Bezirk Bergedorf will den Platz zu einem Multifunktionsort mit Freifläche, Parkplatz und neuem Eingang umbauen. Händler wehren sich.

Hamburg. Kein anderer Bezirk in Hamburg wandelt sich im Zentrum so stark wie Bergedorf: Im Ortskern steht der neue Riesenbahnhof für die S-Bahn mit neuem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB), einem neuen Parkhaus für Autos, einem zweiten, auch neuen, Parkhaus für Fahrräder - und direkt vor dem Bahnhof liegen Einkaufszentrum und Fußgängerzone: Alles bildet eine quirlige, kleinstädtische Mitte und ist der Stolz der Bezirksoberen.

Nur 500 Meter Luftlinie neben dem Bahnhof geht es gemütlicher zu. Hier liegt der Lohbrügger Marktplatz, eine 6000 Quadratmeter große Asphaltfläche zwischen der Fußgängerzone und den großen Wohngebieten von Lohbrügge, die als kostenfreier Parkplatz, als Wochenmarktfläche und für Jahrmärkte genutzt wird.

Das soll sich nun grundlegend ändern: Im Bezirksamt reifte die Idee, den Platz für 800.000 Euro völlig umzugestalten, teilte der Bezirk mit und bestätigte damit einen Bericht der "Bergedorfer Zeitung". Es soll ein schicker, öffentlicher "Kombinationsplatz" werden mit hoher "Aufenthaltsqualität", ein paar Bänken inklusive Brunnen vielleicht. In den Entwürfen taucht eine Freifläche kombiniert mit Wochenmarkt und akkurat eingeteilten Parkplätzen auf. Die Belange der unmittelbar benachbarten Feuerwehr, die eine bessere Zufahrt wünscht, sollen auch bedacht werden. Und es soll einen neuen Eingangsbereich auch für Radfahrer geben.

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Marktbeschicker wehren sich dagegen: "Die Planungen sind völlig unrealistisch", sagt Katrin Stender vom Stand De Kartoffelhöker. Die ehemalige Obfrau der Händler steht mit ihren Produkten ganz am Nordrand des Platzes. "Und zwar seit 32 Jahren", sagt sie. "Jetzt kommt hier ein Sandkasten hin. Was soll das? Für uns Markthändler gehen Plätze verloren. Und einige Händler erhalten schlechte Plätze. Sollen die dann ausgelost werden?"

Ob die Sandkiste dahin kommt, ist jedoch noch nicht klar. Denn der Bezirk hat mit einem Workshopverfahren mehrere Konzepte ausarbeiten lassen, die übermorgen präsentiert werden sollen. Eine erste öffentliche Vorstellung der Pläne war auf Kritik von Autofahrern gestoßen, die den Verlust von Stellflächen beklagten. Und auf Kritik von Markthändlern, die zum Teil generell gegen den Umbau sind.

"Funktioniert doch alles!", sagen sie und verweisen darauf, dass Bergedorfs größter Wochenmarkt "ein guter" ist. "60 bis 80 Händler finden hier Platz. Die Qualität der Waren ist hoch, und über die Umsätze kann sich keiner beschweren", sagt Fischhändler Timo Lenz, der jetzt Obmann der Händler ist. "Wir haben nichts dagegen, den Markt zu verschönern, sofern es nur um Verschönerung geht", sagt er. "Was mich aber ärgert: Wir wurden in die Planungen nicht eingebunden."

Der "gute Markt" funktioniert heute so: An den beiden Markttagen Mittwoch und Sonnabend stehen die Stände in lockeren Reihen auf dem Markt. Im Sommer sind die Reihen geschlossen. Wer als Autofahrer Glück hat, findet einen Parkplatz neben der Marktfläche. An den marktfreien Tagen werden auf dem Lohbrügger Markt bis zu 200 Autos in geordneten Reihen geparkt. Es sind Autos von Anwohnern, aber auch von Besuchern, die die kostenlose Parkgelegenheit nutzen und den halben Kilometer in die Innenstadt von Bergedorf zu Fuß zurücklegen.

Unter den Markthändlern gibt es auch einige, die vermuten, dass das Bergedorfer Amt die kostspieligen Pläne nur ausgrub, um an die Kofinanzierung zu gelangen. Das Bergedorfer Tiefbauamt zahlt 400 000 Euro. Die gleiche Summe kommt aus dem Bundesprogramm "Rise" - das "Rahmenprogramm Integrierte Stadteilentwicklung". Das Amt weist die Behauptung zurück. "Eine Ausführung von Maßnahmen um ihrer selbst willen kommt nicht vor", erklärt Bezirkssprecher Andreas Aholt.

Warum dann der 800 000 Euro kostende Riesenaufwand? Hier hieß es im vergangenen Jahr noch, der Untergrund unter dem Asphalt sei dringend sanierungsbedürftig, und der Platz müsse sowieso erneuert werden.

Auf erneute Nachfrage räumt der Bezirk nun ein, dass "die Sanierung nicht im Vordergrund steht, sondern die Rückgewinnung von Stadtraum". Andreas Aholt: "Es ist sehr wichtig, dass der Platz zum Verweilen und zur Kommunikation einlädt. Durch eine höhere Nutzungsintensität wird auch die soziale Kontrolle verstärkt. Zudem leben gerade in Lohbrügge viele ältere Menschen, die auf Sitz- und Ausruhmöglichkeiten angewiesen sind."

Weiterhin will der Bezirk sicherstellen, dass den Marktbeschickern auch in Zukunft 550 Frontmeter zur Verfügung stehen. Was der Forderung von Obmann Timo Lenz nach 600 Metern nahekommt.

Statt der bisher rund 200 kostenlosen Parkplätze will der Bezirk "zwischen 120 und 160 Stellflächen" schaffen. Der Bezirk lässt noch offen, ob diese kostenpflichtig sein werden. "Eine Bewirtschaftung der Stellplätze kann auch deutliche Vorteile bringen, da dann mehr Fluktuation entsteht und potenzielle Kunden auch tatsächlich einen freien Parkplatz finden", sagt Bezirkssprecher Aholt. Die Entscheidung liege jedoch in der Politik.

Die Bergedorfer Politiker wollen noch abwarten. Die CDU steht dem 800 000-Euro-Projekt nach anfänglicher Skepsis aber positiv gegenüber. Die SPD will zunächst die Bürgerversammlung abwarten und sich dann äußern. Die Abschlusspräsentation für den Lohbrügger Markt beginnt am Freitag, 20. Januar, um 17 Uhr im Lola-Kulturzentrum, Lohbrügger Landstraße 8.