Das Logistikunternehmen eröffnet ein neues Terminal in Stade. Ungewiss ist hingegen die Zukunft des Schwergutgeschäfts im Hamburger Hafen.

Hamburg. Die Männer für schwere Ware gehen ans Werk. Gabelstapler bringen verschiedene Hebegeschirre sowie Transportbänder aus Kunststoff heran. Die Stauer auf dem Buss Hansa Terminal im Hamburger Hafen legen die Bänder um einen 80 Tonnen schweren Druckbehälter von Alstom. Das Bauteil ist für eine Anlage zur Wasserstofferzeugung in Saudi-Arabien bestimmt und soll auf das Schwergutschiff "Chipolbrok Sun" verladen werden, das am Kai vertäut liegt. Markierungen an dem röhrenförmigen Behälter weisen darauf hin, wo die Transportbänder anliegen sollen. Aber Norbert Sach sieht sofort, dass diese Angaben nicht stimmen können. "Das linke Band muss weiter nach außen, sonst kommt das Teil nicht ins Gleichgewicht", ruft der Lademeister seinen Leuten zu. Die versetzen den Gurt wie gewünscht, und der Kran hebt das Industriegut problemlos an.

+++ Menschlich gesehen: Cruiser im Hafen+++

Feinarbeiten wie diese machen das Schwergutgeschäft zum Fall für erfahrene Spezialisten. Für fast jedes der großen Stücke, die über den Kai am Hansa Terminal gehen, gibt es besondere Anforderungen mit Blick auf Hebepunkte, Transportstatik oder die Fixierung an Deck des Schiffes. Ganze Fabrikanlagen oder Kraftwerkseinrichtungen werden aus Deutschland durch den Hamburger Hafen exportiert. Aber auch Lokomotiven, Eisenbahnwaggons, Schwerlastkräne oder Militärfahrzeuge. Viel Zeit verwenden die Männer auf dem Terminal darauf, mit den Besatzungen der Schwergutfrachter über die Positionierung der Ladung an Deck und über ihre Befestigung zu debattieren, damit das Schiff sicher ans Ziel kommt. "Es geht bei einzelnen Stücken mitunter mehrmals hin und her, bis die richtige Positionierung auf den Lagerböcken an Bord gefunden ist", weiß Sach, 63, der seit 50 Jahren im Hafen arbeitet, davon 35 Jahre auf den Terminals von Buss.

Das Geschäft mit der sogenannten Projektladung ist die hohe Schule des Hafenumschlags. Nichts in diesem Gewerbe ist standardisiert wie etwa auf den Containerterminals. Dort werden mithilfe von Großtechnik täglich Abertausende Stahlboxen in immer gleichen Abläufen bewegt. Kräne mit 100 bis mehr als 200 Tonnen Hebefähigkeit nutzen auch die Stauer auf dem Hansa Terminal. Aber Schwergut ist ungleich komplizierter als Container.

Das Hamburger Traditionsunternehmen Buss, gegründet in den 1920er-Jahren, ist in Europa einer der profiliertesten Anbieter dieser Dienstleistung. Dennoch ist unklar, wie lange auf dem Hansa Terminal noch gehoben, gestaut und gelascht wird. Im zentralen Hafenbereich soll in den kommenden Jahren eine neue Großanlage mit dem Namen Central Terminal Steinwerder (CTS) entstehen, für den Containerumschlag, womöglich auch für Schwergut oder für Industrieunternehmen. Buss hat mit einem eigenen Konzept am Wettbewerb der Hamburger Hafenverwaltung Port Authority (HPA) zur Gestaltung des CTS teilgenommen. Über die Vergabe des Betriebs ist noch nicht entschieden. Fest steht nur, dass Buss das Hansa Terminal und auch den benachbarten Schrottumschlag auf dem Ross Terminal wird räumen müssen.

