Der etwas andere Unternehmer hat für 2010 ehrgeizige Ziele: 1000 neue Jobs, 120 Filialen und das erste Geschäft in der Türkei.

Hamburg. Dirk Roßmann, Inhaber und Gründer der gleichnamigen Drogeriekette, ist oft und gern in seinen eigenen Geschäften unterwegs. Das Abendblatt hat den 63-Jährigen in der neuesten Hamburger Filiale getroffen.

Hamburger Abendblatt: Sie haben gerade in bester Lage ihre größte Filiale in Hamburg eröffnet, nur wenige Meter von Budnikowsky am Glockengießerwall entfernt. Eine Kriegserklärung?

Dirk Roßmann: Ach was. Wir sind doch friedliebende Menschen. Aber der Wettbewerb verschärft sich für Budnikowsky natürlich. Zumal auch dm in Hamburg Filialen eröffnet hat und die Drogeriekette Müller nach Ahrensburg vorgestoßen ist.

Hamburger Abendblatt: Ist der Drogeriemarkt im Norden nicht längst gesättigt?

Dirk Roßmann: Nein. Der Markt ist im Umbruch, viele kleinere Läden schließen. Für zehn bis 15 neue Rossmann-Filialen ist in Hamburg sicher noch Platz. Vier Verträge haben wir schon unterzeichnet. Das Problem ist nur, geeignete Flächen zu finden. Wir wollen große Geschäfte ab 600 Quadratmeter - das ist die Zukunft der Drogerien. In fünf Jahren gibt es vielleicht noch die gleiche Anzahl an Läden, die sind dann aber größer und schöner. Insofern ist unsere neue Filiale an der Spitalerstraße mit 720 Quadratmetern zukunftsweisend.

Hamburger Abendblatt: Sie ist vor allem typisch für einen Trend: Eine Studie hat ergeben, dass sich in 375 deutschen Einkaufsmeilen schon 500 Drogeriemärkte angesiedelt haben. Wie passt edle Mode mit Anti-Schuppen-Shampoo zusammen?

Dirk Roßmann: Das passt doch wunderbar. Die Kundin möchte sich schicke Kleidung kaufen, aber sie braucht vielleicht auch einen Lippenstift oder will eine Flasche Wein besorgen. So eine Fußgängerzone kann ja nicht nur aus Modegeschäften bestehen. Es muss einen Mix geben, damit der Verbraucher möglichst viele Angebote hat. Das Problem ist häufig, dass kein Lebensmittler mehr da ist.

Hamburger Abendblatt: Ist das eine Ankündigung für eine Sortimentsausweitung?

Dirk Roßmann: Wir sind kein Lebensmittelhändler und wollen es auch nicht sein. Aber wir verkaufen Wein und Bioprodukte, die in Hamburg übrigens besonders gut laufen. Seit der Übernahme von Kloppenburg bieten wir in großen Läden ein sehr breites Sortiment an: Spiel- und Schreibwaren, ein größeres Haushaltssortiment, Mal- und Bastelbedarf. Im Geschäft an der Spitalerstraße gibt es auch Konsolenspiele und Playmobil. Das bringt natürlich auch mehr Umsatz.

Hamburger Abendblatt: Apropos Umsatz, Rossmann hat 2009 erstmals die Grenze von vier Milliarden Euro überschritten und ist in Deutschland um zehn Prozent gewachsen. Kann das so weitergehen?

Dirk Roßmann: Im ersten Quartal sind die Umsätze sogar um zwölf Prozent gestiegen, obwohl der Januar mit 2,5 Prozent Plus katastrophal war. Im März haben wir aber mit plus 20 Prozent aufgeholt. Wir haben seit zehn Jahren zweistellige Wachstumsraten, auf bestehender Fläche um fünf Prozent.

