Hamburg. Hamburger Wirt veranstaltet Aktionstag im Schanzenviertel. Vor welchen dramatischen Folgen Gastronomen und Dehoga warnen.

Ulrich Gaßdorf

Im HamburgerSchanzenviertel hängen bereits an zahlreichen Scheiben von Lokalen Plakate mit der Aufschrift „Rettet die Vielfalt – sieben Prozent Mehrwertsteuer müssen bleiben“. Dafür setzt sich auch Fernsehkoch Tim Mälzer ein, dessen Restaurant Bullerei in den Schanzenhöfen liegt.

Vor dem türkischen Lokal Pamukkale an der Susannenstraße hat unterdessen Kemal Üres Fotografen, Kamerateams und Journalisten um sich geschart. Der Hamburger Wirt, der selber die Tapas-Bar La Paz in Eimsbüttel führt, hat mit seiner bundesweiten Initiative „Vereint für die Gastro“ zu einem Aktionstag eingeladen.

Steuer für die Gastronomie wieder erhöhen: Darüber soll im November entschieden werden

„Die Vielfalt der Schanze spricht für die Vielfalt der Gastronomie, die es zu erhalten gilt. Nicht nur hier, sondern in ganz Hamburg“, sagt Üres dem Abendblatt.

Worum es geht? Der seit 2020 reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen, der der Gastronomie über die Corona-Pandemie hinweghelfen sollte, plant die Bundesregierung ab 2024 wieder auf 19 Prozent anzuheben. Eine Entscheidung soll dem Vernehmen nach im November fallen.

Eine Erhöhung wollen Üres und seine Mitstreiter unbedingt verhindern. Und hier bei dem Pressetermin an der Susannenstraße wird mal wieder deutlich, wie weit die Meinungen in Berlin – dort regiert auch Rot-Grün mit – und in Hamburg auseinandergehen.

Mehrwertsteuer: Anders als in Berlin spricht sich SPD Hamburg für Erhalt der sieben Prozent aus

Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Markus Schreiber, der Mitglied im Wirtschaftsausschuss ist, ist vor Ort und steht auf der Seite der Gastronomie. „Die rot-grüne Koalition in Hamburg spricht sich klar dafür aus, dass die sieben Prozent Mehrwertsteuer für die Gastronomie erhalten bleiben, und diesen Standpunkt haben wir auch gegenüber der Bundesregierung geäußert“, sagt Schreiber.

Gerade in Hamburg sei die Vielfalt der Gastronomie für die Einheimischen und Touristen ein Gewinn. Sollten die 19 Prozent wieder eingeführt werden, könnte das zu einem Sterben der Gastronomie führen. Und der Sozialdemokrat macht klar: „Essen gehen darf nicht zum Luxus werden, das wäre eine fatale Entwicklung.“

Das Fenster eines Lokals in der Susannenstraße im Hamburger Schanzenviertel ist mit den „Rettet die Vielfalt“-Plakaten beklebt.
Das Fenster eines Lokals in der Susannenstraße im Hamburger Schanzenviertel ist mit den „Rettet die Vielfalt“-Plakaten beklebt. © Funke Foto Services | Michael Rauhe

Restaurant Hamburg: 19 Prozent wären „Untergang der Wirte“, sagt der Dehoga-Vize

Was die geplante Erhöhung für Folgen haben könnte, skizziert Jens Stacklies im Abendblatt-Gespräch. Der Vizepräsident vom Dehoga Hamburg sagt: „Wenn die 19 Prozent Mehrwertsteuer für die Gastronomie zurückkommen, dann ist das der Untergang für viele Wirte. Denn wir können die zwölf Prozent nicht für die Gäste übernehmen, weil wir eh gebeutelt sind durch massive Mehrkosten für Personal und Energie.“

Der Branchenexperte, der die Fischauktionshalle betreibt und unter anderen die Restaurants Schönes Leben in der HafenCity und das Gröninger Brauhaus führt, warnt: „Wenn wir die Preise in der Gastronomie um zwölf Prozent erhöhen, dann bleiben die Gäste weg und die Umsätze brechen auch ein. Wie man es dreht, die sieben Prozent Mehrwertsteuer müssen bleiben.“

Hamburger „Rettet die Vielfalt“-Initiator ruft zu Demo in Berlin auf

Der Dehoga unterstützt Aktionen wie in der Schanze. „Die Gastronomen in den Quartieren sollen sich zusammenschließen und sich gegen die geplante Mehrwertsteuererhöhung auflehnen. So erreicht dieses Thema auch die Gäste und die Politik vor Ort“, so Stacklies.

Und genau das, nämlich Aufmerksamkeit schaffen, möchte „Rettet die Vielfalt“-Macher Üres. Nicht nur in Hamburg, sondern auch in der Hauptstadt. „Wir werden am 6. November eine große Demonstration am Brandenburger Tor machen, zu der wir Tausende Teilnehmer erwarten, die auch aus anderen deutschen Städten mit Bussen anreisen.“

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Seine Initiative „Vereint für die Gastro“ wird unter anderem unterstützt von namhaften Unternehmen wie Metro, Transgourmet und dem Bringdienst Lieferando.

Zum Schluss macht Üres noch einmal auf die weitreichenden Auswirkungen einer Anhebung der Mehrwertsteuer aufmerksam. Vor Ort und bei den Lieferanten seien zahlreiche Arbeitsplätze in Gefahr.

Bedroht sei nicht zuletzt auch der Einzelhandel in den Innenstädten, denn Leerstände in der Gastronomie würden unweigerlich auch Leerstände im Handel nach sich ziehen. Sein Fazit ist: „Es geht also um viel mehr, als nur ein paar Euro für ein Schnitzel.“