Der Verdrängungsdruck im Hamburger Hafen ist einer der Gründe dafür, dass Buss in den vergangenen Jahren neue Terminals in anderen Städten eröffnet hat, darunter in Duisburg und im niederländischen Eemshaven. Heute weiht das Unternehmen gemeinsam mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) ein neues Mehrzweckterminal am Hafen von Stade ein. "Wir konnten unsere Terminals seit Anfang des vergangenen Jahrzehnts nicht mehr entwickeln, weil die Vorplanungen für das CTS ja alle Standorte im mittleren Hafengebiet infrage stellen", sagt Johann Killinger, der Inhaber der Buss-Gruppe, in seiner Firmenzentrale am Sandtorkai in der Hamburger HafenCity. "Spätestens, als wir aufgrund der Vorplanungen für das CTS erhebliches Geschäft verloren haben, war uns klar, dass wir uns vorsorglich Alternativen zu unseren Hafenbetrieben in Hamburg aufbauen müssen. Unsere Eisscholle in Hamburg schmilzt uns allmählich weg." Das Terminal Kuhwerder ist bereits gekündigt und muss vom Unternehmen bis zum Jahresende aufgegeben werden.

+++Neues Terminal: Stades Hafen wächst heran+++

+++Hamburger Terminalbetreiber investiert in Windparks+++

Der CDU-geführte Senat hatte zu Beginn der 2000er-Jahre für Steinwerder vor allem den Containerumschlag im Sinn - Container Terminal Steinwerder hieß das Projekt zunächst. Der Containerumschlag aber ist bei Buss nur ein Nebengeschäft. Anstatt Hamburgs drittgrößten Hafenlogistiker mit dem Neuaufbau eines Terminals zu betrauen, orientierte sich die Stadt bei den Planungen von Beginn an in alle Richtungen. Mittlerweile aber ist längst klar, dass ein reines Containerterminal für den absehbaren Bedarf in Hamburg gar nicht gebraucht wird. "Die Stadt wollte und will mit dem Central Terminal Steinwerder mehr Kapazität und auch mehr Wettbewerb im Hafen schaffen", sagt Killinger. "Das ist grundsätzlich sinnvoll. Ich habe aber nie verstanden, warum man hierfür ein alteingesessenes Unternehmen verdrängen muss, anstatt ihm die Möglichkeit zu geben, seine Position im Wettbewerb auszubauen, wie es bei den großen Containerterminals gemacht wurde."

In der Tat haben die beiden großen Hamburger Betreiber von Containerterminals, die HHLA und Eurogate, ihre Anlagen im Hafen in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut, oder sie bereiten dies noch vor. Die HHLA, die rund zwei Drittel aller Container in Hamburg umschlägt, nahm 2002 in Altenwerder das modernste Containerterminal der Welt in Betrieb. Das Tollerort-Terminal erweiterte und modernisierte das Unternehmen, ebenso Hamburgs größtes Terminal, den Burchardkai. Konkurrent Eurogate plant die Erweiterung seiner Anlage im Waltershofer Hafen nach Westen hin. All das soll Hamburgs Hafen in die Lage versetzen, bis zum Jahr 2025 jährlich bis zu 25 Millionen Containereinheiten (TEU) umzuschlagen, 2011 waren es rund neun Millionen TEU.

Der Betrieb auf dem Hansa Terminal hingegen wird für Buss immer schwieriger. Rund ein Sechstel trägt die Anlage zum Gesamtumsatz des Unternehmens von insgesamt 102 Millionen Euro bei, den Buss im vergangenen Jahr mit dem Hafenbetrieb, der Entwicklung von Logistikimmobilien und mit Containerfonds erwirtschaftete. "Aus planerischer Sicht ist die Lage am Hansa Terminal für uns wie ein Ritt auf der Rasierklinge", sagt Killinger, "weil man natürlich nicht mehr langfristig planen und investieren kann und trotzdem einen gut funktionierenden Betrieb aufrechterhalten will und muss." Das Hansa Terminal und das Ross Terminal sind von der HPA jederzeit mit einer Frist von einem Jahr kündbar.

Heinrich Ahlers, Chef der Sparte Hafenlogistik bei der Buss-Gruppe, hat erst kürzlich für fünf Millionen Euro einen neuen Liebherr-Kran mit 200 Tonnen Hebefähigkeit für das Hansa Terminal angeschafft. Den allerdings kann man leicht in einen anderen Hafen verlegen, wenn es mit dem Schwergutumschlag bei Buss in Hamburg zu Ende geht. "Einen neuen Schuppen aus Stahl und Beton würde ich auf dem Hansa Terminal nicht mehr bauen", sagt Ahlers in der Firmenzentrale. "Wir haben für die Lagerung von Gütern zuletzt eine Leichtbauhalle errichtet, die man schnell wieder demontieren kann."