Hoffnung, dass die Erkrankungswelle ihren Höhepunkt überschritten hat. Ursache weiter ungeklärt

Hamburg. Ein erster Hoffnungsschimmer, aber keine Entwarnung: So lässt sich die Situation rund eine Woche nach Ausbruch der seuchenartigen EHEC-Infektion zusammenfassen: Das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) meldete gestern erstmals einen Rückgang der Neuinfektionen. Und keines der 19 Kinder, die unter einem besonders schweren Verlauf der von dem EHEC-Erreger ausgelösten Darmkrankheit leiden, sei in Hamburg in Lebensgefahr. Zwei Meldungen, die Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks erstmals ein wenig optimistisch stimmten: "Ich hoffe sehr, dass dies ein Indiz dafür ist, dass der Höhepunkt der Erkrankungswelle überschritten ist", so die SPD-Politikerin. Auch Prof. Ansgar Lohse, Gastroenterologe am UKE, geht von einer "Stabilisierung der Lage" aus, sagt aber auch: "Selbst wenn die Infektionsquelle nicht mehr aktiv ist, können die Erreger noch von Mensch zu Mensch übertragen werden." Tatsächlich gab es gestern weiter Meldungen über etliche neue Fälle - auch über Erkrankungen mit der schweren Komplikation HUS - dem Hämolytisch-urämischen Syndrom, das zu Ausfällen der Nierenfunktion führen kann. Schwerpunkt der Krankheit ist weiter Hamburg, wo inzwischen 488 EHEC-Fälle registriert sind, etwa 20 mehr als noch am Sonnabend. Allein am UKE werden 61 Patienten wegen des gefährlichen HU-Syndroms behandelt. Bundesweit sind es mehr als 1200 Infizierte, die Zahl der Toten erhöhte sich auf 14. "Wir haben eine angespannte Situation, aber sie ist zu bewältigen", sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nach einem Spitzentreffen von Bund und Ländern zur EHEC-Krise. Die Uni Münster meldete gestern, sie habe einen Schnelltest zum Nachweis des EHEC-Erregers entwickelt.

Mit einem Blutaustausch versucht das UKE unterdessen die schweren HUS-Fälle in den Griff zu bekommen: Alle HUS-Patienten erhalten eine sogenannte Plasmapherese. Dabei wird das Blutplasma ausgetauscht, um schädliche Eiweiße aus dem Blut zu entfernen. Das Problem: "Ein großer Teil der Patienten spricht nur unzureichend auf die Plasmapherese an", sagt UKE-Nierenspezialist Prof. Rolf A. K. Stahl. 18 HUS-Patienten liegen deshalb auf der Intensivstation; acht davon leiden unter schweren neurologischen Komplikationen (Komazustände und Krampfanfälle). Bei zwölf Patienten mit schweren Krankheitsverläufen setzen die Ärzte den neuen Wirkstoff Eculizumab ein. Dabei handelt es sich um einen Antikörper, der gegen das Nierenversagen und Schäden im zentralen Nervensystem bei HUS wirken soll.

Die Suche nach der eigentlichen Quelle des gefährlichen Keims geht daher weiter. Am Donnerstag vergangener Woche waren bei Analysen des Hygienischen Instituts auf dem Hamburger Großmarkt vier Gurken entdeckt worden, die mit dem EHEC-Erreger verseucht waren. Drei der Gurken konnten Erzeugerbetrieben aus Südspanien zugeordnet werden. Bei der vierten Gurke war die genaue Herkunft auch gestern noch unklar, wie es bei der Gesundheitsbehörde hieß. Jeden Tag würden aus Läden und Handel der Stadt 80 Proben analysiert - doch noch immer seien erst die vier Gurken als Träger des Keims identifiziert. "Die Suche geht weiter - aber sie ist bei einem solchen Frischeprodukt äußerst schwierig", sagt Behördensprecher Rico Schmidt.

Unklar ist zudem weiter, wo die spanischen Gurken mit dem EHEC-Erreger in Kontakt gekommen sind. In Spanien sind daher Schadenersatzforderungen gegen Deutschland laut geworden, weil die Hamburger Behörden die Namen der spanischen Betriebe genannt hatten. Spanische Gurken sind unterdessen von Hamburg aus wohl auch an andere Länder weitergeliefert worden. In Österreich werden per Videotext sogar Listen von Läden, überwiegend aus dem Biobereich, verbreitet, die spanische Gurken via Hamburg geliefert bekommen haben. Ein Vorgehen, das von den Hamburger Behörden abgelehnt wird. "Wir nennen keine Namen bei reinen Verdachtsfällen", so Behördensprecher Schmidt.

Dennoch haben andere europäische Länder inzwischen weitere Schutzmaßnahmen getroffen: Russland verbot gestern sogar die Einfuhr von Frischgemüse: aus Spanien und Deutschland. (mha, at, dpa)