Die Hansestadt ist bundesweit Schlusslicht. Aber Mittelständler stehen bei der Frauenförderung deutlich besser da als die Konzerne.

Hamburg. Maja Halver kennt sie zu Genüge, die Situation, wenn alle Männer im Raum auf die einzige Frau schauen. Und sich nur aus Anstand die Frage verkneifen, warum diese Person jetzt auch noch selber die Präsentation hält und nicht für den Kaffee sorgt. "Als Frau Geschäftsführerin zu sein ist eben überhaupt nicht normal", sagt Maja Halver, die sich mit der Ajax Loktechnik selbstständig gemacht hat. Sie bietet Service für Diesellokomotiven an und hat sich damit in eine reine Männerdomäne gewagt. "Viele fragen mich, ob ich denn auch Ingenieurin sei", sagt die Hamburgerin, die Maschinenbau studiert und schon an der Uni gelernt hat, ihren Part als Exotin unter männlichen Technikern mit Humor zu nehmen.

Eine Außenseiterrolle spielt die 46-Jährige als Topmanagerin insbesondere in Hamburg. In der Hansestadt beträgt der Anteil von Frauen an der Spitze von Mittelständlern nur 14 Prozent. Bundesweit sind es 20 Prozent, zeigt eine Mittelstandsumfrage unter 4000 Firmen, welche die Commerzbank gestern in Hamburg präsentiert hat. Nicht nur das: Die Hansestadt bildet sogar im Vergleich aller 16 Bundesländer das Schlusslicht, hier ist die Zahl weiblicher Chefs bundesweit am geringsten.

Insgesamt auffällig gering ist die Quote von Top-Managerinnen in den nördlichen Bundesländern. "Im Norden werden wegen der Wirtschaftsstruktur weniger Top-Positionen angeboten als im Süden", sagt Hilmar Schneider vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) dem Abendblatt. Diese hoch dotierten Posten seien vergleichsweise härter umkämpft und erforderten daher eine Ellbogenmentalität, die Frauen meistens weniger liege als Männern, argumentiert Schneider. Sonja Bischoff, die an der Uni Hamburg zu Führungskräften forscht, macht dafür auch den Branchenmix verantwortlich. "Hier dominiert einfach die männerorientierte Hafenwirtschaft".

In Hamburg verstärkt die Handelskammer nun allerdings auch ihre Anstrengungen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. "Wir planen in diesem und im nächsten Jahr eine entsprechende Offensive", sagte Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, der die Aussagekraft der Studie allerdings bezweifelt. Den höchsten Anteil weiblicher Spitzenkräfte verzeichnen demnach ostdeutsche Länder. Die Frauenerwerbsquote war zu DDR-Zeiten höher als im Westen, daher spielten weibliche Angestellte im Osten traditionell eine andere Rolle als im Westen, sagt IZA-Direktor Schneider. Zudem hätten dort weiblich dominierte Branchen wie Finanzen und Dienstleistungen die Wiedervereinigung besser überstanden als Produktionsbetriebe, in denen mehr Männer arbeiteten.

Im Vergleich von mittelständischen Firmen zu DAX-Konzernen erwiesen sich die befragten kleineren Betriebe als deutlich frauenfreundlicher. Von 189 Vorstandsposten der 30 DAX-Konzerne sind nur fünf mit Frauen besetzt. In der Politik wird derweil über eine Frauenquote nachgedacht. Nicht nur aus Gründen der Chancengleichheit, sondern aus ökonomischen Überlegungen. Das Angebot der Führungskräfte schrumpft parallel zur Bevölkerung; dabei auch noch auf die Potenziale von Frauen zu verzichten kann nach Meinung von Experten den Wohlstand gefährden. Die Deutsche Telekom oder der Chemiekonzern Bayer haben sich bereits das Ziel gesetzt, bis 2015 im oberen und mittleren Management 30 Prozent Frauen zu beschäftigen.

Manche Praktiker bezweifeln allerdings, ob eine Quote das richtige Instrument zur Frauenförderung ist. Ralph Haupter, Microsoft-Deutschland-Chef, arbeitet mit sieben Frauen im 15-köpfigen Team der Geschäftsleitung zusammen. "Eine Quote lehne ich aber ab", sagt Haupter. Und Selina Stihl, Geschäftsführerin Finanzen bei dem Rellinger Fruchtsafthersteller Emig ist überzeugt, dass sich die Geschlechterfrage mit der Zeit selber beantwortet. "Immer mehr Frauen wählen ein technisches oder wirtschaftliches Studium und sind in der Berufswahl freier", sagt sie. Die Wirtschaftsprüferin ist schon mit Ende 20 in die Geschäftsführung der Firma mit bundesweit 670 Mitarbeitern aufgestiegen. Bei Emig ist die Hamburgerin übrigens keine Exotin. Auch die Produktentwicklung, die Qualitätskontrolle, die Industriekundenbetreuung und den Vertrieb des Lebensmittelanbieters leiten Frauen.