Manipulation werfen Konkurrenten wie Vattenfall dem Unternehmen vor. Die Kundenanzahl des Ökostromanbieters ist rasant gestiegen.

Hamburg. Der städtische Versorger Hamburg Energie (HE) eilt von einem Höhenflug zum nächsten. Allein im vergangenen Jahr ist die Kundenzahl um 40 000 auf 60 000 Strombezieher gestiegen. "Das sind 26 000 mehr, als wir erwartet haben", sagte gestern der HE-Chef Michael Beckereit. Hinzu kamen 8000 Gasabnehmer. Heute zählt das Unternehmen bereits 90 000 Privatkunden in Hamburg und dem Umland, davon bestellen 10 000 Gas von dem Unternehmen.

+++ Kommentar: Ein Streit hilft keinem Beteiligten+++

Ein Grund für den Erfolg ist der Strompreis. HE unterbietet die Mitbewerber bei ihren Ökotarifen. Bis Ende April kostete eine Kilowattstunde (kWh) Strom bei dem Unternehmen 20,9 Cent. Seit Anfang Mai sind es zwar 21,9 Cent, aber nur für Neukunden. Die bisherigen Abnehmer profitieren bis Jahresende von einer Preisgarantie.

Mit dieser Kalkulation ist HE deutlich günstiger als andere Ökostromanbieter in Hamburg. Der Rivale LichtBlick verlangt etwa 24,19 Cent pro kWh, Marktführer Vattenfall 23,99 Cent.

+++Hamburg Energie rechnet 2012 erstmals mit Gewinnen+++

+++Hamburg Energie soll Hochbahn mit Ökostrom versorgen+++

Allein ein Cent günstiger bedeutet für einen Haushalt mit 3500 kWh Verbrauch eine Einsparung von 35 Euro im Jahr. Das alleine schon könnte ein Grund zum Wechsel des bisherigen Anbieters sein. Da aktuell knapp 14 Cent des Strompreises von HE aus staatlichen Abgaben wie etwa die Kosten für die Unterstützung von erneuerbaren Energien oder der Konzessionsabgaben bestehen sowie die Entgelte für die Nutzung der Stromnetze, blieben Hamburg Energie nur noch gut acht Cent für den Stromeinkauf, das Marketing und die anderen Kosten übrig. Deshalb haben LichtBlick, Vattenfall und diverse andere Anbieter, die Hamburg mit Strom versorgen, in den vergangenen Tagen vermutet, HE gebe seinen Strom zu billig ab und werde von der ebenfalls städtischen Muttergesellschaft Hamburg Wasser oder der Stadt selbst quersubventioniert.

Diesen Vorwurf wies Beckereit gestern zurück. "Wir sind keine Discounter, sondern ein Unternehmen, das am Ende Geld verdienen will", sagte er. Auch dem Verdacht, allein schon die Marketingausgaben von HE überstiegen die Gewinne durch den Stromverkauf, widersprach er. "Unsere Marketingkosten liegen deutlich unter einer Million Euro", sagte Beckereit. "Wir sind mit 22 Mitarbeitern ein sehr schlankes Unternehmen. Wir geben Neukunden keine Boni und lassen uns nicht kostenpflichtig auf Verbraucherportalen wie Verivox oder Toptarif listen", begründete er die niedrigen Kosten von HE. "Wir geben deutlich weniger als 100 Euro für die Gewinnung eines neuen Kunden aus." Möglich macht dies die Zusammenarbeit im Vertrieb und der Abrechnung mit Hamburg Wasser. Beckereit betonte jedoch, dass HE sämtliche Kosten die Hamburg Wasser deshalb entstehen, der Mutter auch erstatte. Auch der Vorwurf, die Stadt überlasse Hamburg Energie den neuen Energiebunker nach Ende der Bauausstellung in Wilhelmsburg, stimme nicht. Vielmehr werde der Bunker von HE gemietet. Nicht nur das Kundenwachstum, auch das Geschäftsergebnis liegt laut Beckereit deutlich über Plan. Der Versorger erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 107,6 Millionen Euro, der kalkulierte Verlust fiel mit 1,4 Millionen Euro deutlich geringer aus als geplant. In diesem Jahr will das 2009 gegründete Unternehmen erstmals mit 700 000 Euro ein positives Jahresergebnis erreichen.

Die HE-Mutter Hamburg Wasser mit 2130 Mitarbeitern erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz in Höhe von 520,9 (Vorjahr: 502,6) Millionen Euro und einen Gewinn in Höhe von 31,5 (39) Millionen Euro. Ob sich der Wasserpreis in diesem Jahr verteuert, konnte Beckereit noch nicht sagen. Derzeit kostet Frischwasser 2,75 Euro pro Kubikmeter. Beim Abwasser jedoch deuten sich Änderungen an. Seit dem 1. Mai gibt es getrennte Abrechnungen für Schmutzwasser und Wasser durch Niederschläge. Die neuen Gebühren hängen von der Größe der versiegelten Fläche auf Grundstücken ab. Wasser, das versickern kann, wird mit einer günstigeren Gebühr belegt als solches, das etwa von der Dachrinne aus direkt ins Abwassernetz eingeleitet wird. Profitieren sollen von dem Splitting all jene, die viel Frischwasser nutzen und gleichzeitig über wenig versiegelte Flächen verfügen wie zum Beispiel Mieter. Mehr bezahlen werden vermutlich große Firmen wie etwa Logistikkomplexe, die die meisten ihrer Flächen versiegelt haben. Laut Wolfgang Werner von Hamburg Wasser sollen die Kosten künftig verursachungsgerechter auf die Kunden des Unternehmens verteilt werden.