Vor dem Bürgerentscheid über ein Kontorhaus an der Hoheluftbrücke streiten Isebek-Initiative und Bezirkspolitiker mit allen Mitteln.

Der Stein des Anstoßes bedeckt eine Fläche von 1000 Quadratmetern und ist 22,70 Meter hoch. Ein hässlicher Klotz in der Landschaft, sagen die einen. Endlich eine städtebauliche Verbesserung an einem Ort, der durch eine Burger-Braterei, einen Bunker und einen Parkplatz geprägt ist, sagen die anderen. Die Auseinandersetzung um ein sechsstöckiges Haus nimmt groteske Züge an. Rund um die Hoheluftbrücke, unmittelbar am Isebekkanal, herrscht dicke Luft.

Nun erreicht der erbitterte Streit um das Kontorhaus seinen finalen Höhepunkt. Am 1. Juli stimmen rund 195 000 Eimsbütteler darüber ab, ob das Büro- und Geschäftsgebäude gebaut wird. Der Bürgerentscheid ist das Ergebnis eines heftigen Hickhacks zwischen der Bürgerinitiative "Für den Erhalt des Grünzuges am Isebekkanal" und der Bezirksverwaltung. Nun können die Bürger entscheiden, ob sie der Vorlage des Bürgerbegehrens "Für die Respektierung des Bürgerwillens in Eimsbüttel!" oder der Vorlage der Bezirksversammlung "Isebek erhalten - Eimsbüttel gestalten" zustimmen.

Die Isebek-Initiative setzt sich dafür ein, dass auf Rodungen und Bebauungen zwischen Isebekkanal und dem U-Bahnhof Hoheluftbrücke verzichtet und der Bau des Kontorhauses verhindert wird. Dafür kämpft sie mit harten Bandagen. Unter anderem wirft sie den Bezirkspolitikern vor, die Bürger zu täuschen und zu verschweigen, dass unverzichtbarer Gehölzbestand zerstört würde. Zudem hätten Vögel und Fledermäuse am Isebekkanal ihren Lebensraum. Harald Duchrow von der Isebek-Initiative sagt: "Der Bürokoloss würde einen wichtigen Biotopverbund zerstören."

Der Naturschutzbund Hamburg, kurz Nabu, der nicht gerade im Verdacht steht, die Natur beschädigen zu wollen, stellt sich nicht auf die Seite der Naturfreunde-Initiative. "Wir halten den Bau des modifizierten Hoheluftkontors unter Berücksichtigung des Natur- und Artenschutzes für vertretbar", sagt Nabu-Vorsitzender Alexander Porschke dem Abendblatt. "Die Kritik der Initiative an dem Neubau teilen wir nicht." Damit schließt sich der Nabu der Haltung der Bezirksversammlung an, die für die Aufwertung des U-Bahnhofes durch das Bürogebäude sowie einen neu gestalteten Platz plädiert. Und natürlich sollten der Isebek-Grünzug und der Kleingarten erhalten bleiben.

Angefangen hat der Streit um das Kontorhaus bereits 2008. Die Initiative sammelte vor zwei Jahren für ihr erstes Bürgerbegehren "Hände weg vom Isebek!" mehr als 12 000 Unterschriften. Am 13. August 2009 stimmte die Bezirksversammlung dem Bürgerbegehren zu. Damit sicherte sie eine Erhaltung des Grünzugs am Isebekkanal zu, gab die Erneuerung der Geh- und Radwege entlang der Isebek und das geplante Café im Böschungsbereich an der Hoheluftbrücke auf.

Somit wurde das Bürgerbegehren umgesetzt - bis auf die Forderung, auf den Büro-Tiefgaragen-Komplex zu verzichten. Denn am Bau des Kontorhauses hielt die Bezirksversammlung fest. Das nahm die Isebek-Initiative nicht klaglos hin. Sie startete ein zweites Bürgerbegehren, für das sie rund 9500 Unterschriften sammelte. "Eines unserer Hauptziele ist eine menschenfreundliche Gestaltung des U-Bahnhof-Umfelds - ohne einen alles erdrückenden und verdunkelnden, riesigen Bürokomplex", sagt Harald Duchrow von der Isebek-Initiative.

Erneut kam es zu Kompromissverhandlungen. Der Vorschlag der Bezirksversammlung lautete: Das Kontorhaus wird um ein Geschoss, das Bauvolumen um 25 Prozent reduziert und die Tiefgarageneinfahrt ins Gebäude verlagert, wodurch 30 Stellplätze weniger möglich sind. Doch mit dem Angebot gab sich die Isebek-Initiative nicht zufrieden. Jetzt soll ein 250 000 Euro teurer Bürgerentscheid entscheiden.

"Es ist traurig, dass es so weit gekommen ist", sagt Niels Böttcher von der Eimsbütteler CDU. "Wir sind der Initiative immer weiter entgegengekommen." Aber diese habe trotzdem ihre Maximalforderung durchsetzen wollen. Die Isebek-Initiative wolle einen Urwald und nichts für Menschen, kritisiert Böttcher. "Dabei handelt es sich um bereits versiegelte Fläche." Duchrow wolle dort einen Park, der weder finanziell noch rechtlich machbar ist.

Harald Duchrow wirft den Bezirkspolitikern dagegen Täuschungsmanöver vor. "Auf bunten Plakaten werben sie für ihr Bauvorhaben, dessen Verwirklichung die Zerstörung eines städtebaulichen Kulturdenkmals und eines für den Biotopverbund unverzichtbaren Gehölzbestandes zur Folge hätte", sagt er. Um von diesen Schäden abzulenken, gäben sich die Politiker nun als "Retter der Isebek" aus. Zudem setzten sie bei Flyern und Plakaten Mittel der Bildfälschung ein. "Es ist das Bestreben erkennbar, die ökologischen Verwüstungen zu verschweigen und zu vertuschen, die das geplante Großbauvorhaben auslösen würden", sagt Duchrow.

Das seien unhaltbare Behauptungen, kontert Anne Schum von der Eimsbütteler SPD-Fraktion. "Es werden Gerüchte gestreut, Unwahrheiten verbreitet und Plakate zerstört." Zum Teil würden die Plakate auch überklebt. Zu lesen sei dort dann McBlöd, in Bezug auf die Fast-Food-Kette McDonald's, die ins Kontorhaus einziehen soll. "Die Initiative tut so, als wolle der Bezirk die ganze Isebek plattmachen", sagt Schum. Das sei Unsinn. "Wenn es jetzt Bürgerentscheide zu solchen Bauvorhaben an Hauptverkehrsstraßen gibt, ist das Instrument infrage zu stellen."

Das Unternehmen Bauplan Nord, der mögliche Investor des Hoheluftkontors, hofft unterdessen, dass er seinen Bau realisieren kann. "Der Grundstückskaufvertrag mit der Stadt ist bereits vorbereitet", sagt Torsten Koch, Inhaber und Geschäftsführer von Bauplan Nord. Er meint an die Adresse der Gegner: "Wenn 95 Prozent der Wünsche erreicht sind, dann sollte man vielleicht akzeptieren, dass es städtebauliche Kompetenzen Dritter für die Entwicklung im urbanen Raum gibt."

Als ob es noch eines Beleges für die Zerrissenheit in Hoheluft bedurft hätte, fügt er hinzu: "Falls sich die Eimsbütteler gegen den Neubau Kontorhaus entscheiden sollten, wäre meine basisdemokratische Überzeugung erschüttert."