Hamburg. Neues Amphibienleitsystem an der Elbe könnte Fall fürs Schwarzbuch werden. Die Kosten und was Kritiker und Befürworter sagen.

Von einer „beispiellosen Verschwendung von Steuergeldern“, einer zweifelhaften Entscheidung und schlecht angelegtem Geld in diesen Zeiten sprechen die einen. Die anderen halten das Amphibienschutzsystem an der Elbe in Blankenese für eine gute Investition in die gefährdete Krötenpopulation. Klar ist: Wenn es um den neuen Krötentunnel am Falkensteiner Ufer beziehungsweise Falkensteiner Weg geht, prallen Welten aufeinander.

Im vergangenen Jahr wurde der unterirdische Gang gebaut, der den wanderfreudigen Kröten einen sicheren Weg vom Elbhang zum Laichgebiet und wieder zurück ermöglicht. Nun liegt die Schlussrechnung für das Projekt vor. Und an der entzündet sich der Ärger.

Krötentunnel in Blankenese teurer als geplant – Kosten: rund 470.000 Euro

Zu denen, die die Ausgabe massiv kritisieren, gehört Katarina Blume, FDP-Fraktionschefin in Altona. Nachdem sie mehrfach die Kosten von der Bezirksverwaltung erfragt hatte, kam nun die Antwort: Das Projekt ist teurer geworden als geplant. Die Kostensteigerung beträgt rund elf Prozent.

Bodenabfuhr und -entsorgung, Baumschutzmaßnahmen sowie Anpassungsarbeiten an der südlichen Bestandsmauer und ein zusätzliches Geländer als Absturzsicherung für Fußgänger und Radfahrer haben das Ganze laut Bezirksverwaltung teurer gemacht. Unterm Strich hat der Krötentunnel in Blankenese damit 465.848,56 Euro brutto gekostet. Dafür entstand ein Amphibienleitsystem mit über 465 Meter Länge aus Beton- und Stahlelementen und vier Tunneln beziehungsweise Querungen.

Hamburg-Blankenese: Krötentunnel und umfangreiches Leitsystem errichtet

„Wir kämpfen im Bezirk vehement um jeden Euro, um die Schließung von Jugendzentren zu verhindern, Spielplätze besser auszustatten oder bezirkliche Sportanlagen zu sanieren. Die Leichtfertigkeit, mit der die Verwaltung Steuereinnahmen der Hamburgerinnen und Hamburger für parteipolitische Schwerpunktsetzungen verwendet, lässt mich fassungslos zurück“, kritisiert Katarina Blume. Bei allem gebotenen Respekt für den Artenschutz, die Prioritätensetzung sei schlichtweg skandalös.

Neben den Kosten ist das Material der zweite Punkt, über den sich Bezirkspolitikerin Blume ärgert – und auch mancher Anwohner. Denn für die Umweltschutzmaßnahme wurde tonnenweise Beton und Stahl verwendet, bei dessen Produktion viel CO₂ entsteht. Fragen nach dem ökologischen Fußabdruck des Baus im Verhältnis zum Ziel des Artenschutzes sowie nach den genauen Mengen an verbautem Stahl und Beton lässt die Verwaltung unbeantwortet.

Steuerzahlerbund Hamburg: Prüfen, ob „Luxustunnel“ für Kröten ins Schwarzbuch kommt

Rückendeckung gibt es vom Bund der Steuerzahler. Auch dieser ist kein Fan des „Luxustunnels“ für Kröten. Petra Ackmann, Landesvorsitzende in Hamburg, sagt: „Umwelt- beziehungsweise Artenschutz ist wichtig. Da gibt es keine zweite Meinung. Wohl aber darüber, wie er umgesetzt wird.“ In diesem Fall wäre fast eine halbe Million Euro für ein Amphibienschutzsystem verwendet worden, dessen Notwendigkeit man diskutieren müsse.

