Schüler finden Leichnam vor der Rudolf-Steiner-Schule. Der 58 Jahre alte Peter Lüchow wurde mit einem Kopfschuss getötet.

Hamburg. Sarah Brauer ärgerte sich noch, dass sie keinen Parkplatz vor der Rudolf-Steiner-Schule fand. Die rechte Seite der Christian-F.-Hansen-Straße, die parallel zur Elbchaussee durch eine ruhige Wohnstraße führt, war am frühen Freitagmorgen komplett mit Autos besetzt. Die 19-jährige Schülerin wunderte sich über dieses Taxi, das mit eingeschaltetem Warnblinklicht und laufendem Motor am Straßenrand zu parken schien. "Das Taxi stand etwas versetzt", fiel ihr auf und fuhr in eine der Seitenstraßen in Nienstedten. Sie wusste nicht, dass in dem beigen Mercedes kurz zuvor ein Verbrechen verübt worden war. Der 58 Jahre alte Taxi-Fahrer Peter Lüchow aus Wedel wurde in seinem Wagen von hinten erschossen.

Gegen 8 Uhr entdeckten zunächst Schüler, dass der Mann leblos und blutüberströmt auf seinem Fahrersitz zusammengesackt war. Eine weitere Passantin, die auch Ärztin ist, rief dann bei der Feuerwehr an. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des 58-Jährigen feststellen. Gleichzeitig sperrten Polizisten die Straße auf rund 200 Metern komplett ab.

Ermittler der Mordkommission bauten anschließend ihre Spezialausrüstung für 3-D-Aufnahmen auf Stativen auf. Damit können sie den Tatort punktgenau vermessen. An der Windschutzscheibe der E-Klasse fanden sie ein Schussloch. "Anhand der Spurenlage ist davon auszugehen, dass auf das Opfer im Fahrzeug von hinten ein Schuss abgegeben worden ist, der nach dem Austritt die Windschutzscheibe durchschlug", sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Peter Lüchow starb durch einen Schuss in den Kopf. Offenbar saß der Täter auf dem Rücksitz.

Gegen Mittag wurde das Taxi samt Leichnam auf einen Abschlepper gehoben und in das Polizeipräsidium gebracht. Dort sicherten Beamte der Kripo die Spuren. Anschließend untersuchten Rechtsmediziner die tödliche Schusswunde des 58-Jährigen am UKE.

Unterdessen rätseln die Ermittler über das Motiv. "Nichts deutet auf eine Raubtat hin", sagt Polizeisprecherin Sweden. Das Portemonnaie von Peter Lüchow lag noch samt der Einnahmen im Wagen. War es ein Fahrgast, war es eine Beziehungstat? Auch die genaue Tatzeit ist noch nicht bekannt. Die Polizei sucht daher Zeugen, die möglicherweise Schüsse in der Nacht zu Freitag gehört oder verdächtige Personen gesehen haben. Auch will die Polizei wissen, wer vor der Tat Kontakt zu dem Opfer hatte. Deshalb hat sie ein Foto von Lüchow veröffentlicht. Bislang ist auch nicht bekannt, an welchem Taxistand der Fahrer, der keinem Verband angeschlossen war, seine Fahrgäste aufgenommen hat. Das Kennzeichen seines Wagens lautet: HH-CE 675. Hinweise unter Tel. 428 65 67 89.

Über Peter Lüchow ist bislang nur bekannt, dass er in einer Wedeler Einliegerwohnung bei einer Seniorin lebte. Nachbarn des gelben Reihenhauses haben ihn tagsüber selten gesehen, weil er dann offenbar schlief. Er soll nachts gefahren sein. Nach Abendblatt-Informationen hat er 1998 bei den Kommunalwahlen für die FPD im Wahlkreis 15 kandidiert.

In Nienstedten sorgte der gewaltsame Tod des Taxifahrers für Entsetzen. "Es ist unglaublich, was hier passiert ist", sagt eine Anwohnerin, die anonym bleiben möchte. "Und das ausgerechnet in dieser Gegend." Eine andere Nachbarin erzählt, dass es zwar "reichlich Einbrüche" geben würde. "Aber einen Mord bislang noch nicht."

Auch die Taxiverbände reagierten geschockt. Annemarie Taraske vom Landesverband Hamburger Taxiunternehmen: "Das ist erschreckend. Solch einen Überfall hat es lange nicht gegeben. Meistens sind es nur Kleinkriminelle, die sich schnell Geld besorgen müssen." Manchmal mit schrecklichen Folgen, so wie im Mai 1991, als ein damals 21-Jähriger den Taxifahrer Horst G. (54) mit einem Messer an der Rubbertstraße in Wilhelmsburg erstach. Im späteren Prozess sagte er: "Als er das Portemonnaie zog, sah ich die Scheine."