Hamburger Abendblatt: Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Dirk Roßmann: Sehen Sie nicht, welchen Charme Rossmann hat? Die Ware, die Mitarbeiter, der Chef? Nein, im Ernst: Diesen Erfolg haben wir vor allem unseren 43 Eigenmarken mit 3000 Artikeln zu verdanken. Schon 120 Produkte davon wurden von Stiftung Warentest und Ökotest mit "sehr gut" ausgezeichnet. Sie sind trotzdem oft die billigsten auf dem Markt.

Hamburger Abendblatt: Wie vertragen sich die Billigpreise mit hohen Mieten?

Dirk Roßmann: Das funktioniert nur, wenn die Umsätze sehr hoch sind. Wir haben im Großraum Hamburg 40 Läden und dadurch einen Kostenvorteil, weil die Werbung prozentual billiger wird. Ein Drogerieunternehmen muss effizient arbeiten. Das tun wir.

Hamburger Abendblatt: Was kostet Sie der Laden an der Spitalerstraße?

Dirk Roßmann: Das ist unsere teuerste Filiale. Ich sage Ihnen nicht, was er genau kostet, aber die Miete liegt in sechsstelliger Höhe. Pro Monat.

Hamburger Abendblatt: Haben Sie zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen?

Dirk Roßmann: Wir haben dort sieben neue Mitarbeiter eingestellt. Im Schnitt schaffen wir jedes Jahr 1000 Stellen in Deutschland. Das haben wir auch 2010 vor. Wir wollen 120 neue Läden eröffnen.

Hamburger Abendblatt: Ihr Konkurrent dm hat Ihnen einiges voraus, was den Service für Mütter angeht. Die dm-Filiale an der Hamburger Straße hat sogar eine ganze Babyabteilung.

Dirk Roßmann: Im Bereich Baby wollen wir richtig offensiv werden und erheblich zulegen. Von April an führen wir ebenso wie dm eine Babybonuskarte und eine Elternzeitschrift ein. Wickeltische gibt es in unseren neuen Läden schon.

Hamburger Abendblatt: Demnächst wollen Sie auch die türkischen Mütter von Rossmanns Charme überzeugen.

Dirk Roßmann: Genau. Wir investieren einige Millionen, um in den Markt hineinzukommen. Das Konzept der Drogeriemärkte gibt es in der Türkei noch nicht. Allerdings ist Rossmann durch die vielen in Deutschland lebenden Türken bereits ein Begriff - diese Kombination ist Erfolg versprechend. Im Juni wollen wir unsere erste Filiale in Ankara eröffnen.

Hamburger Abendblatt: Rossmann ist mit seinem Onlineshop ja sehr zeitgemäß ...

Dirk Roßmann: ... stimmt, 2009 haben wir über das Netz 34 Millionen Euro Umsatz erzielt. Wir bieten diesen Service gern. Bei nicht einmal einem Prozent vom Gesamtumsatz ist der Onlineshop für uns aber nicht der ganz große Joker.

Hamburger Abendblatt: Sind Sie selbst endlich online?

Dirk Roßmann: Nein. Ich kann das alles nicht. Ich habe keinen Laptop und noch nie eine E-Mail geschrieben. Ich trage nicht einmal ein Portemonnaie oder eine Armbanduhr bei mir. Nur im Auto habe ich ein Handy, so ein ganz altmodisches Ding. In dieser Hinsicht lebe ich in einer anderen Welt.

Hamburger Abendblatt: Und welches der unzähligen Produkte aus dem Rossmann-Sortiment benutzt der Chef selbst am liebsten?

Dirk Roßmann: Ach, ich bin sehr genügsam. Ich brauche nur meine Zahnpasta und meine Hautcreme. Die besorgt meine Frau und stellt sie mir hin. Ich kaufe selbst nicht gern ein. Wissen Sie, wenn man das Geld hat, sich alles leisten zu können, verliert man an vielen Dingen das Interesse. Ich habe kein Haus im Ausland, keine Yacht, kein Flugzeug. Mein größter Luxus ist es, auf Reisen in schicken Hotels abzusteigen.