Ex-Mitarbeiter des Reiseveranstalters fühlen sich im Stich gelassen, werfen Handelskammer Untätigkeit vor - die verteidigt sich.

Hamburg. Im Fall Rainbow Tours gerät die Handelskammer in die Kritik. Ehemalige Auszubildende und Mitarbeiter von Rainbow Tours sagen, dass die Kammer von Missständen bei dem mittlerweile zahlungsunfähigen Reiseveranstalter gewusst, aber nichts gegen diese unternommen habe. Die Handelskammer weist die Vorwürfe zurück.

Im Mittelpunkt des Falls steht der langjährige Rainbow-Tours-Chef Mathias D. Kampmann. Gegen ihn und andere Ex-Führungskräfte von Rainbow Tours ermittelt die Staatsanwaltschaft, 40 Strafanzeigen liegen vor. Es geht um Insolvenzverschleppung und Betrug. Das Hamburger Abendblatt hatte am vergangenen Sonnabend berichtet, dass Ex-Mitarbeiter ihm vorwerfen, Hunderttausende Euro unversteuert abgezweigt zu haben. Kampmann bestreitet die Vorwürfe.

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Ehemaligen Mitarbeitern zufolge hat Rainbow Tours auch die eigenen Auszubildenden ausgebeutet. Diese wehrten sich, suchten schon im Sommer 2009 Kontakt zur Kammer und schilderten Missstände und Arbeitsbedingungen in der Firma. Bewerber auf Ausbildungsstellen hätten zunächst bis zu ein Jahr "volontieren" müssen. In dieser Zeit hätten sie im Monat wie Auszubildende knapp 400 Euro brutto erhalten - für eine Vollzeitbeschäftigung.

Weil Rainbow Tours rund um die Uhr ein Notfalltelefon für Buspannen und andere Probleme besetzt halten musste, hatten Auszubildende auch Nachtschichten zu leisten. Die Schichten hätten sich direkt an Arbeitstage angeschlossen, berichten Ex-Mitarbeiter. Bis zu 30 Stunden seien Azubis in diesen Fällen im Einsatz gewesen. Zwar hätten sie nachts schlafen können, aber nur, wenn kein Notfall auftrat und der Chef, Mathias D. Kampmann, nicht mit Aufgaben anrief. "Manche hat er alle anderthalb Stunden angerufen, um zu schauen, ob sie nicht schlafen", erzählt ein Ex-Mitarbeiter.

Ausbilder seien nachts nicht in der Firma gewesen. Eine Mitarbeiterin sagt, diese Praxis hätte "grob gegen das Arbeitszeiten- und Ausbildungsgesetz verstoßen".

Die Azubis bekamen für die Nachtschichten 30 Euro unter der Woche und 75 Euro am Wochenende. "Ein Witz", sagt eine Ex-Auszubildende. Freiwillig seien die Schichten nicht gewesen.

Hinzu kam laut Ex-Mitarbeitern ein Missverhältnis im Personal. "Normalerweise braucht man drei Festangestellte pro Auszubildenden, bei uns war es anders herum", sagt eine Ex-Mitarbeiterin.

Ehemalige Auszubildende fühlen sich von der Kammer im Stich gelassen. Zwar seien Mitarbeiter zu einem Termin in der Firma gekommen und hätten mit Kampmann und anderen Führungskräften gesprochen. Geändert habe sich aber nichts.

"Viele Auszubildende wurden so verheizt", sagt ein Ex-Innendienstler. Eine Kollegin sagt, Azubis hätten "reihenweise" gekündigt oder sich krankschreiben lassen - insbesondere Frauen. Einige seien heulend aus dem Büro des Geschäftsführers gekommen, der häufig im Umgangston laut und beleidigend gewesen sei.

Ex-Rainbow-Chef Mathias D. Kampmann weist die Vorwürfe zurück. "Mein Mandant hat niemanden gemobbt oder gar bedroht", schreibt sein Anwalt. "Es mag vorgekommen sein, dass mein Mandant laut geworden ist. Sollte er dadurch Mitarbeiter verletzt haben, tut ihm dies leid." Kampmann sei nicht für die Einstellung, Ausbildung und Einteilung der Auszubildenden zuständig gewesen.

Er habe den Anteil der Festangestellten und fertig ausgebildeten Arbeitskräfte deutlich erhöht. Die Arbeitsbedingungen hätten sich "ganz erheblich verbessert". Nachtschichten seien freiwillig gewesen. Er habe niemanden grundlos nachts angerufen.

Die Pressestelle der Handelskammer bestätigt, dass sich Auszubildende von Rainbow Tours an die Kammer gewandt haben. Worüber diese sich beschwert haben, will die Handelskammer aber nicht mitteilen.

Für die bis zu einjährigen "Volontariate" der angehenden Auszubildenden erklärt sich die Handelskammer als "nicht zuständig". Dennoch erklärt die Unternehmervertretung langfristige Praktika vor Ausbildungsbeginn "grundsätzlich für nicht zielführend".

Anfang 2010 besuchten Kammermitarbeiter die Firmenzentrale von Rainbow Tours. Die Kammer habe auf die Beschwerden hin "mit Auszubildenden und Ausbildungsverantwortlichen" Gespräche geführt. Schließlich habe die Geschäftsführung zugesichert, "die Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes zukünftig einzuhalten". Daraufhin habe es keine weiteren Beschwerden mehr gegeben. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Azubis von der Reaktion der Kammer enttäuscht waren.

Mathias D. Kampmann ist in der Handelskammer gut vernetzt. Er ist Mitglied in der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg. Bis Juli 2011 war er Mitglied im Handelskammer-Ausschuss für Tourismus, seitdem sitzt er im Ausschuss für Sportförderung. Das Hamburger Abendblatt hat die Handelskammer gefragt, ob die von den Ex-Azubis kritisierte Untätigkeit mit dem Engagement Kampmanns in der Kammer zu tun hat. Die Handelskammer Hamburg hat auf die Frage nicht geantwortet.