holz oder 2,8 Kilogramm Altpapier. Bioabfall wird zu hochwertigem Kompost und zu Biogas verarbeitet. Zukünftig soll der Hamburger Biomüll auch verstärkt in Biogasanlagen zur Gewinnung von klimafreundlichem Biogas genutzt werden. So wird die Biotonne zur umweltfreundlichen Energiequelle. Fast 50 Prozent des Hausmülls ist organische Substanz. Aber von den rund 900 000 Hamburger Haushalten haben nur 50 000 eine Biotonne. Das könnten noch viel mehr sein. Doppelt so viele wären gut.

Gibt es noch zu viele Vorbehalte? Man hört immer wieder den Einwand, der getrennte Müll werde später wieder zusammengeworfen. Stimmt das?

Nein. Die Mülltrennung ist in jedem Fall sinnvoll. Weshalb sollte es wohl drei verschiedene Tonnen geben, die wir von der Stadtreinigung mit drei unterschiedlichen Fahrzeugen abholen? Der getrennte Müll wird später jeweils weiter sortiert. So wird Glas zermahlen und die Deckel und Plastikkorken durch spezielle Magnete aussortiert. Dann entsteht daraus wieder neues Weiß- und Buntglas. Übrigens: Blaue Flaschen gehören zum Grünglas. Und bitte keine farbigen Flaschen in die Container für Weißglas werfen, denn bereits drei grüne Flaschen verunreinigen das Weißglas. Man kann dann daraus kein weißes Glas mehr herstellen.

Was läuft bereits gut?

Die Glas- und Papiersammlung klappt in Hamburg gut. Für Papier haben wir bereits 100 000 kostenlose blaue Tonnen in Hamburg aufgestellt. Auch den gelben Sack für Produkte mit Grünem Punkt nutzen fast alle Haushalte. Der größte Nachholbedarf besteht beim Bioabfall also der grünen Biotonne.

Weshalb klappt es mit der Biotonne bei den Hamburgern noch nicht so?

Die Eigenheimbesitzer machen das schon sehr gut. Es hapert jedoch bei den Mietern. Das wiederum liegt oft an den Vermietern, die zwar die Kosten der Abfallentsorgung auf ihre Mieter umlegen können, nicht jedoch den Bau von Standplätzen für Biomüllcontainer. Diese Investition ist nicht umlagefähig. Deshalb können viele Mieter die Umwelt- und Kostenvorteile der konsequenten Abfalltrennung nicht umsetzen und merken das dann auch bei der Abrechnung der Nebenkosten.

Was können Mieter tun?

Sie müssen aktiv werden und ihren Vermieter ansprechen und ihn fordern. Die rechtliche Grundlage ist eindeutig. Der Mieter hat keinen Anspruch auf die Behältnisse. Er ist darauf angewiesen, was der Vermieter ihm für Trennsysteme zur Verfügung stellt.

Beim Thema Plastik sind die Verbraucher häufig unsicher. Was gehört denn nun in den gelben Sack?

Konservendosen, Joghurtbecher und Saft- und Milchverpackungen gehören in den gelben Sack - also nur die Verkaufsverpackungen mit einem Grünen Punkt. So gehören Waschmittelkartons in das Altpapier und Kleiderbügel, obwohl Plastik, gehören in den Hausmüll, ebenso wie Zellophanfolie aus Verpackungen. Der gelbe Sack ist übrigens nicht völlig kostenlos, denn die Hersteller bezahlen die Dualen Systeme für die Rücknahme ihrer Verpackungen durch den gelben Sack. Und der Kunde trägt diese Rücknahmekosten der Hersteller, wenn er ein verpacktes Produkt kauft.

Was gilt für die Problemstoffe wie elektrische Geräte?

Seit 2006 ist es gesetzlich verboten, Elektro- und Elektronikgeräte über die Hausmülltonne zu entsorgen. Das hat gute Gründe, denn die ausgedienten Geräte enthalten wertvolle Rohstoffe wie Blei, Eisen, Kupfer, Messing und Zink aber auch viele Umweltgifte wie zum Beispiel Cadmium. Diese Stoffe werden aussortiert und wieder verwendet. Somit schont die getrennte Sammlung von Haushaltsgeräten aber auch von Energiesparlampen die natürlichen Ressourcen.

Wie steht Hamburg bundesweit da?

Hamburg ist bundesweit das Schlusslicht, was die Mülltrennung betrifft. Spitzenreiter ist Bremen. Am besten sammeln die Hamburger Zeitungen.

Was raten Sie Verbrauchern?

Wertstofftrennung ist wichtig und sinnvoll. Noch besser als Wertstofftrennung ist die Abfallvermeidung. Verbraucher sollten bei ihren Kaufentscheidungen mehr Druck ausüben, beispielsweise indem sie verpackte Fleisch- und Wurstwaren meiden und stattdessen lose Ware kaufen und diese auch nur in Papier verpacken lassen. Bei Getränken sollten sie sich für Mehrwegverpackungen lokaler Hersteller entscheiden.