Der Steuerbund kritisiert unter anderem, dass als Begründung für die Notwendigkeit eine elf Jahre alte Statistik diene. Aus Sicht des Vereins handle es sich hier nicht um eine viel befahrene Straße, sondern um eine Fahrradstraße, die nur für den motorisierten Anliegerverkehr freigegeben sei.

Deshalb hält der Steuerzahlerbund das Projekt für würdig, einen Platz im Schwarzbuch zu bekommen, der schwarzen Liste für Steuerverschwendung. Man prüfe das, kündigt der Verein an. Ackmann erwartet jetzt von den Behörden, „dass der Nutzen des Amphibienschutzsystems mit Zahlen dokumentiert wird“.

Bezirk Hamburg-Altona verweist auf sinkende Zahl an Erdkröten

Zahlen hat das Bezirksamt Altona durchaus. Man verweist auf den Rückgang von im Wanderungsgebiet auf der Roten Liste befindlichen und damit streng geschützten Amphibienarten. Betroffen sind: Bergmolch, Grasfrosch, Teichfrosch, der kleine Wasserfrosch und natürlich die Erdkröten.

Auch die Mitglieder vom örtlichen Naturschutzbund-Verband (Nabu) weisen auf den signifikanten Rückgang der Kröten hin. 2023 hätten Helfer, die vor dem Tunnelsystem die Betreuung der Wanderung durch mobile Zäune und Eimer ehrenamtlich stemmten, 400 Kröten gezählt. Zehn Jahre vorher seien es noch 5000 Individuen gewesen. „Das ist deprimierend wenig“, sagt Martin Mäder vom Nabu Hamburg-West.

Ob der Rückgang allerdings auf „Verkehrsunfälle“ zurückzuführen ist oder andere Beweggründe ursachlich seien könnten, bleibt offen. Das bestätigt auch Mäder. Es gebe zahlreiche Gründe wie den Klimawandel, hohe Bordsteine, Stockenten, frei laufende Katzen und die Umgestaltung eines Beckens, das zum Wegfall eines wichtigen Laichgebietes geführt habe. Aber umso wichtiger sei der Tunnel, betont Mäder. „Das ist hochgradig sinnvoll“, erklärt er. „Desto weniger Individuen es gibt, desto wichtiger ist es, jedes einzelne zu schützen.“

Blankeneser Amphibienschutz wurde vorher von Ehrenamtlichen geleistet

Das lässt die andere Seite so nicht gelten. „Über Jahre hinweg haben Ehrenamtliche mit begrenzten Mitteln herausragende Arbeit zum Amphibienschutz geleistet“, lobt Katarina Blume. Die FDP-Fraktion hatte die Maßnahme daher von Anfang an kritisch gesehen. Und am Anfang war noch die Rede von deutlich niedrigeren Kosten. 2021 lag die Kostenschätzung der Verwaltung für den Tunnel bei 260.000 Euro.

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Der Blankeneser Klaus Modersitzki kann über das alles nur den Kopf schütteln. Er und andere Anwohner haben sich an die Politik gewandt. Auch sie kritisieren die Maßnahme. „Ich bin ja für Kröten, aber wir haben doch derzeit ganz andere Sorgen“, sagt Modersitzki. „Wenn wir nicht wüssten, wohin mit dem Geld, aber so?“

Jenischpark: Bezirk sucht Freiwillige für Krötentransport

Während die Kröten in Blankenese nun den Tunnel nutzen können, ist übrigens ein weiterer ebenfalls diskutierter Tunnel am Jenischpark nicht realisiert worden. Zumindest noch nicht. Der Bezirk sucht daher nach Freiwilligen für den Krötentransport in Othmarschen über die Holztwiete zum Reemtsma Park, wo sich das Laichgewässer befindet.

Der Zaun sollte idealerweise zweimal täglich abgegangen und die Amphibien anschließend über die Straße getragen werden. Am Sonnabend, 10. Februar, um 11 Uhr gibt es vor Ort einen Einweisungstermin für Freiwillige.